Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)
alles in der Welt, wissen Sie das?«, fragte Doll.
»Wolf hat über ihn geschrieben.«
»Ach so. Und Sie haben eins und eins zusammengezählt. Er hat gesagt, dass Sie schlau sind.«
»Nicht schlau genug, denke ich allmählich. Hören Sie, Mrs Trapp –«
»Doll. Nennen Sie mich Doll. Ich denke, wir werden uns gut verstehen. Und warten Sie noch etwas mit Ihren Fragen, Alva … Das hab ich doch richtig behalten, hoffe ich? Was für ein hübscher Name. Wie lange braucht ein Mann, um Tee zu kochen? Kein Wunder, dass man Ewigkeiten auf einen Klempner warten muss. Na endlich!«
Die Tür ging auf und Ed Trapp trug ein Tablett mit Tee und einem Teller Kekse herein.
»Nun sehen Sie sich bloß mal an, wie er die Kekse angeordnet hat«, meckerte Doll. »Hab ich ›angeordnet‹ gesagt? Ich glaube, er hat sie einfach von einem Ende der Küche auf den Teller geschmissen.«
Aber während sie an ihrem Mann herumnörgelte, lächelte sie ihn zugleich liebevoll an. Die beiden waren ein Herz und eine Seele, vermutete Alva.
Ihr fiel auf, dass auf dem Tablett nur zwei Tassen standen. Während Doll dabei war, den Tee einzuschenken, trat Murray/McLucky ins Zimmer.
Er sagte: »Das geht in Ordnung.«
»Mehr nicht? Er hat doch bestimmt noch mehr gesagt!«, protestierte Doll.
»Ja«, erwiderte der Schotte. »Um genau zu sein, hat er gesagt, ihr könnt sie entweder fesseln, knebeln und für ein paar Wochen auf dem Speicher verstecken, oder ihr könnt ihr alles sagen, was sie wissen will.«
»Wolf ist ein echter Witzbold«, sagte Doll.
Alva dachte, sie wäre lieber nicht hier gewesen, falls Doll Wolf beim Wort genommen hätte.
»So, ihr zwei, jetzt verschwindet mal und guckt ein bisschen Fußball oder so«, sprach die Frau weiter. »Alva und ich haben ein paar Dinge zu klären.«
Die beiden Männer verließen gehorsam den Raum.
»Milch? Zucker? Keks?«, sagte Dolly. »Nein? Kein Wunder, dass Sie so eine gute Figur haben. Bei mir ist Hopfen und Malz verloren.«
Sie schaufelte zwei Löffel Zucker in ihren Tee und nahm sich einen Keks, den sie in die Tasse tunkte.
»Also, was hat Sie veranlasst, uns besuchen zu kommen?«, fragte sie dann.
Ich will Antworten, dachte Alva. Und mir ist niemand sonst eingefallen, dem ich gefahrlos Fragen stellen kann, und auch bei euch bin ich mir da nicht sicher!
Aber eine gute Psychiaterin gibt niemals preis, was sie alles nicht weiß. Sie hatte die Frau damit beeindruckt, dass sie McLucky erkannt hatte. Darauf sollte sie aufbauen.
Sie sagte. »Ich will noch ein paar Lücken in meinen Unterlagen füllen, ehe ich entscheide, ob ich mich an die Behörden wende oder nicht.«
Doll grinste sie schief an, als würde sie ihr kein Wort glauben, und sagte: »Dann haben wir ein Problem, Liebes, weil ich Ihnen nämlich nichts erzählen kann, wenn Sie mir nicht versprechen, dass alles, was Sie hören, unter uns bleibt. Als würden Sie einem von Ihren Patienten zuhören.«
Alva erwiderte: »Wenn einer meiner Patienten mir erzählen würde, dass er vorhat, das Parlament in die Luft zu jagen, und ich ihm glauben würde, dann müsste ich das melden.«
Doll lachte gellend und sagte: »Ich würde den Burschen fragen, ob er Hilfe braucht! Aber ich verstehe Ihren Standpunkt. Macht die Sache aber schwierig. Ihre Entscheidung, Liebes.«
Sie aß noch einen Keks und sah ihren Gast erwartungsvoll an.
Alva versuchte, sich ganz auf das Problem zu konzentrieren. Es schien, als würde sich die Lücke zwischen dem Professionellen und dem Privaten bei allem, was sie tat, immer weiter öffnen. Ihre Reaktion auf Luke Hollins’ Brief war die Wurzel allen Übels gewesen. Anstatt damit schnurstracks zum Bewährungsdienst zu gehen, hatte sie nichts Eiligeres zu tun gehabt, als nach Cumbria zu fahren. Höchst unprofessionell.
Andererseits hatten auch Homewood und Childs noch bis vor Kurzem zu den Behörden gehört, an die sie sich zu wenden drohte, warum also zögerte sie? Als sie nach dem Tee bei Childs wieder nach Hause gekommen war, kreisten ihr alle möglichen Spekulationen durch den Kopf, von denen sie wusste, dass sie ihr nichts weiter als eine schlaflose Nacht einbringen würden. Sie brauchte mehr Informationen, und der Personenkreis, den sie auf der Suche danach ansprechen konnte, war sehr begrenzt. Tatsächlich waren die Trapps die Einzigen in erreichbarer Nähe.
Sinnlos, noch mehr Zeit mit fruchtlosen Grübeleien zu vergeuden. Sie hatte Dolls Visitenkarte hervorgeholt und war direkt nach Chingford gefahren, wo sie
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