Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)
eine mögliche Ehe zwischen euch unproblematisch.«
Imogen sagte: »Ich wette, für den armen alten Fred war es durchaus ein Problem. Ich wette, er hat drei und neun zusammengezählt und sich mich genau angesehen und erkannt, dass ich mit meinen blonden Haaren und blauen Augen und so weiter absolut nichts von den Ulphingstones in mir hatte. Kein Wunder, dass er so vehement gegen die Heirat war!«
»Mag sein«, sagte Kira ungerührt. »Oder er hat sich einfach auf seinen gesunden Menschenverstand verlassen, der ihm gesagt hat, dass ihr nicht zusammenpasst. Jedenfalls hat er nie was gesagt.«
»Was hätte er denn sagen sollen? Verzeihen Sie, Sir Leon, ich hab vor zwanzig Jahren Ihre Gattin gebumst, und ich habe den Verdacht, Ihre geliebte Tochter könnte in Wahrheit von mir sein? Und ich war schwanger!«
»Ach, ich bitte dich, Liebes. Ich glaube, du unterstellst dem Mann viel zu viel Feinfühligkeit. Er war ein Holzfäller, in Gottes Namen!«
Seit ihrer Teenagerzeit hatte Imogen nicht mehr so viel Zorn empfunden, dass sie ihre Mutter am liebsten geohrfeigt hätte, jetzt jedoch wurde der Impuls beinahe übermächtig.
Sie bezwang ihn, stand auf und ging zur Tür.
»Wo willst du hin, Liebes?«, rief ihre Mutter.
»Ich mache eine Spritztour. Irgendwohin, wo die Luft ein bisschen frischer ist.«
Dann schloss sie die Tür mit einer Behutsamkeit, die eindringlicher war als ein lauter Knall.
Imogen erzählte Wolf das alles schlicht und einfach, ohne etwas auszulassen oder hinzuzufügen.
Er hörte zu, stocksteif wie eine Statue, das Gesicht in Marmor gemeißelt.
Als sie fertig war, ließ er sein Schweigen wie eine Schranke zwischen ihnen niedergehen.
Schließlich sagte er ruhig: »Du und deine Familie, ihr habt meinen Vater also genauso vollkommen zerstört, wie ihr mich zerstört habt.«
In dem Versuch, die Situation zu entschärfen, sagte sie: »Ich finde, du siehst nicht vollkommen zerstört aus, Wolf. Wir sollten das alles einfach hinter uns lassen. Ich habe Geld. Mein Anteil an dem Woodcutter-Vermögen, das Toby und Johnny beiseitegeschafft haben, liegt sicher auf einer taiwanesischen Bank. Wir können so leben, wie du es möchtest. Bruder und Schwester. Mann und Frau.«
»Reinen Tisch machen, meinst du?«, sagte er.
»So rein, wie du willst«, sagte sie. »Wenn du den Rest deines Lebens damit verbringen willst, mich zu bestrafen, geht das auch in Ordnung. Oder vielleicht nicht den ganzen Rest. Sieben Jahre wären wohl angemessen.«
»Und um mir das zu sagen, bist du hergekommen?«, sagte er fassungslos.
Sie schüttelte heftig den Kopf.
»Nein. Wahrhaftig nicht. Ich hatte die alberne Vorstellung, ich würde versuchen, alles zwischen uns zu klären, um dich dann beruhigt den liebevollen Händen deiner schwarzen Schönheit zu überlassen. Aber jetzt, nachdem ich dich gesehen habe, mit dir gesprochen habe, ist mir klar, wie falsch das gewesen wäre. Du willst dich doch nicht an eine Psychiaterin binden, Wolf! Sie würde dauernd deine Gedanken durchleuchten, dich bedrängen, versuchen, alles in Ordnung zu bringen. Aber ich, ich bin in deinem Blut, deinen Genen, deiner Seele. Und du in meiner. Irgendwie hab ich das immer gewusst. Aber ich wollte es nie zugeben. Für den Verrat an dir hab ich mir Entschuldigungen zurechtgelegt, hab mich damit herausgeredet, dass es vernünftig und notwendig wäre. Aber im Grunde wollte ich mir nur beweisen, dass ich stärker war als diese Abhängigkeit, die ich empfand. Ich wollte mir beweisen, dass ich ich selbst war. Jetzt weiß ich, dass ich nur ich selbst sein kann, wenn ich akzeptiere, dass du ein Teil davon bist. Was denkst du?«
»Du hast zugelassen, dass ich für ein widerwärtiges Verbrechen, das ich nicht begangen hatte, ins Gefängnis gekommen bin«, schrie er. »Du hast zugelassen, dass ich für Betrügereien bestraft wurde, von denen ich keinen Schimmer hatte. Du hast dich von mir scheiden lassen und den Dreckskerl geheiratet, der mich hereingelegt hat. Du warst mit dafür verantwortlich, dass unsere Tochter aus der Bahn geworfen wurde und mein Vater verzweifelt ist. Und jetzt soll ich mit dir zusammen abhauen?«
»Sieh dich doch an, Wolf«, befahl sie ebenso leidenschaftlich. »Denk an die Dinge, die du getan oder unterlassen hast. In dieser Fantasiewelt, die du dir gebaut hast, gibt es bloß eine harte Wahrheit. Du willst mich, ich will dich. Das wussten wir beide schon, als wir das erste Mal hierherkamen. Und wir wissen es beide noch immer. Muss ich mich
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