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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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matt. »Das war keine Eitelkeit, falls Sie das meinen. Es war einfach eine Gewissheit, so wie man weiß, dass die Sonne morgens aufgeht. Aber als wir uns im Dezember wiedersahen, war es schwieriger für uns, uns tagsüber länger zu treffen, weil das Wetter schlecht war. Ich meine, ein Mädchen, das bei Sonnenschein im Sommer allein einen Spaziergang macht, ist unverdächtig, bei Wind und Wetter im Winter sieht die Sache schon ganz anders aus. Wir trafen uns immer öfter unter der Eberesche. Ein Schneesturm kam auf, man konnte die Hand nicht mehr vor Augen sehen. Wir duckten uns unter dem Baum, bis der Sturm etwas nachließ, dann bestand ich darauf, sie zu begleiten, bis das Schloss in Sicht kam. Sir Leon hatte sich Sorgen gemacht und einen kleinen Suchtrupp losgeschickt, bei dem auch mein Dad mit von der Partie war. Wir liefen ihnen auf der Zufahrt zum Schluss in die Arme. Ich hätte ja noch versucht, mich rauszureden, hätte gesagt, ich hätte Imogen zufällig getroffen und ihr angeboten, sie sicher nach Hause zu bringen, aber sie versuchte es gar nicht erst. Ich denke, sie hatte recht. Man hätte uns sowieso kein Wort geglaubt. Ich ging mit Fred nach Hause und sie mit Sir Leon, um sich ihrer Mutter zu stellen.«
    »Was hat Fred gesagt?«
    »Er hat gefragt, was ich mir bloß dabei gedacht hätte. Ich sagte ihm, ich wäre verliebt und würde Imogen heiraten, sobald das gesetzlich möglich wäre. Er sagte: ›Vergiss die Gesetze, es gibt kein Gesetz, dass dir je erlauben wird, das Mädchen zu heiraten!‹ Ich sagte: ›Wieso nicht? Sollen die Leute ruhig sagen, was sie wollen, das macht keinen Unterschied.‹ Und er lachte, mehr ein Knurren als ein Lachen, und sagte, oben im Schloss wäre dieser Unterschied schon vor langer Zeit gemacht worden. Ich verstand nicht, was er meinte, aber am nächsten Tag wurde es mir klar.«
    »Sie haben Imogen wiedergesehen?«, vermutete Alva.
    »Oh ja. Sir Leon brachte sie runter nach Birkstane. Sie ließen uns allein. Ich packte sie und redete auf sie ein, dass das nichts ändern würde, dass wir noch immer tun könnten, was wir geplant hatten, wir könnten zusammen durchbrennen und so weiter, jede Menge unausgegorenes pubertäres Zeug. Sie stieß mich weg und sagte leicht verwirrt: ›Wolf, red keinen Unsinn. Das haben wir nie geplant.‹ Und sie hatte recht, wie ich später einsah. All diese Pläne hatte ich ganz allein geschmiedet.«
    »War das der Moment, wo sie Ihnen die drei unlösbaren Aufgaben gestellt hat?«, fragte Alva.
    »Was sind Sie doch für eine schlaue kleine Psychiaterin«, spottete er. »Ja, plötzlich wurde dieses Mädchen, dessen Körper ich kannte wie meinen eigenen, so kalt und unerreichbar wie der Nordpol. Sie sagte, es tue ihr leid, es sei schön mit mir gewesen, aber sie habe immer gedacht, ich wüsste genauso gut wie sie, dass das mit uns irgendwann enden musste. Ich stammelte mühsam: ›Aber warum?‹, und sie erklärte es mir. Mit brutaler Offenheit.«
    Sein Gesicht verdunkelte sich bei der Erinnerung, die ihm noch nach all den Jahren zu schaffen machte.
    Alva fragte drängend: »Was hat sie gesagt?«
    »Sie sagte, ich müsste doch wohl einsehen, dass sie unmöglich jemanden heiraten könnte, der nicht mal richtig sprechen konnte, weder Manieren noch Bildung besaß und höchstwahrscheinlich sein ganzes Leben mit dem Lohn eines Arbeiters fristen würde.«
    Meine Güte!, dachte Alva. Diese Prinzessinnen werden wirklich anders erzogen!
    »Und das waren dann Ihre drei unlösbaren Aufgaben?«, sagte sie. »Rhetorikkurse besuchen, sich weiterbilden, reich werden. Und Sie beschlossen, das alles zu schaffen, um es ihnen zu zeigen?«
    »Machen Sie sich nicht lächerlich. Ich war jähzornig, schon vergessen? Ich hab einen fürchterlichen Wutanfall gekriegt und ihr gesagt, sie wäre eine verklemmte, blöde Tussi, genau wie ihre Mam, und ich würde mich nicht dafür schämen, dass ich so sprach wie alle hier in der Gegend, dass ein Hadda mindestens genauso viel wert war wie ein Ulphingstone und dass mein Dad immer sagte, ein Mann braucht lediglich genug Geld, um sich das Lebensnotwendige kaufen zu können, keinen Penny mehr. Sie lächelte und sagte: ›Offensichtlich falle ich für dich nicht in diese Kategorie. Das ist gut. Bis dann mal.‹ Und weg war sie.«
    »Sie klingt sehr souverän für eine Vierzehnjährige«, sagte Alva.
    »Da war sie schon fünfzehn«, sagte er, als wäre das etwas völlig anderes. »Und ich war sechzehn.«
    »Was haben Sie dann

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