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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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hiermit?‹ Ich weiß noch, dass der Vikar, nachdem er die Frage gestellt hatte, eine halbe Ewigkeit wartete. Dann schielte Johnny nach hinten in die Kirche und rief: ›Nun sag schon einer was!‹, und alle mussten lachen.«
    »Johnny …?«
    »Johnny Nutbrown. Er war mein Trauzeuge.«
    »Also beileibe nicht mehr das aus der Nase blutende Opfer ihres Zorns«, sagte sie. »Wie kam das?«
    »Sie meinen, wieso ich keine eigenen alten Freunde hatte, die das übernommen hätten? Ganz einfach. Ich war schon immer ein Einzelgänger, und den wenigen Kumpeln, die ich in der Schule hatte, hatte ich nach meiner Verwandlung, wenn man das so nennen will, nichts mehr zu sagen.«
    »Aber haben Sie denn während der Verwandlungsphase keine neuen Freundschaften geschlossen?«, fragte sie. »Selbst einfache Holzfäller, die in die Welt hinausziehen, um drei unmögliche Aufgaben zu lösen, brauchen doch wohl unterwegs ein bisschen menschlichen Kontakt.«
    »Keine Ahnung, ob das so ist, ich kenne keine anderen«, sagte er knapp.
    Dann schob er seinen Stuhl zurück, stand auf und griff gleichzeitig in seine Jacke.
    »Sie möchten mehr über mich und Johnny Nutbrown erfahren?«, sagte er. »Tja, ich denke, hierin finden Sie alles, was Sie wissen müssen.«
    Und da war es, das nächste Schulheft, genau wie sie vermutet hatte.
    Aber indem er es genau jetzt herausholte, hatte er erneut vermieden, über jene fehlenden Jahre zu sprechen, und als Alva das Heft nahm, kam es ihr so vor, als sei sie auf ein Ausweichmanöver hereingefallen.

Wolf
1
    Lassen wir unseren kleinen Ausflug in Kindheitstraumata und pubertäre Sexualität hinter uns, ja? Wo war ich, ehe Sie mich auf diese faszinierende Nebenstraße lotsten?
    Ach ja.
    Ich hatte fast neun Monate im Koma gelegen.
    Keine Ahnung, wie viel Zeit ich in der Frühphase meiner sogenannten Genesung in geistiger Umnachtung verbrachte. Ich weiß nur, dass einfach in jedem Moment, den ich klar bei Verstand war, noch mehr Dreck auf mich zugeflogen kam.
    Ich verstand rasch, dass die Probleme während meiner Bewusstlosigkeit keineswegs verschwunden waren, sondern im Gegenteil unermesslich und nun auch noch unwiderruflich schlimmer geworden waren.
    Ich möchte sie Ihnen darlegen, in keiner besonderen Reihenfolge.
    Die Anklagepunkte gegen mich hatten sich vermehrt und waren weitaus gravierender geworden.
    Allem Anschein nach hatte es während der Panik, die meine fingierte Warnung vor einem Terroranschlag auf das Amtsgericht ausgelöst hatte, einige Verletzte und ein Todesopfer gegeben. Es spielte keine Rolle, dass es sich bei dem Toten um einen herzkranken Häftling handelte, der genau wie ich versucht hatte zu fliehen, dabei auf der Treppe ausgerutscht war und einen Herzinfarkt erlitt. Den Schweinen genügte das trotzdem, mich zusätzlich zu der falschen Terrordrohung, die an und für sich schon mit einer langen Gefängnisstrafe geahndet werden konnte, auch noch wegen Totschlags anzuklagen.
    Außerdem hatte der Busfahrer ein schweres Trauma erlitten, einige seiner Passagiere waren verletzt worden, zwei Stammgäste des Straßencafés mussten ins Krankenhaus gebracht werden und der Fahrer des Range Rovers entpuppte sich als Anwalt, der einen ganzen Rattenschwanz von Zivilklagen gegen mich anleierte.
    Aber das waren noch meine geringsten Sorgen. Angesichts dieser Vorwürfe blieb mir nichts anderes übrig, als die Waffen zu strecken und mich schuldig zu bekennen. Der einzige mildernde Umstand, den ich anführen konnte, war der psychische Stress, den die offensichtlich absurde Anschuldigung, pädophil zu sein, bei mir ausgelöst hatte.
    Nur dass die nicht mehr offensichtlich absurd war. Mir wurde nämlich längst nicht mehr bloß vorgeworfen, pornografische Bilder heruntergeladen zu haben, nein, hinzu kam jetzt der niederschmetternde Vorwurf, ich wäre sogar an diesem widerwärtigen Handel beteiligt gewesen, und zwar sowohl als Geschäftspartner wie auch als aktiver Teilnehmer.
    Die Webseite von InArcadia, so die Behauptung, war mit Geld eingerichtet und betrieben worden, das über eines meiner Offshore-Unternehmen geflossen war. Manche Videos, die InArcadia anbot, waren angeblich in einigen meiner Häuser im Ausland gedreht worden. Und in etlichen ganz besonders unerträglichen Szenen war ein Rücken zu sehen, der ähnlich vernarbt war wie meiner.
    Eine ganze Menge von diesem Material war nach und nach an die Öffentlichkeit gelangt, und die Medien hatten bereits ihr Urteil über mich gefällt. Ihr

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