Racheakt
zumindest ähnliches Messer zur Amputation benutzt. Er musste immer wieder neu ansetzen, das bedeutet auch dieses Tatwerkzeug hatte eine kurze Klinge. Die Ausfransungen am Wundrand sprechen für eine gezahnte Klinge.«
Unvermittelt sah er auf.
»Vielleicht finden wir eine Gewebeprobe mit perfektem Abdruck. Dann können wir genau sehen, in welchem Abstand zum Beispiel die Zähne angeordnet sind. Zum Vergleich mit der Probe des anderen Mädchens.«
»Wenn der Mörder schon wusste, dass er die Brüste amputieren wollte – warum hat er dann nicht ein scharfes Messer mit einer langen Klinge mitgebracht? Vergrößert er nicht das Risiko entdeckt zu werden, wenn er so ein kleines Ding benutzt?«
»Möglicherweise hat die Waffe eine bestimmte Bedeutung für ihn, oder er hielt das Risiko überrascht zu werden für nicht besonders hoch. Vielleicht war es für ihn auch nur praktischer ein kleines Messer mitzunehmen.«
Dr. Pankratz wandte sich den Schnittwunden im Gesicht der Toten zu. Für einige Minuten herrschte Schweigen im Raum, während der Pathologe die Wundränder inspizierte, die Tiefe der Schnitte ausmaß, und versuchte die Schnittrichtung zu bestimmen.
»Auch diese Verletzungen wurden ihr erst nach Eintritt des Todes zugefügt. Der Täter ist wahrscheinlich Rechtshänder. Das verwendete Messer ist nur auf einer Seite der Schneide geschliffen und weist eine recht grobe Zahnung auf.«
Michael Wiener nickte dem Arzt kurz zu und verließ ohne ein Wort den Saal. Dr. Pankratz hörte, wie kurz darauf die Eingangstür des Instituts zugeschlagen wurde. Achselzuckend wandte er sich nun der unteren Körperhälfte der Toten zu.
»Verletzungen an der Innenseite der Oberschenkel, leicht Abschürfungen, Druckstellen. Schrammen und tiefere Verletzungen im vaginalen Bereich. Mögliche Anzeichen einer Vergewaltigung.«
Als Michael Wiener kurze Zeit später etwas atemlos den Obduktionssaal wieder betrat, wies Dr. Pankratz auf eines der kalt glänzenden Edelstahlgefäße. Es enthielt einen Apfel.
»Ich glaube, das sollte ihr Chef gleich erfahren, finden Sie nicht?«
»Scheiße!« Michael Wiener drückte auf die Kurzwahltaste seines Mobiltelefons.
Dann zog er einen rot – glänzenden Gegenstand aus der Tasche und reichte ihn dem Gerichtspathologen.
»Ach – und ich dachte Sie müssten sich übergeben! Könnte die Lösung sein. Ja – vielleicht hat er so was benutzt, möglich wäre das schon. Na, dann wollen wir uns das genauer ansehen …«, seine Stimme verlor sich in allgemeinem Gemurmel, während Michael Wiener seinen Chef informierte.
Aus dem Augenwinkel beobachtete der junge Mann, wie der forensische Pathologe interessiert die einzelnen Klingen aus dem Schweizer Taschenmesser herausklappte, das er ihm gegeben hatte.
28
Im Flur warteten tatsächlich zwei nervöse Zeugen, augenscheinlich ein Pärchen.
Die junge Frau war untersetzt, trug trotz der Novemberkälte eine ultrakurzen roten Rock, eine kurze Jacke und ihre gelockten Haare zu einer voluminösen Hochsteckfrisur aufgetürmt. Ihr rundes Gesicht war leicht geschminkt, nur die Lippen hatte sie kräftig rot nachgezogen. Neben ihr wirkte ihr Begleiter direkt farblos. Er war ein großer, blasser Enddreißiger mir leichtem Bauchansatz und kurz geschnittenen, mittelbraunen Haaren. Sein brauner Cordanzug ließ ihn noch bleicher erscheinen.
»Kommen Sie doch bitte gleich mit rein«, forderte Nachtigall die beiden auf und bot ihnen Plätze an.
Zögernd traten die beiden ein und setzten sich auf die äußersten Stuhlkanten.
»Sie sind?«
»Clemens Worrack und Jasmin Storz.«
»Sie wollten eine Aussage machen?«
»Ja. Mein Bild ist heute in der Zeitung. Sie suchen den Mann, der ein Paar Pumps gekauft hat.«
»Richtig. Und Sie sind dieser Mann?«
»Ja. Und ich habe auch gleich die Frau mitgebracht, die die Schuhe trägt.«
Die junge Dame zeigte die Füße vor.
»Sie haben diese Pumps für ihre Frau gekauft?«
»Tja, nicht direkt. Ich habe sie für meine Freundin gekauft. Eine Überraschung. Meine Frau hat nun allerdings mein Bild in der Zeitung entdeckt und ist wenig begeistert. Da werde ich noch so einiges zu erklären haben«, seufzte Clemens Worrack bedrückt und Peter Nachtigall hakte diese Spur als Sackgasse ab.
»Was haben wir? Die Schuhe haben uns erstmal nicht weitergebracht. Ich glaube, da wird sich auch nichts mehr ergeben«, eröffnete Nachtigall ihre Bürorunde.
»Die Spurensicherung hat angerufen. Ein
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