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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst Kostenlos Bücher Online Lesen
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waschen … Stecken Sie den Finger nicht in den Mund , wollte der Besucher ihn warnen, doch er sagte nur: »Nun seien Sie doch nicht so … «
    Der Wärter schüttelte unmissverständlich den Kopf.
    Â»Herrgott noch mal … « Sein Vorhaben lief bereits ein wenig aus dem Ruder. Aber er hatte ja noch Plan B.
    Â»Lassen Sie den aus dem Spiel«, schnauzte der Wärter. »Wollen Sie jetzt rein oder nicht?«
    Â»Ja, Sir.«
    Â»Dann lassen Sie das hier, und gehen jetzt weiter.«
    Er nickte. Besser den Mund halten. Als er den Flur entlangging, wo ein weiterer Wärter an einer offenen Tür wartete, hörte er den Tabak klirrend in einem Mülleimer aus Metall landen. Er atmete tief aus und ging weiter. Draußen stand ein Kleinbus.
    Er war der einzige Fahrgast und setzte sich auf den Sitz direkt hinter dem Fahrer. Der warf den Motor an, schloss die Tür und wendete langsam in einem Zug.
    Er sah aus dem Fenster auf die nackten, felsigen Hänge. Hoch oben am blauen Himmel hingen ein paar dünne Wolkenfetzen; sonst gab es nichts, absolut nichts. Nur einige Pronghorn Antilopen auf dem Hügelrücken, die sich dort vor aller Augen versteckten.
    ***
    Vom Verwaltungsgebäude zum Gefängnis waren es gut anderthalb Kilometer. Der Fahrer fragte: »Erstes Mal?«
    Â»Ja.«
    Â»Soll ich Ihnen was darüber erzählen, was wir hier sehen?«
    Es war ihm egal, aber um freundlich zu sein, sagte er: »Klar.«
    Â»Das ist die ITS .« Der Fahrer wies mit dem Kopf auf ein graues, kastenförmiges Gebäude hinter einem mit Stacheldraht bewehrten Zaun. »Intensivtherapiestation. Hardcore-Entzug. Für die Drogensüchtigen, wenn sie hier ankommen. Oder wenn ein Insasse umfangreiche psychologische Behandlung braucht.«
    Â»Davon gibt’s vermutlich viele«, meinte der Besucher.
    Â»Oh ja. Das ist ein hochmodernes Gefängnis«, setzte der Busfahrer hinzu und klang dabei wie ein Reiseführer im Freizeitpark – als hätte er das schon hundertmal erzählt. »Eine Stadt für sich. Hier gibt’s alles – Küche, Wäscherei, Krankenhaus, alles. Diese Einrichtung würde auch dann noch reibungslos arbeiten, wenn ringsum alles zusammenbräche, jedenfalls eine Zeit lang. Wir haben sechshundertachtzig Insassen in den Blöcken A, B, C und E. Die Zuordnung erfolgt auf der Basis ihrer Verbrechen und ihres Verhaltens, und ihre Hemden verraten ihren Status. Gelb bedeutet Neuling oder Anfänger. Normale Insassen tragen blaue und rote Hemden. Orange bedeutet: Achtung, der Mann hat Probleme oder ist gefährlich. Wer Weiß trägt, sitzt im Todestrakt.
    Zweihundert Kameras überwachen die Anlage rund um die Uhr, und sie sind überall, wirklich überall. Genau wie die Bewegungsmelder. Niemand macht hier auch nur einen Schritt, ohne dabei von jemandem beobachtet zu werden.
    Das gilt auch für die Besucher«, fügte der Fahrer hinzu und vergewisserte sich im Rückspiegel, dass sein Gast ihn gehört hatte.
    Â»Heute sind es nur wenige, aber an Sommerwochenenden kommen über hundert Leute. Im Tagesschnitt sind es fünfzig. Treffen Sie Ihren Insassen im Kontaktbereich?«
    Der Besucher war sich nicht sicher. »Eher nicht, schätze ich.«
    Â»Wer ist es denn?«
    Er sagte es dem Fahrer.
    Der schüttelte den Kopf. »Nein, den treffen Sie nicht im Kontaktbereich. Der sitzt wegen Mordes, nicht?«
    Der Besucher bejahte. Mehrfacher Mord. Todestrakt. Er würde Weiß tragen.
    Â»Der bekommt nicht oft Besuch«, sagte der Fahrer und beließ es dabei.
    ***
    Er stand erneut in einem Wartebereich und wünschte, der Fahrer hätte ihm nicht von den Kameras erzählt, obwohl er von deren Existenz eigentlich hatte ausgehen müssen. Wenn er sich schon auf einem Parkplatz beobachtet fühlte, dann hier erst recht. Man hatte ihm gesagt, das Gespräch, das er gleich führen würde, werde nicht aufgezeichnet. Aber wie konnte er sich da sicher sein? Er würde seine Ausführungen vage halten müssen, wie er es schon in seinen Briefen an den Häftling getan hatte, um ihm Informationen zu vermitteln, ohne sie wirklich auszusprechen.
    Hinter dem Wartezimmer befand sich, getrennt durch zwei Zentimeter dickes Sicherheitsglas, der große Besuchsraum mit Tischen und Stühlen. Eine Wärterin saß an einem Schreibtisch in der Ecke und erledigte Papierkram. Vor ihr stand die größte Schachtel mit

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