Rachedurst
leerten. Die Frau wirkte nervös. Sie schwatzte auf ihren Mann ein und fragte, ob er ihre dicken alten Krankenschwesternschuhe in Ordnung finde. Der Alte zuckte die Achseln. Sie trug ein bedrucktes Baumwollkleid, das ihre Körperfülle kaum kaschierte. Unter dem Saum kamen dicke, fleckige Knöchel zum Vorschein, die aussahen, als hätte sie die FüÃe nur mühsam in die Schuhe bekommen. Nichts sexuell Erregendes zu sehen, dachte er lächelnd.
⦠Besucher müssen Unterwäsche anhaben; Kinder unter zehn Jahren dürfen Shorts und ärmellose Hemden tragen. Badelatschen und Flipflops verboten.
Das Paar brauchte drei Anläufe, um durch den Detektor zu kommen. Erst musste der Alte seine Hosenträger wegen der Metallclips ablegen. Dann musste die Frau zugeben, dass der BH , der ihre massigen Brüste hielt, mit Draht verstärkt war. Danach musste der Mann wegen der Nägel in den Absätzen seine Arbeitsstiefel ausziehen. SchlieÃlich lieÃen die Wärter die zwei durch â vorausgesetzt, die Hosenträger kämen in einen Spind.
Er beobachtete, wie der alte Mann das SchlieÃfach zusperrte, und merkte sich die Nummer: 16.
Dann ging er lächelnd auf die Frau am Schalter zu.
»Sie sind ⦠?«, fragte die Wärterin.
Er nannte seinen Namen.
»Weisen Sie sich bitte aus, damit ich die Daten überprüfen kann.«
Er gab ihr seinen Führerschein. Sie betrachtete ihn und verglich das Foto mit dem Gesicht ihres Gegenübers.
»Das ist ja ein Name.« Ihre Mundwinkel hoben sich ein wenig. War das Belustigung? Herablassung? Koketterie? Es war nicht zu entscheiden.
»Er hat mich nie gestört«, gab er zurück.
»Den ganzen langen Weg aus Mississippi. Und besuchen wollen Sie ⦠« Sie hielt inne, folgte mit den Augen dem übers Papier gleitenden Zeigefinger und nannte schlieÃlich einen Namen.
»Genau.«
Sie gab ihm den Schlüssel für Spind 31 und spulte einen Vortrag über Metallgegenstände ab. All das hatte er schon einmal gehört, unten im Süden.
»Ich hab nur das dabei.« Er wühlte in seiner Tasche nach einer Büchse Kautabak. »Die will ich ihm geben.«
Sie nahm die Dose und zog den Deckel ab. Der Gestank schwarzen, zerriebenen Tabaks erfüllte das Zimmer. Seine Magenmuskeln zogen sich zusammen, doch er bemühte sich um ein ausdrucksloses Gesicht. Er roch nichts als Tabak und bezweifelte, dass es ihr anders ging. So weit, so gut.
»Ich schätze, das ist okay.« Sie gab ihm die Dose zurück.
»Ach«, er lächelte sein freundlichstes Lächeln und sah eine Spur anzüglich drein, »und ich trage keine Unterwäsche.«
Sie schüttelte belustigt den Kopf. »Das gilt nur für Besucherinnen.«
»Hätte ich mir denken können. Wohnen Sie hier in der Gegend?« Eigentlich sprach nichts dagegen, sie nach Hause zu begleiten, auch wenn sie etwas zu dick war und ihr Gesicht ein wenig zu aufgedunsen und gewöhnlich. Zumindest könnten sie es sich in seinem Wagen ein wenig nett machen. Sie hatte schöne, volle Lippen.
»Natürlich.« Sie lehnte sich zurück, musterte ihn und traf eine Entscheidung. Sie fiel negativ aus, das konnte er ihr ansehen. Vielleicht lag es an seinem Bart. »Was denken Sie denn, wo ich wohl wohne, wenn ich in der Haftanstalt Rawlins arbeite? Auf Hawaii? Und jetzt gehen Sie bitte durch den Metalldetektor.«
***
Er legte den Spindschlüssel in einen Plastikkorb und zeigte den beiden Wärtern am Metalldetektor die Büchse Kautabak.
»Sie meinte, das ist okay.« Er zeigte zum nahen Wartezimmer.
»Ach ja?«, erwiderte ein Wärter mit Hornbrille, nahm die Büchse und öffnete sie. Anders als die Frau steckte er den Zeigefinger hinein und lieà ihn kreisen.
»Wonach suchen Sie denn?«, fragte der Mann. »Sie rühren ja Ihre Bazillen hinein.«
Der Wärter sah ihn alles andere als verständnisvoll an. »Hier wird ständig versucht, irgendetwas einzuschmuggeln. Woher sollen wir wissen, dass Sie da nichts hineingemischt haben?«
Der Besucher spürte, wie sein Nacken heià wurde. »Aber sie hat gesagt, das wäre okay. Es ist ein Geschenk.«
»Nichts da«, sagte der Wärter. »Das bleibt hier. Sie können es beim Rausgehen wieder mitnehmen.« Er drückte den Deckel auf die Büchse und wischte sich die Finger an der Uniformhose ab.
Gehen Sie sich die Hände
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