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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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herunter und trat dann stotternd auf die Bremse, damit er auf dem Eis und Schnee nicht ins Rutschen geriet. Der Audi vibrierte, als er südlich der Kings Bridge an einer Ampel anhielt. Obwohl sonst niemand zu sehen war, schaltete er den Blinker ein, um den Fluss zu überqueren.
    Die Ampel schaltete von Rot auf Gelb, und Lennon ließ vorsichtig die Kupplung kommen, bis der Audi anzog. Bei Grün machte er die Handbremse los und fuhr, ohne zu rutschen, langsam los, weil nur ein paar Meter weiter noch eine zweite Ampel kam.
    »Es dauert nicht mehr lange, bis wir da sind«, sagte er. Er wandte Galya den Kopf zu, doch die erwiderte seinen Blick nicht.
    »Ich schwöre es«, sagte er. »Alles wird gut. Sie werden …«
    Irgendwo aus dem Nebel kam ein schrilles Geräusch, das Aufheulen eines Motors und durchdrehende Räder. Lennon hielt Ausschau nach Scheinwerfern, entdeckte aber keine. Ein Auto brach durch den Schleier, ein alter Nissan mit Allradantrieb. Der Fahrer hatte mit dem Eis zu kämpfen, die Schnauze des Wagens schlingerte hin und her. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Lennon, da habe jemand die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren, das jetzt die Ridgeway Street hinabschlingerte. Aber der Wagen wurde schneller, und da wusste er, dass die Kollision kein Unfall sein würde.
    Lennon trat das Gaspedal durch und spürte den Audi unter sich bocken, als die Reifen auf der eisigen Straße die Bodenhaftung verloren. Das Heck schlug aus und drehte die Schnauze vom Fluss weg. Als Galya begriff, was vor sich ging, keuchte sie erregt auf. Schützend hielt sie sich die Arme über den Kopf, und im nächsten Moment krachte der andere Wagen auch schon gegen die hintere Flanke des Audi.
    Noch bevor Lennon hörte, wie die seitlichen Airbags aufgingen, spürte er, wie ruckartig sein Hals zur Seite gedrückt wurde. Sein Kopf schlug gegen das Fenster der Fahrerseite, hinter seinen Augen blitzte etwas auf.
    Er blinzelte verwirrt, ohne jede Ahnung, ob seit dem Aufprall Sekunden oder Minuten vergangen waren. Alles verschwamm vor seinen Augen, dann wurde es wieder klarer. Er horchte. Der Motor des Audi lief immer noch im Leerlauf, irgendein Warnsignal pingte. Lennon blickte sich im Wagen um. Das hintere Beifahrerfenster war zertrümmert und die Tür eingedrückt, aber vorne war noch alles heil. Galya saß immer noch neben ihm, den Kopf in den Händen vergraben, hechelnd und keuchend.
    Der Schaden wäre noch größer gewesen, wenn der Nissan seinen Kurs hätte beibehalten können, aber das Eis hatte ihn rutschenlassen und abgebremst. Durch den dichter werdenden Nebel und den Motorenqualm hindurch konnte Lennon noch erkennen, wie auf der anderen Seite des Wagens die Fahrertür aufging. Ein Mann tauchte auf, eine Kapuze über dem Kopf und einen Schal vor dem Gesicht. Angestrengt spähte Lennon durch den Nebel, da hob der andere auch schon seine Hand.
    Lennon warf den ersten Gang ein und trat das Gaspedal durch. Eis spritzte unter den Reifen hoch, dann fuhr der Wagen los, und das Heck brach nach rechts aus. Im selben Moment zersprang die Heckscheibe, und etwas schlug in den Himmel des Daches ein. Galya schrie auf.
    Der Audi schleuderte hin und her. Verzweifelt versuchte Lennon, sich an das Fahrtraining zu erinnern, das er vor Jahren nach seinem Eintritt in die Polizei absolviert hatte. Er schlug das Lenkrad gegen die Richtung ein, ging vom Gas und spürte, wie der Wagen wieder in die Spur kam. Wäre er seinen Instinkten gefolgt, hätte er das Gaspedal jetzt voll durchgetreten, aber er behielt sich unter Kontrolle, blieb bei seiner Geschwindigkeit und riskierte nicht die Bodenhaftung für Tempo.
    Er bugsierte den Wagen auf die King’s Bridge, beschleunigte auf der Geraden und ging wieder vom Gas, als er merkte, dass die Hinterräder durchdrehten. Während er sich auf der anderen Seite der Kreuzung näherte, warf er einen raschen Blick in den Rückspiegel. Durch das zersplitterte Glas der Heckscheibe sah er, wie Scheinwerfer den Nebel durchbohrten, einer blendend hell, der andere vom Aufprall getrübt.
    Als er die Kreuzung an der Sunnyside Street überquerte, schaltete die Ampel gerade auf Rot, aber Lennon ignorierte sie. Die Scheinwerfer des Nissan kamen näher, da sein Allradantrieb eine bessere Bodenhaftung hatte als der Audi.
    Lennon dachte fieberhaft nach. Von der Sunnyside Street gingen mehrere Seitenstraßen ab, die in ein Gewirr schmaler und gewundenerWohnsträßchen mündeten. Der Nissan mochte einen besseren Grip haben, aber

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