Racheengel
Tomas seinen mächtigen Arm um die schmale Schulter. »Na schön, dann haben sie hier eben einmal die Woche Schwulenabend. Eine Menge Läden machen das. Komm, wir gehen einfach woandershin. Wie wäre es mit dem ›Fly‹? Schauen wir uns doch mal die kleinen Studentinnen an. Wir können Herkus anrufen, der fährt uns hin.«
»O nein« sagte Tomas und wand sich aus Darius’ Umarmung. »Ich verziehe mich nicht aus irgendeinem Schuppen, bloß weil ein paar Schwule glauben, er gehört ihnen. Diese verdammten Schwulen sollten abhauen, nicht ich. Nicht ich bin hier der Scheißperverse. Nicht ich bin so eine Missgeburt.«
Bevor Darius ihn bremsen konnte, hatte Tomas schon den Arm eines der Männer gepackt, die an der Bar lehnten, er riss ihn herum und versetzte ihm einem ungelenken rechten Haken. Der Schlag streifte die Unterlippe des Mannes immerhin so fest, dass Blut floss, aber ohne die nötige Wucht, um wirklich Schaden anzurichten.
Überall um sie herum kreischten die Homosexuellen auf.
»Verdammte Missgeburten!«, brüllte Tomas, obwohl keiner der mit weit aufgerissenen Augen Dastehenden sein Litauisch verstand.
Darius umklammerte Tomas mit beiden kräftigen Armen und zerrte ihn zur Tür. »Ruhig Blut«, flüsterte er seinem Freund ins Ohr.
Sobald sie draußen und eine Straße weiter waren, rief Darius Herkus an.
»Verdammte Schwule«, knurrte Tomas, während sie durch die klare, kalte Abendluft liefen. Weihnachtseinkäufer traten seitwärts auf die Straße, um ihnen aus dem Weg zu gehen. »Die glauben, sie können einfach so einen Laden übernehmen. Scheiß-Perverse!«
»Perverse«, bestätigte Darius. »Wie wär’s also mit dem ›Fly‹, hm? Da sind jede Menge Mädchen.«
»Nein«, sagte Tomas. Er blieb stehen. »Was ist eigentlich mit dieser Hure, die Rasa aus dem Süden raufgeholt hat. Die könnten wir uns doch mal anschauen.«
Also fuhren sie zu der Wohnung im Osten der Stadt. Darius und Sam blieben trinkend im Wohnzimmer sitzen, während Tomas ins Schlafzimmer ging und die Tür abschloss.
Darius hatte ein ungutes Gefühl im Bauch. Am Ende ließ Tomas seine Wut noch an dem Mädchen aus. Nun ja, auch egal. Im schlimmsten Fall würde das Mädchen eben so schlimm gezeichnet sein, dass es nicht mehr zu verhökern war. Dann würde Darius von Herkus eben die nötige Kohle verlangen, um die Brüder zu entschädigen, und damit hatte es sich.
Als sie Tomas laut werden hörten, dachten sie sich nicht viel dabei. Wenn es um Sex ging, konnte Tomas oft wütend werden. Erst als seine Stimme plötzlich verstummte, tauschten Darius und Sam nervöse Blicke aus.
Herkus massierte sich mit den Fingerspitzen die Schläfen, um die Kopfschmerzen zu verscheuchen, doch sie ließen nicht nach. Er überlegte, ob er sich noch einen Wodka aus der Minibar holen sollte, oder vielleicht einen Gin, besann sich dann aber eines Besseren.
»Sie ist ihnen entkommen«, berichtete er.
»Wie?«, fragte Arturas.
»Die beiden haben miteinander gestritten. Darius hat gesagt, als er hochsah, lief sie schon weg.«
Arturas stand auf. »Die hätten Tomas also ins Wasser geschmissen.«
»Sieht ganz so aus«, sagte Herkus.
Sein Boss konnte kaum verbergen, wie die Wut in ihm brannte.
»Sie hätten ihn versenkt wie ein Tier.«
»Ja, Boss«, sagte Herkus.
Arturas nickte. »Es ist gut, dass du sie getötet hast. Leichter, als sie es verdient haben.«
»Ja, Boss.«
»Und jetzt tötest du die Hure.«
Herkus leckte sich die Lippen und rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her. »Wie schon gesagt, Boss, sie ist entkommen.«
Arturas beugte sich über ihn. »Und du wirst sie finden.«
»In dieser Stadt? Die könnte inzwischen überall sein.«
»Du wirst sie finden.«
»Klar, ich suche nach ihr, aber …«
Arturas schlug so fest gegen die gepolsterte Sessellehne, dass Herkus’ Kopf nach vorn wippte. »Du wirst sie finden!«
Herkus stand auf. »Ja, Boss.«
Arturas machte einen Schritt zurück. »Gut. Danke.«
Herkus ging zur Tür, machte sie auf und trat hinaus in den Flur. Als er sie schließen wollte, rief Arturas ihm nach: »Herkus?«
Herkus schob die Tür wieder auf und schaute zurück in die Suite. »Ja, Boss?«
Arturas zeigte wieder auf seine geröteten Nasenlöcher. »Besorg mir was, ja?«
Herkus seufzte. »Ja, Boss.«
18
Galya sah Billy Crawford zu, der vor ihr ein hohes Glas auf den Resopaltisch stellte. Er füllte es halb mit etwas, das entfernt nach Milch aussah, und goss dann mit Limonade auf.
»Ein
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