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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Richtungen um, bis sein Blick schließlich auf dem Nummernschild seines Kleintransporters hängen blieb. Er blickte wieder Galya an.
    Sie griff in den Ausschnitt ihres blutverschmierten Sweatshirts und zog den Anhänger hervor, der an der Kette um ihren Hals hing.
    »Das hier haben Sie mir gegeben«, sagte sie und zeigte ihm das Kreuz. »Sie sagen, Jesus beschützt mich. Das hat er gemacht. Er hat mir gezeigt, wie ich von diesem Ort entkomme.«
    In ein stummes Gespräch mit sich selbst vertieft, schloss der Mann die Augen. Dann machte er sie wieder auf, und sein Atem ging ruhiger. Er hatte seine Entscheidung getroffen.
    »Na gut«, sagte er. »Komm mit.«

16
    Susan trat einen Schritt zurück und ließ Lennon in ihre Wohnung. Er hatte die Briefe in der Hand, die er dem Postboten abgenommen hatte, als er ihm unten begegnet war.
    »Du siehst beschissen aus«, sagte sie.
    »Schönen Dank. Ist Ellen schon auf ?«
    »Seit einer halben Stunde«, sagte Susan und ging in die kleine Küche voraus. »Sie ist in Lucys Zimmer. Ich wollte den beiden gerade Frühstück machen. Kaffee?«
    »Gerne.« Lennon setzte sich an den Tisch.
    Er legte die an Susan adressierte Post zur Seite und öffnete seine eigene. Eine Rechnung, eine Mahnung und eine Karte mit einer in Finglas abgestempelten An Post -Briefmarke.
    Susan löffelte lösliches Granulat in zwei Becher und goss kochendes Wasser darüber. Ohne zu fragen, gab sie für ihn zwei Löffel Zucker hinzu, rührte um und stellte ihm den Becher hin.
    »Ruh dich doch erst mal zehn Minuten aus«, sagte sie. »Ellen ist sowieso gerade mit Spielen beschäftigt.«
    Lennon lächelte sie dankbar an und trank einen Schluck.
    Die Weihnachtskarte war ein billiges Teil aus dem Supermarkt mit lauter knallbunten Farben und süßlicher Gefühlsduselei. Er klappte sie auf und spürte, wie seine Nerven zu flattern anfingen.
    Einziger handschriftlicher Eintrag war der Buchstabe N, drei Zickzacklinien, als hätte ein Kind sie gemalt.
    Er starrte den Buchstaben an und ging im Geiste fieberhaft sämtliche Möglichkeiten durch. Womöglich nur ein übler Scherz. Oder vielleicht irrte er sich ja auch, und hinter dem Gekritzel auf der Karte steckte tatsächlich nicht mehr als das, was zu sehen war, nämlich drei Striche.
    Susan, die nicht von seine Seite gewichen war, fragte: »Was ist denn los? Du zitterst ja.«
    »Nichts.« Er klappte die Karte zu, doch das vielsagende Grinsen des Nomaden hatte sich schon in sein Hirn gebrannt.
    Lennon hatte den Mann nach dessen misslungenem Versuch verhaftet, Ellen im Royal Victoria Hospital zu entführen. Er sah wieder den Wahnsinn des Mannes vor sich, hörte sein höhnisches Gelächter. Der Nomade war aus der Haft geflohen, und zwar, wie Lennon vermutete, mit Hilfe von Detective Chief Inspector Dan Hewitt. Dann hatte er es noch einmal versucht, diesmal mit Erfolg. Er hatte Ellen und Marie aus einer Wohnung verschleppt, die Lennon für sicher gehalten hatte, und sie in ein Haus geschafft, das einem von Rache besessenen alten Mann namens Bull O’Kane gehörte.
    Marie war aus diesem Haus nicht mehr entkommen, und bis heute war Lennon überzeugt gewesen, dass auch der Nomade es nicht hinaus geschafft hatte.
    Natürlich nicht, redete er sich ein. Die ganze Bude hatten sie abgesucht und in den qualmenden Trümmern mehr als ein halbes Dutzend Leichen gefunden. Unmöglich, dass der Nomade da noch lebend hätte herausgekommen sein können.
    Also doch ein übler Scherz, eine andere Erklärung gab es nicht. Womöglich steckte ja auch dahinter wieder Dan Hewitt.
    Lennons Handy klingelte. Bevor er sich meldete, dankte er Gott insgeheim für die Störung.
    Es war der Diensthabende, Sergeant Darren Moffat. »Ich wollte nur etwas an Sie weiterleiten«, sagte er. »Im Distrikt D sind vor45 Minuten zwei Leichen gefunden worden, in der Nähe von Newtownabbey. Einen der beiden hat ein Beamter am Tatort sofort wiedererkannt. Einen besonders netten Zeitgenossen namens Sam Mawhinney.«
    Lennon klemmte sich das Handy zwischen Ohr und Schulter und zerriss die Karte. Susan sah ihm zu, wie er die Schnipsel in den Abfalleimer warf.
    »Und was geht mich das an?«, fragte er und zwang sich, die Karte zu vergessen und sich auf Moffats Informationen zu konzentrieren. Er setzte sich wieder hin und massierte sich, um die quälende Müdigkeit loszuwerden, mit den Fingerspitzen die Stirn.
    »Der Name sagte mir irgendwas«, erklärte Moffat. »Hab ein paar Minuten gebraucht, bis ich draufgekommen bin. Ich

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