Rachegott: Thriller
den Leuten meine Meinung zu geigen. Aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass das sinnlos ist. Diese Geier leben von solchen Meldungen. Denen ist es egal, wie weit sie in die Privatsphäre anderer Menschen eindringen und wie viel Schmerz und Unheil sie mit ihren Artikeln anrichten. Sie wollen ihre Zeitungsexemplare an den Mann bringen. Dafür machen sie alles. Die einzige Möglichkeit besteht darin, ab sofort darauf zu achten, ob Gunst Ihnen folgt! Sollte das der Fall sein, dann hängen Sie diesen Blutsauger gefälligst ab! Mit allen Mitteln!“
Während Tommy nickte, fragte Nora plötzlich nachdenklich: „Welche Gemeinsamkeiten weisen die Opfer auf? Sie sind bekannt und ziemlich reich. Das wissen wir bereits. Aber gibt es vielleicht noch einen anderen Aspekt, der sie miteinander verknüpft?“
Kortmann brauchte einige Sekunden, um sich auf diese Frage einzustellen. Dann antwortete er: „Ich glaube nicht. Sie waren unterschiedlich alt, lebten in verschiedenen Ecken der Stadt und hatten untereinander keinen Kontakt. Das spielt aber keine Rolle, weil die bekannten Gemeinsamkeiten schon völlig ausreichen, um Junker als Mörder zu enttarnen. Bei den meisten Mordserien ist es schließlich nur ein Aspekt, der eine Verbindung zwischen den Opfern schafft. Wir haben gleich zwei.“
„Bei vielen Mordserien ist der einzige Verbindungspunkt aber nicht leicht zu erkennen“, gab Nora zu bedenken. „Hingegen sind die Gemeinsamkeiten beim jetzigen Fall so offensichtlich, dass es das reinste Kinderspiel wäre, sie Junker als Motive unterzuschieben.“
„Sie denken also auch, dass Junker nicht der Mörder ist?“, fragte Kortmann scharf.
„Das kann ich noch nicht sagen. Zunächst war ich davon überzeugt, dass er es ist. Aber mittlerweile kommt mir das Ganze zu offensichtlich vor. Junker hat ein auffälliges Motiv für den ersten Mord. Hutmann ist zweimal auf überaus merkwürdige Weise in Erscheinung getreten. Das wirkt auf mich beides inszeniert. Im Hintergrund könnte eine dritte Person die Fäden in den Händen halten. Wie ein Marionettenspieler. Falls das so sein sollte, dann könnte das Motiv des wahren Mörders noch im Verborgenen liegen. Deshalb habe ich nach einem weiteren Verbindungspunkt zwischen den Opfern gefragt.“
Kortmann knirschte mit den Zähnen. „Das klingt absolut unsinnig. Wer sollte denn dieser Marionettenspieler sein? Herbert Muster? Lutz Weishaupt? Ausgeschlossen! Die haben keine Motive für die Taten. Und nach allem, was Sie mir erzählt haben, sind die auch nicht in der körperlichen Verfassung, um Ihnen bei einer Verfolgungsjagd zu Fuß zu entwischen.“
„Das ist wahr. Trotzdem würde mich interessieren, wie es mit den Alibis der beiden aussieht“, sagte Nora.
Kortmann stöhnte. „Muster war während der Ermordung seiner Frau in seinem Unternehmen. Dafür gibt es unzählige Zeugen. Gestern war er den gesamten Tag mit seiner Tochter und deren Großeltern zusammen. Beide Großeltern sind nach der Mordnachricht sofort aus Freiburg und Mannheim hergekommen. Somit kann Muster nicht der Täter sein. Lutz Weishaupt war vorgestern zwischen 15 und 16 Uhr laut eigener Aussage mit seiner Gattin zuhause.“
„Und zum Zeitpunkt der Ermordung seiner Frau war er angeblich spazieren“, erinnerte Thomas sich. Er sah zu Nora. „Das sind zwar keine guten Alibis, aber als wir von ihm zu Jana Schneidbrenner gefahren sind, war er noch bei sich zuhause. Demnach scheint auch er als Täter auszuscheiden.“
„Das habe ich doch gesagt“, zischte Kortmann.
„Ja, allerdings besteht die Möglichkeit, dass einer der beiden den Mörder engagiert hat“, spekulierte Tommy. „Vielleicht gehörte es sogar zum Plan, dass der Täter uns seine körperliche Fitness demonstriert, damit der Auftraggeber als Verdächtiger ausscheidet.“
„Jetzt geht die Fantasie aber langsam mit Ihnen durch“, meinte Kortmann. „Als Nächstes wollen Sie noch andeuten, dass Herbert Muster und Lutz Weishaupt unter einer Decke stecken könnten.“
„Das wäre tatsächlich möglich.“ Thomas dachte nach. „Was haben denn eigentlich die Nachbarn von Trude Weishaupt und Jana Schneidbrenner gesagt?“
„Nichts Hilfreiches. Niemand hat den Täter gesehen. Bis auf Hutmann will auch niemand etwas gehört haben. Junker ist also riskant, aber nicht unüberlegt vorgegangen. Er weiß genau, was er macht. Die Frage ist, wie lange er das durchhalten kann.“ Nach diesen Äußerungen deutete Kortmann auf zwei Mappen, die vor ihm auf dem
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