Rachegott: Thriller
Handlungen und deren Folgen nach. Sobald sie von einem schlimmen Erlebnis geplagt wurde, bohrte sich dieses immer tiefer in ihr Gehirn. Wie eine Spirale.
„Wir warten jetzt erst einmal ab, was die Ärzte sagen. Solange wir von denen keine anderen Auskünfte erhalten, gehen wir davon aus, dass Max nicht sterben wird.“
Nora ließ ihren Kopf hängen. „Selbst wenn er überleben sollte, könnte er schwerwiegende gesundheitliche Schäden davontragen! Er könnte querschnittsgelähmt werden! Ich bin verantwortlich für alles, was jetzt mit ihm passiert!“
„Ja, es könnte theoretisch alles passieren. Aber es hat keinen Sinn, sich über etwas den Kopf zu zerbrechen, bevor es passiert ist. Du hast es nicht in der Hand, Nora. Du kannst es nicht mehr ändern. Ich weiß, dass du das gerne würdest. Du musst aber endlich einsehen, dass du nicht alles auf dieser Welt steuern kannst. Manche Dinge geschehen, ohne dass du einen aktiven Einfluss darauf nehmen könntest. Es ist nun einmal passiert. Max wusste, dass er nicht hätte herkommen sollen. Er hat deine Warnungen missachtet.“
„Du kannst das nicht nachvollziehen, Tommy! Dein Finger lag nicht am Abzug! Du hast auch nicht die Bilder vor Augen! Ich sehe Max über mir. Ich spüre sein Blut in mein Gesicht tropfen! Dieses Horrorszenario kann sich niemand vorstellen, der es nicht selbst erlebt hat!“
„Ich habe auch schon einmal einen Menschen in Notwehr erschossen! Erinnerst du dich daran? Vor acht Jahren musste ich einen Einbrecher erschießen, weil er seine Waffe auf mich gerichtet hat und abdrücken wollte. Das war zumindest mein Eindruck. Aber ich weiß bis heute nicht, ob der Mann tatsächlich geschossen hätte. Und ich werde es auch nie erfahren. Dennoch bin ich froh, dass ich es nicht darauf ankommen ließ! Deine Schilderung des heutigen Abends klingt für mich ähnlich. Max griff dich an. Er schmiss sich auf dich und würgte dich! Womöglich hätte er dich ermordet! Hast du darüber einmal nachgedacht?! Wenn sich der Schuss nicht gelöst hätte, dann wärst du jetzt vielleicht tot!“
„Das glaube ich nicht! Max hätte mich nicht ermordet! Er mag aggressiv und verrückt sein, aber er hätte mich nicht umgebracht!“
„Ach, nein? Wie kannst du dir dessen so sicher sein? Er war damals schon einmal in einen Mordfall verwickelt!“
„Niemand weiß mit Sicherheit, ob er nicht doch gegen seinen Willen in den Fall hineingezogen wurde!“
„Wie bitte?! Was soll das denn jetzt heißen? Du selbst bist die erste Person gewesen, die davon überzeugt war! Max ist ein launischer, unberechenbarer Mensch, der in bestimmten Situationen zu allem fähig ist!“
„Er beteuerte heute noch einmal, damals unschuldig in den Mord verwickelt worden zu sein.“
„Und das glaubst du ihm jetzt plötzlich? Wieso das denn?! Er war betrunken! Er hatte keine Kontrolle über sich! Du kannst ihm in diesem Zustand doch keinen Glauben geschenkt haben!“
„Ich ... nein, aber ... ich … ich weiß gar nicht mehr, was ich denken soll!“ Nora beugte sich vor und stützte ihren Kopf in die Hände. „Auch wenn er wirklich schuldig sein sollte, heißt das noch lange nicht, dass er mich jetzt ermordet hätte. Nur weil eine Person einmal ein Verbrechen begangen hat, muss sie nicht ihr Leben lang kriminell bleiben! Und ich habe auch keinen Beweis, dass Max irgendetwas mit Timos Tod zu tun hat.“
„Das ist wahr. Aber dieser Punkt steht momentan auch gar nicht zur Debatte! Es gibt Situationen, in denen man in einer halben Sekunde eine Entscheidung treffen muss. Und es gibt Augenblicke, die einem nicht einmal den Hauch einer Wahl lassen. Solch einen Moment hast du heute erlebt. Du konntest nicht wissen, was wirklich in Max vorging. Hätte er die Hände wieder von deinem Hals genommen? Vielleicht ja. Vielleicht aber auch nicht. Das ist es, worauf es ankommt. Allein die Möglichkeit, dass er dich erwürgt hätte, rechtfertigt deine Handlung. Zumal du diese nicht einmal bewusst ausgeführt hast. Das weißt du so gut wie ich. Aber aus irgendeinem Grund möchtest du es nicht aussprechen. Irgendetwas in dir sperrt sich gegen diese Überzeugung. Ich weiß nur nicht, was es ist.“
„Ich habe einen Menschen angeschossen! Deshalb bin ich so aufgewühlt! Es ist egal, wer diese Person ist. Es spielt keine Rolle, wie viel Leid Max mir in den vergangenen Jahren zugefügt hat. Es geht einzig und allein darum, dass er ein menschliches Wesen ist.“
„Ein menschliches Wesen, das dich angegriffen hat.
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