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Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Mund aus und wusch sich die Hände. Entsetzt nahm er die Blässe seiner Finger wahr, die so weiß waren wie Knochen.
    Als er sein Gesicht im Spiegel ansah, stellte er fest, dass es noch bleicher war als seine Hände, die Lippen völlig farblos.
    Widerstrebend sah er sich in die Augen und dachte aus irgendeinem Grund an Alvin Clemm und die zweckdienliche Trittleiter, den zweckdienlichen Beton, den Seidenschal und den zweckdienlichen Herzinfarkt.
    Seine Knie wurden weich und er setzte sich auf die Toilette. Seine Hände zitterten. Er verschränkte sie in der Hoffnung, sie würden sich gegenseitig beruhigen.
    Er wusste nicht, wann er aufgestanden war, um sich die Hände noch einmal zu waschen. Jedenfalls stand er irgendwann vor dem Waschbecken und schrubbte sie.
    Er saß bereits wieder auf der Toilette, als er ein Klopfen
hörte, das seinen Herzschlag beschleunigte, bis er begriff, dass es wirklich eine Hand war, die an eine Tür klopfte.
    »Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Cathy Sienna.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Ja. Entschuldigen Sie, bitte.«
    »Ihnen fehlt nichts?«
    »Eine Spur von Luftkrankheit, nichts weiter«, erklärte er.
    »Brauchen Sie etwas?«
    »Einen Moment noch. Geben Sie mir einen Moment Zeit.«
    Sie entfernte sich.
    Luftkrankheit war nicht die korrekte Diagnose. Ihm war schlecht vor Angst, denn er fürchtete sich davor, was er nach der Landung vorfinden würde, in Denver, in Ismena Moons Haus, das früher einmal Ismays Haus gewesen war.

47
    Sie ließen die Sterne und den Mond hinter sich, als sie durch tief hängende Wolken in den Sinkflug gingen. Erst war da ein weißes Brodeln vor den Fenstern, und dann tauchte Denver unter ihnen auf und funkelte in der klaren Nachtluft.
    Während des Fluges hatte Ryan Ismena angerufen und ihr nur gesagt, ihre verstorbene Schwester hätte ihm eine Gefälligkeit erwiesen, die er niemals vergessen hätte, und da er in Denver sei, käme er gern vorbei, um mehr über Ismay zu erfahren. Nachdem Ismena ihm beteuert hatte, sie seien ihr herzlich willkommen, hatte Ryan einen Cadillac Escalade organisiert, der am Flughafen bereitstand.
    Die Januarnacht war so rau, dass ihm seine kalten Hände vergleichsweise warm vorkamen. Sein Atem dampfte und hing für kurze Momente in Form von beweglichen Dunstgebilden in der stillen Luft, bevor er darin zerfloss.
    Sein Magen hatte sich wieder beruhigt, sein Nervenkostüm jedoch nicht, und nachdem sie ihre zwei kleinen Gepäckstücke hinten in den Escalade gestellt hatten, bat er Cathy Sienna zu fahren. Auf dem Beifahrersitz las er Ismenas Adresse von einem Notizblock ab, auf dem er sie notiert hatte, und Cathy tippte sie in das Navigationssystem ein.
    Sie fuhr gut und lenkte das große Geländefahrzeug, als hätte sie ihm schon fünfzigtausend Meilen draufgepackt. Ryan hatte den Verdacht, sie könne nicht nur mit einer Waffe und einem Wagen gut umgehen, sondern auch mit so
ziemlich jeder anderen Maschine und jedem Werkzeug. Er vermutete, dass sie sich so gut auf derlei Dinge verstand, weil sie sie den Menschen vorzog.
    Allein schon das Fahren an sich ließ sie unbewusst lächeln. Im Allgemeinen achtete sie sorgsam darauf, sich keine Regung anmerken zu lassen, doch im Moment war ihr Gesicht keine Maske, sondern so entspannt, wie Ryan es bisher noch nicht gesehen hatte.
    »Muss ich wissen, wer diese Frau ist und warum wir hier sind?«, fragte sie.
    Er erzählte ihr zunächst von Ismay Clemms Fürsorge während der myokardialen Biopsie und sagte dann, er habe erst am heutigen Tag erfahren, dass die Krankenschwester einundzwanzig Monate vor dieser Begegnung mit ihm gestorben sei.
    Cathy zeigte keine der Reaktionen, die er von ihr erwartet hatte. Das schwache Lächeln blieb weiterhin auf ihren Zügen und sie hielt den Blick so unbeirrt auf die Straße gerichtet, als hätte er nichts Erstaunlicheres von sich gegeben als eine Bemerkung über den bedeckten Himmel, der ganz so aussah, als würde es bald schneien.
    »Einundzwanzig Monate. Was meinen Sie dazu?«, fragte sie.
    »Ismena und Ismay sind eineiige Zwillinge.«
    »Dann glauben Sie also - ja, was eigentlich? Dass Ismena bei der Biopsie anwesend war?«
    »Vielleicht. Wahrscheinlich.«
    »Aber sie hat Ismays Namen benutzt? Weshalb sollte sie das tun?«
    »Das gehört zu den Dingen, die ich herausfinden möchte.«
    »Das kann ich mir gut vorstellen.«

    Er wartete darauf, dass sie noch etwas dazu sagte. Sie fuhr schweigend weiter und machte den Mund nur auf, um jedes Mal »Yes,

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