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Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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bewegte, hefteten sich anfangs noch Schatten an ihn, doch dann entließen sie ihn. Der Mondschein war erhellend und gleichzeitig irreführend; er verschleierte ebenso viel wie er enthüllte.
    Der Mann war groß und schlank und bewegte sich mit dem Selbstvertrauen eines Athleten, als er den von Mondschatten gesprenkelten Rasen überquerte und auf die Gasse hinter der Garage zulief. Sein Haar war weiß und so punkig geschnitten, dass es aussah, als trüge er eine gezackte Krone aus Eis.
    Spencer Barghest, der angebliche Liebhaber von Rebecca Reach, leidenschaftlicher und eifriger Sterbehelfer, war nur für einen kurzen Moment sichtbar. Dann schien das Mondlicht vor ihm zurückzuweichen und die Schatten schluckten ihn wieder. Dann verstellten die Äste und Blätter des kalifornischen Pfefferbaums jeden weiteren Blick auf ihn.
    Samantha wandte sich zur Treppe um.

13
    Ryan wich von der Verandabrüstung zurück und trat durch die offene Tür. Dann eilte er aus der Küche und durch das Wohn-Ess-Zimmer.
    Im Schlafzimmer zog er seine Hose aus. Er hängte sie über die Stuhllehne, wo sie vorher gehangen hatte, und kehrte ins Bett zurück.
    Unter der Decke wurde ihm klar, dass er diesen Rückzug nicht überlegt, sondern sich instinktiv entschieden hatte, einer Konfrontation auszuweichen. Im Rückblick war er sich nicht sicher, ob es klug gewesen war, diesen Kurs einzuschlagen.
    Er stellte sich schlafend, als er hörte, wie Samantha ins Schlafzimmer kam und Seide raschelte, während sie ihren Morgenmantel ablegte.
    Als sie wieder unter der Decke lag, sagte sie leise: »Ryan?« Als er nicht antwortete, wiederholte sie seinen Namen.
    Falls sie bemerken würde, dass er sich schlafend stellte, konnte sie vermuten, er hätte etwas von dem heimlichen Treffen unter dem Pfefferbaum gesehen oder gehört. Daher machte er nur schläfrig: »Hmm?«
    Sie schmiegte sich an ihn und packte das, was sie wollte.
    Unter den gegebenen Umständen glaubte er nicht, dass er dazu in der Lage wäre. Zu seinem Erstaunen - und zu seiner Bestürzung - stellte er jedoch fest, dass das Verlangen über die Sorge triumphierte, sie würde ihm etwas verheimlichen oder gar ein doppeltes Spiel spielen.

    Die Eigenschaften, die er an einer Frau besonders erotisch fand, waren Intelligenz, Schlagfertigkeit, Warmherzigkeit und Zärtlichkeit. Sam besaß alle vier und konnte die beiden ersten nicht heucheln, doch jetzt machte sich Ryan Sorgen, ihre Intelligenz könnte von der Sorte sein, die Manipulation erleichtert und Gerissenheit fördert. Er fragte sich, ob sie ihn tatsächlich liebte und nur das Beste für ihn wollte oder ob sie von Anfang an unaufrichtig gewesen war.
    Nie zuvor hatte er Liebe gemacht, während sein Herz ein Hexenkessel derart erbärmlicher Gefühle war, wenn die körperliche Leidenschaft von all den zärtlicheren Gefühlen losgelöst war. Es konnte sogar sein, dass das überhaupt nichts mit Liebe zu tun hatte.
    Als es vorüber war, küsste Samantha seine Stirn, sein Kinn und seine Kehle. Sie flüsterte: »Gute Nacht, Winky«, und rutschte auf ihre Seite hinüber.
    Bald wies ihr Atmen mit offenem Mund daraufhin, dass sie schlief. Oder so tat, als schliefe sie.
    Ryan presste zwei Finger auf seine Kehle, um seinen Puls zu fühlen. Er wunderte sich über das langsame, stetige Pochen, das ihm als eine weitere Täuschung erschien, und zwar als die bislang intimste: Sein Körper tat so, als sei er bei guter Gesundheit, obwohl er in Wirklichkeit gerade dabei war, ihn im Stich zu lassen.
    Eine Stunde lang starrte er an die Decke und ließ dabei ein Jahr der Liebe zu Samantha in seiner Erinnerung Revue passieren. Er war darauf aus, sich jeglichen Vorfall ins Gedächtnis zu rufen, der aus seiner neuen Perspektive andeutete, dass sie finsterere Absichten hegte, als er ihr zu dem jeweiligen Zeitpunkt zugetraut hätte.
    Anfangs erschien ihm nichts von dem, was sie im Lauf
der Monate getan hatte, auch nur im mindesten verdächtig. Als Ryan dieselben Momente ein zweites Mal überdachte, fielen jedoch dorthin, wo es zuvor noch strahlend hell gewesen waren, Schatten. Jede Erinnerung war mit der Ahnung von verborgenen Motiven und Verschwörung durchdrungen, die direkt am Bühnenrand in den Kulissen lauerte.
    Ihm kam keine bestimmte Täuschung in den Sinn, kein Beispiel für eine mögliche Doppelzüngigkeit, das mehr als ein paar Tage zurücklag, und doch strich ein kalter Luftzug des Argwohns über seine Nerven.
    Der Hang zur Paranoia, von dem die moderne

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