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Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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keinen Appetit, aß aber trotzdem.
    Es war keineswegs erstaunlich, dass er in jener Nacht träumte. Er hätte vielleicht Kadaver in seinen Träumen erwartet, ob präpariert oder nicht, doch es tauchten keine Leichen auf.
    Seine Alpträume drehten sich nicht um Menschen oder irgendwelche Schreckgestalten, sondern um Landschaften und Architektur, darunter auch - aber nicht ausschließlich - diese Stadt im Meer.
    Er lief auf einer Straße durch ein Tal einem Palast am Hang entgegen. Das Tal war einst grün gewesen. Jetzt säumten verdorrtes Gras, welke Blumen und Bäume mit Trockenfäule ein Flussbett, in dem sich eine zähe Masse aus schwarzem Wasser, Asche und Unrat voranwälzte. Palastfenster, die einst goldenes Licht erfüllt haben musste, waren seltsam rot, dahinter wimmelte es von herumtollenden Schatten, und je näher er der offenen Tür kam, desto mehr graute ihm davor,
was für eine grässliche Menschenmenge herausströmen und sich auf ihn stürzen könnte.
    Nach dem Tal erreichte er das Ufer eines wildromantischen Sees, der allseits von schwarzen Felsen und hoch aufragenden Bäumen umgeben war. Der grinsende Mond am schwarzen Himmel war ein knurrender, zähnefletschender Mond auf dem schwarzen Wasser. Giftige Wellen schwappten über die Steine, auf denen er stand, und inmitten des Sees erhob sich etwas, ein unermessliches Ungetüm, von dem sich das tintenschwarze Wasser und mit ihm der zappelnde Mond ablösten.
    Am Morgen kamen ihm beim Duschen, beim Frühstück und auf dem Flug nach Denver häufig Bilder aus den Alpträumen in den Sinn. Ihm schien, als handele es sich um Orte, die er vor Jahren aufgesucht hatte, nicht im Schlaf, sondern in wachem Zustand, denn sie waren zu real, um Traumgebilde zu sein, zu detailliert, zu plastisch, zu sinnträchtig und zu beziehungsreich. Und vor allem zu persönlich.
    Er fragte sich wieder einmal, ob nicht nur sein Körper, sondern auch sein Geist ihn im Stich ließ. Vielleicht hatte sein unzureichend funktionierendes Herz eine verminderte Durchblutung und damit verbunden Schäden am Gehirn nach sich gezogen.

20
    Es war ein Fünf-Sterne-Hotel. Die Fenster der Präsidentensuite - der einzigen Unterkunft, die so kurzfristig zu haben war - bot freien Ausblick auf eine zerklüftete Skyline mit Türmen aus Glas und Stahl.
    Im Westen reckten sich grandiose bewaldete Berge noch grandioseren Wolken entgegen: Anden aus Cumulus congestus, auf denen sich Himalajas aus Cumulonimbus erhoben, so dass das Gewicht der himmlischen Architektur, sollte sie einstürzen, groß genug zu sein schien, um die Erde darunter zu spalten.
    In der gemütlichen Bibliothek der Suite erwarteten Ryan ein Computer und genügend damit vernetzte Geräte, um ihm eine erschöpfende Erforschung des Fotos der toten Teresa zu gestatten. Neben der Tastatur stand eine Packung Plätzchen aus der besten Bäckerei Denvers. Wilson Mott ließ grundsätzlich keine Wünsche offen.
    Die Software zur fotografischen Analyse umfasste einen gut gemachten Einführungskurs. Obwohl Ryan mit dem Internet ein Vermögen verdient hatte und sowohl im Erfassen als auch im Designen von Software begabt war, musste er sich den größten Teil des Vormittags über einarbeiten, bevor er mühelos mit dem Programm umgehen konnte.
    Um die Mittagszeit brauchte er eine Pause. Da er sich an den Plätzchen gütlich getan hatte, wollte er kein Mittagessen. Aber eine Vergnügungsfahrt reizte ihn und er wünschte, er hätte seinen Ford Woodie Wagon oder einen seiner anderen
ganz nach seinen Wünschen restaurierten Oldtimer zur Verfügung.
    Vielleicht rechtfertigte sein Herzleiden einen Chauffeur, aber er wollte lieber allein durch die Gegend kreuzen. Auf dem Weg von Las Vegas hatte sein Pilot das Hotel verständigt und veranlasst, dass man für Ryan einen Geländewagen mietete, der rund um die Uhr zur Verfügung stand.
    Der schwarze Cadillac Escalade war mit allem erdenklichen Komfort ausgerüstet. Er konnte ziellos durch die Stadt kreuzen und brauchte sich keine Sorgen zu machen, dass er sich hoffnungslos verirren könnte, denn wenn er die Rückfahrt zum Hotel antreten wollte, würde das Navigationssystem des Wagens ihm den Weg weisen.
    Obwohl er schon zweimal in Denver gewesen war, war er nie über das Kongresszentrum und dessen unmittelbare Umgebung hinausgekommen. Jetzt wollte er mehr von der Stadt sehen.
    Der Sonntagsverkehr war spärlich. Binnen einer halben Stunde traf er auf einen kleinen Park, der sich bestenfalls über einen Hektar

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