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Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Samantha Ryan in dem Glauben gelassen, ihre Schwester sei entweder bei dem Unfall oder kurz darauf gestorben.
    Aber auch unter diesen Umständen bewies Sams Schweigsamkeit nicht mehr, als dass Teresas Tod ihr immer noch Schmerzen bereitete.
    Auf dem Foto ruhte der Kopf der Toten auf einem Kissen. Mit einer Sorgfalt, die auf große Zärtlichkeit schließen ließ, war ihr goldblondes Haar gebürstet und schmeichelhaft um ihr Gesicht drapiert.
    Im Gegensatz dazu wirkten die Klebestreifen, die ihre blicklosen Augen offen hielten, wie eine Ungehörigkeit, wenn nicht gar eine Entweihung.
    So laut und unregelmäßig Ryans Herz gerade noch gepocht hatte, so leise und regelmäßig schlug es jetzt. Auch im Haus und in der Nacht draußen war es still. Es schien ihm, als sei jede Menschenseele in Las Vegas im selben Augenblick
in einen tiefen Schlaf gesunken oder zu Staub zerfallen, als hätte jedes Rad aufgehört sich zu drehen und jede lärmende Maschine einen Stromausfall, als könnten die Nachtvögel ihre Flügel nicht mehr bewegen und hätten ihren Gesang vergessen, als sei alles, was kriecht, inmitten einer schlängelnden Bewegung von Lähmung befallen worden, selbst die Luft war absolut still und ließ keinen Windhauch, keine Brise zu. Die Zeit erstarrte in Uhren, die ihr Ticken einstellten.
    Ganz gleich, ob diese vollkommene Lautlosigkeit real oder eingebildet war - der Moment war so außerordentlich, dass Ryan den Drang verspürte, laut zu schreien und das Schweigen zu zerschmettern, bevor die Welt für alle Zeit versteinerte.
    Er schrie jedoch nicht auf, da er in dieser uneingeschränkten Verschwiegenheit eine Bedeutung ahnte, eine Wahrheit, die darauf beharrte, entdeckt zu werden.
    Die Stille schien aus dem Foto vor Ryans Augen zu quellen, herauszusprudeln und die Welt zu überfluten, als stünde es in der Macht des Gesichtes der toten Teresa, die Schöpfung zum Stillstand zu bringen und Ryan die nötige Aufmerksamkeit abzuringen. Sein Unterbewusstsein befahl ihm: Beobachte, schau hin, entdecke. In diesem Bild verbarg sich etwas, das für ihn von entsetzlicher Bedeutung war, eine schockierende Enthüllung, die er bislang übersehen hatte und die ihn retten konnte.
    Er studierte eingehend den toten Blick und fragte sich, ob sich in dem Muster aus Licht und Schatten, das sich in ihren Augen widerspiegelte, das Zimmer erkennen lassen würde, in dem sie gestorben war, die Personen, die bei ihrem Ableben anwesend waren, oder etwas anderes, das die derzeitige Bedrohung seines Lebens erklärte.

    Diese Spiegelungen waren jedoch zu klein. Wenn er seine Augen noch so sehr zusammenkniff, konnte er sie doch nicht zwingen, Umrisse zu erkennen.
    Sein Blick glitt über ihre bezaubernden Wangen und den Schwung ihrer edel geformten Nase zu ihrem vollendet geschnittenen Mund hinunter.
    Aus ihren geöffneten Lippen drang kein Atem, nur Stille, doch er rechnete fast damit, dass sein inneres Ohr ein paar Worte vernehmen würde, die sein hypertrophisches Herz erklären und seine Zukunft offenbaren würden.
    Am Rande seines Gesichtsfeldes bewegte sich etwas und Ryan erschrak.
    Er blickte in der Erwartung auf, einer der glasierten Kadaver hätte sich von seinen Streben losgerissen und käme ihn jetzt holen.
    Doch es war die namenlose Brünette, die aus dem Flur ins Arbeitszimmer trat. Ihre Stimme brach das anhaltende Schweigen. »Ich grusele mich nicht so leicht, aber dieses Haus setzt mir zu.«
    »Mir auch«, sagte er.
    Er ließ Teresas Foto aus der Klarsichthülle gleiten, legte es zur Seite und klappte das Ringbuch zu.
    »Er wird es vermissen«, warnte ihn die Brünette.
    »Das kann schon sein, aber es ist mir egal. Soll er sich ruhig wundern.«
    Ryan stellte beide Ringbücher in das Regal zurück, wo er sie gefunden hatte.
    Sie lehnte im Türrahmen, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sagte: »Wir lassen die beiden beschatten. Sie haben zu Abend gegessen. Jetzt sind sie in ihrer Wohnung.«

    Sie musste zwischen dreißig und fünfunddreißig sein, aber sie hatte die Ausstrahlung eines älteren Menschen. Ihr Selbstvertrauen schien eher auf Weisheit als auf Stolz zu fußen.
    »Wäre das für Sie denkbar?«
    »Wäre was für mich denkbar?«
    »Sich von ihm anfassen zu lassen.«
    Ihre Augen waren wohl doch kein Grabsteingranit, sondern Festungsmauern, und nur ein Narr hätte versucht, sie im Sturm einzunehmen.
    Sie sagte: »Ich würde ihm den Schwanz wegschießen.«
    »Das glaube ich Ihnen aufs Wort.«
    »Damit wäre der Menschheit

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