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Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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kritischen Punkt angesprochen hatten, der ausschlaggebend für ihre Beziehung gewesen war, den Wendepunkt, an dem sie vom Licht ins Dunkel, von Hoffnung in Hoffnungslosigkeit umgeschlagen war.
    Wenn man Software entwickelte und eine Firma leitete, lernte man, Wendepunkte zu erkennen und im entscheidenden Moment sofort einzuhaken, um das ganze Unternehmen energisch über ein Hindernis zu heben und es mit Schwung zum Erfolg zu führen.
    »Bitte, sag es mir«, drängte Ryan. »Sag mir, was ich getan habe.«

    Ihre Hand spannte sich so brutal um seine, dass ihr Zupacken schmerzhaft war, und ihre Fingernägel bohrten sich so tief in seine Haut, dass er beinah geblutet hätte.
    »Dich lieben und trotzdem darüber reden? Von Angesicht zu Angesicht? Unmöglich.«
    »Aber wenn du mich liebst, willst du doch ebenso sehr wie ich über diesen Punkt hinwegkommen.«
    »Darüber kann man nicht hinwegkommen.«
    »Wir werden darüber hinwegkommen«, beharrte er.
    »Ich will nicht alles zerstören.«
    »Was zerstören? Was ist denn noch übrig, wenn wir es nicht versuchen?«
    »Das Jahr, das wir gemeinsam hatten, als so vieles richtig war.«
    »Das kann nicht zerstört werden, Sam.«
    »Oh doch, das kann es. Indem wir über diesen Punkt reden.«
    »Aber wenn wir einfach …«
    »Und wir haben jetzt nichts mehr zu gewinnen. Nichts kann durch Worte in Ordnung gebracht werden. Nichts kann verhindert werden.«
    Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen.
    Sie hielt ihn zurück, bevor ihm eine weitere Flut von flehentlichen Worten über die Lippen kam. »Nein. Lass mich dich weiterhin lieben. Und lass mir die Erinnerung an die Zeiten, als ich in dich verliebt war, lass sie mir für immer.«
    Ryan war so fassungslos angesichts der Reinheit ihrer Leidenschaft, angesichts der Erkenntnis, dass sie ihn noch umfassender geliebt hatte, als er geglaubt hatte, ihn so absolut geliebt hatte, dass es sein Fassungsvermögen vielleicht überstieg, und weil er immer noch nicht wusste, was zu erfüllen
ihm misslungen war und worin sein Fehler bestanden hatte, konnte er nur mit vier Worten darauf antworten.
    Wieder hielt sie ihn zurück, bevor er etwas sagen konnte. »Sag nicht, dass du da nicht mitkommst. Sag es nie wieder.« Ihre Augen glänzten vor Kummer und ihre Stimme zitterte. »Es stimmt. Ich akzeptiere, dass es stimmt, und gerade deshalb ist es mir unerträglich, es noch einmal zu hören. Ich kann es einfach nicht mehr hören, Winky.«
    Sie zog ihre Hand zurück, nicht wütend, sondern als Ausdruck stiller Verzweiflung. Dann stand sie auf, zögerte, als könnte sie es sich noch einmal anders überlegen und sich wieder hinsetzen, wandte sich dann aber ab und ging.
    Aus Furcht, ihr nachzujagen, blieb Ryan im glasklaren Sonnenschein auf der Bank sitzen. Die roten Geranien leuchteten wie ein Tiffany-Lampenschirm, die Schaufenster der Geschäfte verschwammen und blendeten ihn, die Fontäne eines Brunnens schimmerte wie Kristall und prasselte mit einem hellen, spröden Klirren in das Becken.
    Schließlich bemerkte er die junge Asiatin, die vor der nur wenige Meter entfernten Buchhandlung stand. Sie schien ihn zu beobachten und musste seine Unterhaltung mit Samantha gesehen haben.
    Mit beiden Händen hielt sie die Stiele von etwa einem halben Dutzend blassrosa Lilien, die aus dem Zellophantrichter eines Blumenladens ragten und mit einem blauen Band zusammengebunden waren.
    Da er fürchtete, sie könnte Samanthas Buch bewundern und auf ihn zukommen, um mit ihm über den Roman zu reden, erhob sich Ryan von der Bank. Er hätte dieser Frau nur sagen könnten, dass er nichts begriff, und auch sie wäre nicht in der Lage gewesen, ihm zu helfen.

39
    Die Winter der letzten fünf Jahre hatten zu den kältesten gezählt, seit es in Kalifornien Wetteraufzeichnungen gab. Obwohl die Temperaturen, die Kalifornier nach einem Pullover greifen lassen, Leuten in Maine oder Michigan wie Picknickwetter erscheinen mögen. Da noch zwei Stunden lauen Tageslichts bevorstanden, die der Jahreszeit überhaupt nicht entsprachen, schlenderten die samstäglichen Scharen wohl eher durch das weitläufige Einkaufszentrum unter freiem Himmel, um die Sonne zu genießen und Leute zu betrachten, als um Besorgungen zu erledigen.
    Früher hätte eine solche Menschenmenge Ryan mit Tatendrang erfüllt und er hätte dem Treiben etwas Positives abgewonnen. Jetzt reagierte er gereizt darauf.
    Die Rekonvaleszenz nach der Transplantation hatte eine Phase der Ruhe und Abgeschiedenheit verlangt.

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