Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rachekind: Thriller (German Edition)

Rachekind: Thriller (German Edition)

Titel: Rachekind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
Vom Netzwerk:
Wasser verbracht. Sie fuhr die von kleinen Läden gesäumte Straße zur Strandpromenade hinunter und stellte sich vor, wie Steve hier als Kind entlanggeschlendert war, einen Fußball in einer Hand, ein Eis in der anderen. Sie entdeckte ein Hinweisschild zu einem Campingplatz in der Nähe der Bucht und bemerkte Spaziergänger, die Richtung Promenade schlurften, in kurzen Hosen und Sandalen, die bunt gemusterten Hemden lässig über der Hose. Vielleicht Camper, die in den Geschäften die nötigsten Einkäufe tätigten. An der Uferpromenade stoppte sie kurz, öffnete das Fenster und sog den Duft nach Meer und Salz in die Lungen. Gerne wäre sie ausgestiegen und ein paar Schritte den Strand entlanggegangen, doch sie verbat sich diese weitere Verzögerung und fuhr langsam weiter. Vom Kindersitz aus begann Lilou unruhig mit den Füßen gegen ihre Lehne zu treten.
    Hanna schloss das Fenster und folgte der monotonen Stimme des Navigationsgerätes die knapp zwei Kilometer zu der Adresse, die Stein ihr gegeben hatte, vorbei an einem Supermarkt und dem Campingplatz, bis sie in eine ruhige Straße einbog, in der sich in blumenüberladenen Gärten Cottage an Cottage reihte.
    Das Cottage der Warringtons war ganz anders, als Hanna es sich vorgestellt hatte. Rosen, die sich an der Wand hochrankten, dunkelgrüne Fensterläden und schwarzes Fachwerk, das erstaunlich gut erhalten war. Hanna atmete tief in den Bauch hinein und starrte auf das Lenkrad. Wovor hast du Angst? Es sind deine Schwiegereltern. Mehr, als dir die Tür vor der Nase zuschlagen, können sie nicht tun. Ihr Blick wanderte zurück zu dem Haus.
    Der Garten war mit unglaublicher Liebe gestaltet. Bunte Blumenbeete, Rhododendren in ihrer vollen Blüte, ein Meer aus Rosa- und Lilatönen, dazwischen Hortensien, deren zarte Färbung nur erahnen ließ, in welcher Farbe sie bald erblühen würden. Im Zentrum des Vorgartens stand eine Bronzestatue, die auf einen kleinen Teich voller Seerosen blickte, in dem sich zwei einander gegenüber platzierte Frösche anspien. Das Haus, der Garten, alles war ein wenig zu lieblich, zu verspielt. Es passte gar nicht zu Steve, und es passte nicht zu Eltern, die ihr Kind verstoßen hatten.
    Sie gab sich einen Ruck. Dann stieg sie aus und hob Lilou aus ihrem Sitz. Als sie die hintere Wagentür schloss, bemerkte sie, wie jemand sie durch ein Fenster beobachtete. Sie wissen nicht, dass du kommst. Du kannst Lilou einfach wieder in ihren Sitz schnallen und nach Aachen zurückkehren. Lilou zappelte und versuchte, sich aus Hannas Arm zu befreien. Hanna stellte sie auf dem Bürgersteig ab und beobachtete verwundert, wie Lilou zielstrebig auf das verschnörkelte Gartentürchen der Warringtons zulief, beinahe als wüsste sie, dass dort ihre Großeltern wohnten. Lilou fuhr mit den Händen die gebogenen Eisenstangen nach, hielt sie fest und rüttelte daran, während Hanna vergeblich nach einer Klingel suchte und schließlich das Türchen öffnete. Lilou an der Hand ging sie über einen feinen Kiesweg zur Haustür, bückte sich dort, um Lilou zu helfen, die Stufen hochzusteigen, und richtete sich erst an der dritten und letzten Stufe wieder auf.
    Überrascht blieb sie stehen.
    Direkt vor ihr stand ein kräftiger älterer Mann. Breitbeinig füllte er den Türrahmen aus und musterte sie argwöhnisch. Sie hatte ihn nicht kommen hören.
    »Haben Sie sich verfahren?«, fragte er freundlicher, als sein Gesichtsausdruck vermuten ließ.
    Hanna schüttelte den Kopf. Mit einem Mal kam ihr die ganze Idee völlig absurd vor. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, ohne jede Ankündigung hier aufzukreuzen? Jetzt, von Angesicht zu Angesicht mit diesem stattlichen Mann, brachte sie keinen einzigen der erklärenden Sätze hervor, die sie sich so sorgfältig zurechtgelegt hatte. Sie wollte nur noch eins: umdrehen, nach Hause fahren, alles hinter sich lassen. England, die Albträume, Steve.
    »Sie sitzen schon eine ganze Zeit vor unserem Haus in Ihrem Auto.« Er machte eine Kopfbewegung Richtung Hausinneres. »Meine Frau hat Sie bemerkt.«
    Sie müsste nur sagen, sie hätte sich verfahren, und ihn nach irgendeiner Straße fragen. Schon könnte sie sich verabschieden. Sah er Steve ähnlich? Hanna scannte sein Gesicht. Seine vom Wetter gegerbte, ledrige Haut war von vielen kleinen Fältchen durchzogen, sein dichtes, fast weißes Haar kurz geschnitten. Dennoch ließ sich der Ansatz von Locken gut erkennen. Seine Augen waren blaugrün, die Augenbrauen buschig, die Wangenknochen

Weitere Kostenlose Bücher