Rachekind: Thriller (German Edition)
Beute wird nie gefunden, immerhin fast hundertfünfzigtausend Euro. Rob hat den Namen seines oder seiner Komplizen nicht preisgegeben. Und jetzt taucht er bei Steve auf und erpresst ihn.« Stein schüttelte ernst den Kopf. »Ganz ehrlich, das wirft kein gutes Licht auf Ihren Mann. Vor allem im Hinblick auf den nicht existierenden Kredit, von dem Sie mir erzählt haben. Wie viel hat er dem Voreigentümer gezahlt?«
Der Ober servierte das Essen. Hatte Steve dem alten Mann sein Geschäft mit der Beute aus dem Raub abgekauft? Wäre das so verwunderlich? Er hatte sich nie an Regeln gehalten. Genau das hatte ihr an ihm so gut gefallen.
»Offiziell hat er ihm fünfundachtzigtausend Ablöse gezahlt und eine Leibrente von achthundert Euro im Monat vereinbart.« Hanna rief sich die Zahlen ins Gedächtnis, die sie vor Kurzem in den Büchern gesehen hatte. »Mir erschien das sehr wenig, allein die Einrichtung und die Maschinen sind mindestens hunderttausend Euro wert, da ist der Kundenstamm noch nicht bezahlt und auch die Lagerware ist da noch nicht drin. Vorhängeschlösser, Schließanlagen, Zylinder, Rohlinge, Schilder, Stempel, ein paar Einbausafes waren auch dabei … Selbst wenn der Verkäufer über achtzig wird und noch zwanzig Jahre lebt, dann sind das weniger als insgesamt dreihunderttausend Euro. Das Geschäft war viel mehr wert.«
»Es wäre also möglich, dass Steve ihm unter der Hand eine größere Summe gegeben hat. Damit wären sie beide gut weggekommen. Steve hätte das Geld aus dem Raubüberfall gewaschen, und der Verkäufer spart sich die Steuer.« Stein schnitt sich ein Stück Fleisch ab.
Hanna wandte sich ab und ließ ihren Blick auf Lilou ruhen. Steves verschwenderischer Lebensstil, als sie sich kennenlernten, die teuren Segeltörns, das alles hatte nicht zu jemandem gepasst, der gerade ein Geschäft übernommen hatte. Als sie ihn darauf ansprach, hatte er nur gelacht.
Soll ich etwa sparen? Das Leben schuldet mir was, und ich werde mir verdammt noch mal alles nehmen, was ich kriegen kann …
Hanna meinte seine leicht aggressive Stimme zu hören.
Alles, was ich kriegen kann.
Inklusive einer reichen Erbin als Rückversicherung, falls er Rob auszahlen musste. Ihre Kiefermuskeln spannten sich schmerzhaft an. Einzelne Bilder ihrer gemeinsamen Zeit schossen ihr in den Sinn, sein Heiratsantrag, sein Blick, als er Lilou das erste Mal in den Armen gehalten hatte …. Der Angeklagte ist unschuldig, bis seine Schuld einwandfrei bewiesen wurde. Welche Beweise hatte Stein? Bislang zogen sie nur Rückschlüsse, das hieß noch lange nicht, dass es so gewesen sein musste.
»Das ist natürlich nur eine Annahme. Wir dürfen andere Möglichkeiten deswegen nicht aus den Augen verlieren«, fuhr Stein fort. »In der Mail stand ja nicht, ›Gib mir meinen Anteil an der Beute‹, sondern ›Ich sage, woher dein Geld kommt‹ oder so ähnlich. Das kann auf etwas ganz anderes hindeuten. Sie sagen, Steve hat sich ziemlich zurückgehalten, wenn es um seine Vergangenheit ging, stimmt’s?«
Hanna wandte sich ihm wieder zu und nickte.
»Ich halte es für unbedingt erforderlich, dass wir seine Eltern kontaktieren. Wenn wir wissen, warum sie miteinander gebrochen haben, kommen wir vielleicht ein Stück weiter. Wer weiß, seine Eltern könnten ihn rausgeschmissen haben, weil er in England ein krummes Ding gedreht hat.«
»Um das krumme Ding kommen wir wohl nicht herum?« Hanna fühlte sich auf einmal müde. »Und wenn es eine Erbstreitigkeit war? Viele Familien streiten um Geld.«
»Absolut möglich. Ich schließe nichts aus. Ich denke, sobald wir mehr über ihn erfahren, werden sich die Antworten von alleine ergeben.«
Wie einfach das klang. Von alleine ergeben. Er hält die Hoffnung aufrecht. Sie verfolgte schweigend, wie Stein den Rest seines Schnitzels aufaß, die Pommes zur Seite schob und den Salat auf dem Teller ausbreitete. Die Informationen, die er gerade mit ihr geteilt hatte, waren sicher nicht mehr, als auch die Polizei herausgefunden hatte, aber die Polizei würde sie nicht im Detail über Robert Walkers Strafakte in Kenntnis setzen. Sie dachte an die Antworten seiner Kunden, als sie Erkundigungen über Stein eingeholt hatte. Absolut vertrauenswürdig … Sehr zu empfehlen … Marten hat meinen Sohn aufgespürt. Er hat nicht lockergelassen, als alle anderen schon aufgegeben hatten … Ich weiß nicht, was ich ohne Marten gemacht hätte. Ich kann ihn Ihnen nur wärmstens ans Herz legen. Sie begann zu begreifen,
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