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Rachekind: Thriller (German Edition)

Rachekind: Thriller (German Edition)

Titel: Rachekind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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Erzählungen, wenn der Kummer sie übermannte und sie ihr eigenes Bild von Steve revidieren wollte, um ihn endlich und endgültig aus ihrem Herzen zu verbannen. Anfangs hätte sie gern etwas über Steves Kindheit erfahren, um verstehen zu können, warum er so geworden war, aber Linus hatte ihn erst als Zwanzigjährigen kennengelernt, wenige Jahre, bevor Steve England den Rücken gekehrt hatte. Erstaunt stellte sie fest, dass es sie nicht mehr interessierte.
    Dein Heft habe ich nicht vergessen, wenn ich es finde, melde ich mich.
    Herzlich, Hanna
    »Musst du nicht langsam los?« Simon betrat das Büro und ging zu der Seite des Schreibtischs, an der Steve früher gearbeitet und die er nun in Beschlag genommen hatte.
    Hanna sah auf die Uhr. »In ein paar Minuten. Um drei habe ich ein Gespräch mit Lilous Gruppenleiterin.«
    »Ärger?«
    Hanna zuckte die Schultern, obwohl die Geste mehr als unpassend war für die Panik, die sich allein bei dem Gedanken an das bevorstehende Gespräch in ihr ausbreitete.
    »Hat Lilou ihren unsichtbaren Freund noch?«, bohrte Simon nach.
    »Ja. Er hat sogar einen Namen. Om.«
    »Om?« Simon lachte. »Das passt ja! Ohhhm.« Er faltete die Hände vor der Brust und deutete eine Verneigung an.
    Hanna rang sich ein Lächeln ab. Solange sie Simon nicht einweihte in ihre Angst um Lilous Geisteszustand, konnte er nicht wissen, wie unangebracht sein Scherz war. »Du lachst. Aber Om ist ein fast vollwertiges Familienmitglied. Lilou deckt für ihn, sie schaut mit ihm ihre Bücher an, er hat sein eigenes Kopfkissen, eine Zahnbürste, und sie hat ihm ihren Hund geschenkt.«
    »Sie deckt für ihn?« Simons Lachen erstarb. »Jetzt veräppelst du mich aber.«
    »Nein. Das ist mein voller Ernst. Sie behandelt Om, als wäre er real bei uns. Ich muss sogar etwas zu essen auf seinen Teller tun.«
    »Beunruhigt dich das nicht?«
    Hanna schob die losen Papiere zusammen und richtete die Kanten so exakt übereinander aus, als würde sie dafür einen Bonus bekommen. Sie spürte Simons Blick und ließ den Stapel los.
    »Die Ärztin sagt, das würde vorbeigehen. Ich soll Lilou beobachten, und wenn sie sich sonst normal benimmt, dann soll ich mir keine Sorgen machen.«
    Simon musterte sie. »Du machst dir aber Sorgen.«
    »Sie zieht sich immer mehr zurück. Es gibt nur Om. Er ist nicht nur ihr unsichtbarer Freund, er ist auch ihr einziger. Sie sitzt stundenlang in der Spielecke und baut Puzzles zusammen und brabbelt dabei vor sich hin, als ob sie mit ihm reden würde. Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich gar nicht mehr zu ihr durchdringe.«
    »Kein Wunder, dass du dich auch so zurückziehst. Das muss furchtbar sein, nach allem, was passiert ist …«
    »Wer sagt denn, dass ich mich zurückziehe?«, brauste Hanna auf.
    »Britt hatte so was angedeutet.«
    »Britt?«
    »Sie hat angerufen, wollte dich sprechen, und dabei hat sie erwähnt, dass sie sich Sorgen macht, weil du dich so zurückziehst. Und dass du sie meiden würdest.«
    »Ich meide sie nicht.«
    »Sie hat gesagt, sie hat mindestens ein Dutzend Mal bei dir vorbeigeschaut, und du hättest sie fast jedes Mal abgewiesen. Sie meint, dass du manchmal einfach nicht öffnest, obwohl sie genau hört, dass du da bist.«
    Hanna antwortete nicht. Es stimmte, was Britt sagte. Sie hatte sich zurückgezogen. Vergraben in ihre maßlose Wut und Enttäuschung, in ihre Sorge um Lilou, die sich von Tag zu Tag mehr von ihr zu entfernen schien. Die einzigen Menschen, die sie ansatzweise in ihr Leben gelassen hatte, waren Marten Stein und Linus – und das nur virtuell.
    »Meinst du nicht, du solltest langsam aus deinem Schneckenhaus auftauchen? Steve abhaken und mit dem Leben weitermachen?« Simon malte Strichmuster auf das aufgeschlagene Wochenblatt. »Ich will dir nicht zu nahe treten, aber …«
    Hanna winkte ab. »Lass mal. Ich weiß, du meinst es gut. Ich brauch einfach noch ein bisschen, okay?«
    Er zuckte die Schultern und wandte seine Aufmerksamkeit der Zeitung zu. Mit dem Finger fuhr er eine Spalte entlang und murmelte die Namen mehrerer Restaurants vor sich hin.
    »Suchst du was Bestimmtes?«
    »Was Besonderes.« Er errötete leicht. »Bezahlbar muss es aber auch sein.«
    »Vielleicht das Red? Hab ich letzte Woche einen Bericht drüber gelesen. Probier es doch mal aus.«
    Der Lärm, der durch die geschlossene Tür drang, war infernalisch. Hanna fragte sich, wie die Betreuerinnen das den ganzen Tag aushielten. Sie hoffte, dass Lilou heute nicht unbeteiligt in der Ecke

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