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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Kratzer.
    »Gah!« Er sank gegen die Bleischindeln. Wieder einmal rutschte er auf Knien. Es war doch nirgendwo so schön wie in einer vertrauten Umgebung …
    Durch den tosenden Schmerz hindurch hörte er langsamen Applaus von der Treppe. »Vitari«, stöhnte er und blinzelte zu ihr hinüber, als sie ins Sonnenlicht trat. »Wie kommt es … dass du immer dann auftauchst … wenn ich völlig am Boden bin?«
    »Weil ich daran so viel Spaß habe.«
    »Ihr Luder wisst gar nicht, was ihr für ein Glück habt … dass ihr nie einen solchen Schmerz fühlen müsst … wie nach einem Tritt in die Nüsse.«
    »Versuch’s mal mit Kinderkriegen.«
    »Eine nette Einladung … wenn ich in den dazu notwendigen Regionen etwas weniger angeschlagen wäre, würde ich dich da sicherlich beim Wort nehmen.«
    Aber wie so oft war sein Witz verschwendet. Vitari hatte ihre Aufmerksamkeit auf etwas gerichtet, das außerhalb der Brustwehr lag, ebenso wie Monza. Cosca rappelte sich mühevoll und o-beinig wieder auf. Eine lange Kolonne von Reitern hatte einen Hügel westlich der Stadt erklommen, von zwei nahe gelegenen Türmen eingerahmt. Die Staubwolke von den Hufen ihrer Pferde hinterließ einen braunen Fleck am Himmel.
    »Sie sind da«, sagte Vitari. Irgendwo hinter ihnen begann eine Glocke zu läuten, und schon bald fielen andere ein.
    »Und dort«, sagte Monza. Eine zweite Kolonne erschien. Gleichzeitig zog Rauch über einen Hügel im Norden.
    Cosca stand da, während die Sonne langsam den blauen Himmel hinaufstieg, und riskierte zweifelsohne einen heftigen Sonnenbrand auf seiner wachsenden kahlen Stelle auf dem Kopf, während er dem Heer Großherzog Orsos dabei zusah, wie es sich auf den Feldern rund um die Stadt verteilte. Ein Regiment nach dem anderen bezog seine Position, eine sorgfältig berechnete Bogenschussweite von den Stadtmauern entfernt. Eine große Einheit überquerte den Fluss in Richtung Norden und sorgte dafür, dass Visserine vollständig eingeschlossen war. Die Reiterei schirmte die Fußtruppen ab, bis sich die Soldaten in ordentlichen Reihen aufgestellt hatten, und zog sich dann wieder hinter diese Linien zurück. Die Truppen schienen fest entschlossen, alles zu plündern, was sie beim letzten Feldzug vielleicht übersehen haben mochten.
    Zelte wurden errichtet, und Wagen, die wie kleine Punkte auf den schlammigen Straßen hinter den Linien erschienen, rückten mit Vorräten heran. Den winzigen Verteidigern auf den Mauern blieb nichts anderes übrig, als zuzusehen, wie sich die Talineser in der Umgebung eingruben, so sauber und ordentlich wie ein riesiges Uhrwerk. Coscas Stil entsprach das nicht, nicht einmal in nüchternem Zustand. Das hier war eher ein Beispiel präzisier Pionierarbeit als genialer Kriegsführung, aber die Disziplin musste man dennoch bewundern.
    Er breitete die Arme aus. »Willkommen, ihr alle, zur Belagerung von Visserine!«
    Die anderen hatten sich ebenfalls auf dem Dach eingefunden und sahen zu, wie Ganmark die Stadt in die Zange nahm. Monza hatte die linke Hand in die Hüfte gestemmt, während die behandschuhte Rechte lose an ihrer Seite lag, und sie blickte mit düsterer Miene unter ihrem schwarzen Haar hervor. Espe stand auf der anderen Seite neben Cosca, die Brauen vorahnungsvoll zusammengezogen. Freundlich saß nahe der Tür zur Treppe und ließ die Würfel zwischen seinen im Schneidersitz überschlagenen Beinen rollen. Day und Vitari unterhielten sich leise etwas weiter entfernt an der Brüstung. Morveer sah sogar noch übellauniger aus als sonst, falls das überhaupt möglich war.
    »Hat denn niemand hier so viel Humor, dass er nicht auch einer kleinen Belagerung gewachsen wäre? Lacht doch mal, Kameraden!« Cosca klopfte Espe herzhaft auf den breiten Rücken. »Man bekommt nicht jeden Tag eine derart gut organisierte Truppe zu sehen! Wir alle sollten Monzas Freund, General Ganmark, zu seiner außergewöhnlichen Geduld und Disziplin beglückwünschen. Vielleicht sollten wir ihm einen Brief schreiben.«
    »Lieber General Ganmark.« Monza verzog den Mund, rollte die Zunge ein und spuckte über die Brustwehr. »Mit vielen Grüßen, Monzcarro Murcatto.«
    »Eine schlichte Note«, erklärte Morveer, »aber er würde es sicherlich zu schätzen wissen.«
    »Ziemlich viele Soldaten da unten«, brummte Espe.
    Freundlichs Stimme drang leise zu ihnen hinüber. »Dreizehntausendvierhundert ungefähr.«
    »Überwiegend talinesische Einheiten.« Cosca richtete sein Fernglas auf das große Heer. »Ein paar

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