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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Lust, auch die Linke zu benutzen, damit wir gleiche Bedingungen haben?«
    »Und einen Vorteil aufgeben? Du kennst mich ja wohl gut genug, dass ich das niemals täte!« Er deutete einen Schlag nach rechts an, nahm dann die andere Richtung und ließ sie ins Nichts parieren. Sie war schnell, aber nicht annähernd so schnell wie früher mit ihrer rechten Hand. Als sie an ihm vorbeiwollte, trat er ihr auf den Fuß, brachte sie ins Stolpern, und seine Degenspitze hinterließ einen kleinen Kratzer quer über der Narbe auf ihrer Schulter, so dass es wie ein Kreuz aussah.
    Sie schielte auf die Wunde, an deren äußerstem Rand sich ein Blutstropfen bildete. »Du alter Drecksack.«
    »Eine kleine Erinnerung, damit du immer an mich denkst.« Er wirbelte den Degen herum und ließ ihn mit großer Geste durch die Luft pfeifen. Sie sprang wieder auf ihn zu, und die Klingen schlugen aufeinander, schlugen, schlugen, stachen zu, parierten. Alles ein wenig ungeschickt, als versuchte man mit Handschuhen zu nähen. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatten sie ihre Fechtkunst vor Publikum zur Schau gestellt, aber die Jahre waren nicht gnädig mit ihnen beiden umgesprungen.
    »Eine Frage …«, murmelte er, während er die Augen nicht von ihr ließ. »Wieso hast du mich verraten?«
    »Mir hingen deine blöden Witze zum Hals raus.«
    »Ich verdiente es, verraten zu werden, das ist richtig. Jeder Söldner endet mit einem Messer in der Brust oder im Rücken. Aber von dir?« Er stieß zu und ließ einen Hieb folgen, vor dem sie zurückzuckte. »Nach allem, was ich dir beigebracht hatte? Was ich dir gegeben hatte? Sicherheit, Geld und einen Platz, wo du hingehörst? Ich habe dich wie meine Tochter behandelt!«
    »Wohl eher wie deine Mutter. Du hast vergessen, wie oft du so besoffen warst, dass du in deine Kleidung geschissen hast. Ich schuldete dir etwas, aber das hatte seine Grenzen.« Sie umkreiste ihn, suchte nach einer Bresche, und die Spitzen ihrer Degenklingen waren kaum einen Fingerbreit voneinander entfernt. »Ich allein wäre dir vielleicht in die Hölle gefolgt, aber meinen Bruder wollte ich nicht dahin mitnehmen.«
    »Wieso nicht? Der hätte sich dort glatt zu Hause gefühlt.«
    »Fick dich doch!« Sie legte ihn mit einer Finte herein, veränderte den Stoßwinkel und zwang ihn, mit der Eleganz eines sterbenden Frosches beiseitezuhüpfen. Er hatte vergessen, was für eine schwere Arbeit das Fechten war. Seine Lungen brannten bereits, und Schultern, Unterarm, Handgelenk und Hand schmerzten wie verrückt. »Wenn ich es nicht gewesen wäre, hätten die anderen Hauptmänner es getan. Sesaria! Victus! Andiche!« Sie stieß jeden der verhassten Namen mit scharfem Klang hervor und schlug gegen den Degen in seiner Hand. »Sie alle konnten dich in Afieri gar nicht schnell genug loswerden!«
    »Könnten wir den Namen dieses
verdammten
Orts vielleicht aus dem Spiel lassen?« Er parierte ihren nächsten Stoß und ging selbst zum Angriff über, dieses Mal beinahe mit seiner alten Spannkraft, und er trieb sie bis an den Rand des Daches. Er musste diesen Kampf beenden, bevor er an Erschöpfung starb. Wieder stieß er zu und bekam ihren Degen mit seinem zu fassen. Sie verlor das Gleichgewicht, und er drängte sie gegen die Brustwehr, zwang sie, sich rücklings immer weiter über die Zinnen zu beugen, und die Körbe der Waffen schabten aneinander, bis ihre Gesichter nur noch wenige Zoll voneinander entfernt waren und die tief unter ihnen liegende Straße hinter ihrem Kopf ins Blickfeld rückte. Er fühlte ihren keuchenden Atem auf seiner Wange. Für einen kurzen Augenblick hätte er sie beinahe geküsst und sie gleichzeitig beinahe vom Dach geworfen. Vielleicht tat er nur deswegen weder das eine noch das andere, weil er sich nicht entscheiden konnte.
    »Du warst mit der rechten Hand besser«, zischte er.
    »Du warst vor zehn Jahren besser.« Sie rutschte unter seinem Degen hindurch, und ihr behandschuhter kleiner Finger tauchte aus dem Nichts auf und piekte ihn ins Auge.
    »Iiiieeeh«, kreischte er und schlug die freie Hand auf sein Gesicht. Ihr Knie traf beinahe geräuschlos in seine Nüsse und schickte einen Speer aus Schmerz durch seinen Bauch bis in den Hals. »Uuuuffff …« Er stolperte, die Klinge fiel aus seinen zuckenden Fingern, und er krümmte sich atemlos zusammen. »Eine kleine Erinnerung, damit du immer an mich denkst.« Und damit fuhr die schimmernde Spitze von Monzas Degen über seine Wange und hinterließ einen brennenden

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