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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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das so sage«, meinte Monza leise, »aber ich bezweifle, dass dein Name heute noch ebenso viele Türen öffnet wie früher.«
    »Latrinentüren vielleicht.« Morveer schüttelte gehässig den Kopf. Day kicherte leise. Selbst Espe hatte die Mundwinkel zweifelnd verzogen.
    »Dann also Vitari und Morveer«, erklärte Monza knapp. »Es wird eure Aufgabe sein, den Palast zu beobachten. Findet heraus, wie wir hineingelangen können.« Die beiden sahen sich mit wenig begeisterten Gesichtern an. »Cosca, du verstehst doch etwas von Uniformen.«
    Er seufzte. »Mehr als die meisten Männer. Jeder Dienstherr will dir ja seine eigene verpassen. Ich hatte eine der Stadträte von Westport, ganz aus goldenem Tuch geschnitten und ungefähr so bequem wie ein Bleirohr um den …«
    »Etwas weniger Auffälliges würde unseren Absichten mehr entgegenkommen.«
    Cosca richtete sich auf und salutierte zackig. »Generalin Murcatto, ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um deine Befehle auszuführen!«
    »Sei vorsichtig mit dem, was in deinem Alter noch in deiner Macht steht, sonst verrenkst du dir noch was. Nimm Freundlich mit, sobald es mit den Angriffen losgeht.« Der Sträfling zuckte die Achseln und wandte sich wieder seinen Würfeln zu.
    »Wir werden die Toten gewissenhaft bis auf die nackten Ärsche ausziehen!« Cosca wandte sich zur Treppe, hielt aber kurz inne, als etwas in der Bucht seine Aufmerksamkeit erregte. »Ah! Herzog Orsos Flotte ist jetzt ebenfalls mit von der Partie.« Gerade eben konnte er die Schiffe am Horizont erkennen, deren weiße Segel das schwarze Kreuz von Talins trugen.
    »Noch mehr Besuch für Herzog Salier«, sagte Vitari.
    »Er war stets ein höchst aufmerksamer Gastgeber, aber selbst bei ihm bin ich mir nicht sicher, ob er der Aufgabe gewachsen ist, sich um so viele Gäste gleichzeitig zu kümmern. Die Stadt ist ringsum eingeschlossen.« Und Cosca grinste in den Wind.
    »Ein Gefängnis«, sagte Freundlich und lächelte beinahe ebenfalls.
    »Wir sind so hilflos wie Ratten in einem Sack!«, zischte Morveer. »Sie tun so, als sei das etwas
Gutes

    »Fünfmal wurde ich belagert, und ich habe die Erfahrung jedes Mal genossen. Die Möglichkeiten werden auf eine wunderbare Weise eingeschränkt, und das hat durchaus etwas Befreiendes.« Cosca zog tief die Luft durch die Nase ein und atmete laut wieder aus. »Wenn das Leben eine Zelle ist, dann gibt es nichts Befreienderes als Gefangenschaft.«

IM AUGE DES STURMS
    Feuer.
    Das nächtliche Visserine war ein Ort der Flammen und Schatten geworden. Ein endloses Labyrinth geborstener Mauern, eingestürzter Dächer und aus den Trümmern herausragender Balken. Ein Albtraum körperloser Schreie und geisterhafter Schatten. Gebäude ragten auf wie ausgenommene Muscheln, die blicklosen Löcher von Fenstern und Türen klafften schreiend auf, Feuer wälzte sich heraus, leckte hindurch, fasste nach der Dunkelheit. Verkohlte Balken stachen nach den Flammen, und die Flammen stachen zurück. Schauer weißer Funken stoben in den schwarzen Himmel, und Asche fiel als schwarzer Schnee wieder herab. Die Stadt hatte nun neue Türme, hässliche Schlote aus Rauch, die im Licht der Feuer schimmerten, die sie geboren hatten und die die Sterne verdunkelten.
    »Wie viele haben wir letztes Mal erwischt?« Die Flammen auf der anderen Seite des Platzes ließen Coscas Augen gelblich schimmern. »Drei, oder nicht?«
    »Drei«, krächzte Freundlich. Sie lagerten nun sicher in der Kiste in seinem Zimmer. Die Rüstungen zweier talinesischer Soldaten, von denen eine das viereckige Loch eines Flachbogenbolzens zierte, und die Uniform eines zierlichen jungen Leutnants, den er unter den Trümmern eines zusammengestürzten Schornsteins gefunden hatte. Pech für ihn, dachte Freundlich, aber andererseits war es ja seine eigene Seite, die für die Brände verantwortlich war.
    Vor den Mauern hatten die Truppen Katapulte aufgestellt, fünf auf dem westlichen Ufer des Flusses und drei auf dem östlichen. Auch auf den zweiundzwanzig Schiffen mit den weißen Segeln im Hafen befanden sich Feuerschleudern. In der ersten Nacht war Freundlich bis zum Morgengrauen wach geblieben, um sie zu beobachten. Sie hatten einhundertundachtzehn Brandsätze über die Mauern geworfen und überall in der Stadt Feuer entfacht. Feuer, die sich ausbreiteten, verloschen, sich trennten und miteinander vereinigten, so dass man sie nicht zählen konnte. Die Zahlen hatten Freundlich verlassen, so dass er allein und voller Angst

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