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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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wie sie langsam Haltung annahm. »Ganz sicher nicht den gerächten Toten. Sie verwesen ungeachtet dessen weiter. Auch nicht jenen natürlich, an denen Rache genommen wird. Allesamt Leichen. Und jene, die Rache nehmen, was ist mit ihnen? Glauben Sie, sie schlafen besser, wenn sie einen Mord nach dem anderen auf ihr Gewissen geladen haben? Wenn sie die blutige Saat Hunderter anderer Racheakte ausgebracht haben, die nun folgen werden?« Sie umkreiste ihn und zermarterte sich den Kopf, ob ihr nicht irgendein Trick einfallen wollte, mit dem sie ihn töten konnte. »All die vielen Toten in der Bank in Westport, das war Ihre berechtigte Rache? Und das Blutbad bei Cardotti, war das eine angemessene Antwort?«
    »Es war nicht zu vermeiden!«
    »Ah, es war nicht zu vermeiden. Die Lieblingsentschuldigung nicht überprüfter, böser Echos, die aus den vergangenen Jahrhunderten zu uns herüberschallen und nun auch aus Ihrem verdrehten Mund kommen.« Er tänzelte auf sie zu, und ihre Degen fuhren singend gegeneinander, einmal, zweimal. Er stach nach ihr, sie parierte und erwiderte den Stich. Jeder Kontakt der beiden Klingen ließ einen scharfen Schmerz durch ihren Arm fahren. Sie biss die Zähne zusammen und zwang sich, weiterhin verächtlich dreinzublicken, aber sie konnte nicht verbergen, wie sehr es wehtat und wie ungeschickt sie war. Wenn sie mit der Linken vielleicht noch eine kleine Aussicht besessen hatte, den Kampf für sich zu entscheiden, mit der Rechten war ihr nichts davon geblieben, und das wusste er bereits.
    »Weshalb das Schicksal beschloss, Sie zu verschonen, werde ich nie begreifen, aber Sie hätten sich leise dafür bedanken und sich dann unsichtbar machen sollen. Wir wollen doch nicht so tun, als hätten Sie und Ihr Bruder nicht genau das verdient, was Sie auch bekommen haben.«
    »Fick dich! Ich habe das nicht verdient!« Doch noch während sie sprach, keimte Zweifel in ihr auf. »Und mein Bruder schon gar nicht!«
    Ganmark schnaubte. »Niemand wäre eher bereit, einem hübschen Mann zu vergeben, aber Ihr Bruder war ein rachsüchtiger Feigling. Ein charmanter, gieriger, gewissenloser, rückgratloser Parasit. Ein Mann von so niedrigem Charakter, wie man ihn sich nur vorstellen kann. Das Einzige, das ihn vor der völligen Wertlosigkeit bewahrte, waren Sie.« Er sprang mit tödlicher Geschwindigkeit auf sie zu, und sie wirbelte zur Seite, rutschte keuchend gegen einen Kirschbaum und kam inmitten eines Schauers weißer Blüten wieder auf die Beine. Er hätte sie zweifelsohne durchbohren können, aber er blieb still wie eine Statue stehen, den Degen gezückt, und er lächelte leise, während er ihr dabei zusah, wie sie sich ihren Weg freihieb.
    »Und sehen wir den Tatsachen ins Auge, Generalin Murcatto. Sie selbst waren trotz all Ihrer zweifelsohne vorhandenen Fähigkeiten kein Ausbund an Tugend. Es gab vermutlich hunderttausend Menschen, die gute Gründe gehabt hätten, Ihren verhassten Kadaver von dieser Brüstung zu werfen!«
    »Aber nicht Orso! Er nicht!« Sie führte einen flachen Hieb, stach schlecht gezielt nach seinen Hüften, zuckte zusammen, als er ihren Degen beiseitefegte und den Griff in ihrer verkrüppelten Hand erzittern ließ.
    »Wenn das ein Witz sein soll, dann ist er nicht besonders lustig. Wollen Sie mit dem Richter hadern, wenn das Urteil doch ganz offensichtlich mehr als gerecht ist?« Er setzte die Füße mit der Sorgfalt und Genauigkeit, mit der ein Maler Öl auf eine Leinwand aufbringt, und trieb sie wieder auf den gepflasterten Hof zurück. »An wie vielen Toden waren Sie beteiligt? An wie viel Zerstörung? Sie sind eine Straßenräuberin! Eine in den Himmel gehobene Profitjägerin! Sie sind eine Made, die im verwesenden Leichnam Styriens fett geworden ist!« Drei weitere Schläge mit der Schnelligkeit eines Bildhauers, der mit dem Hammer auf seinen Meißel schlägt, und er peitschte ihren eigenen Degen in ihrem schmerzenden Griff einmal in diese, einmal in jene Richtung. »Das haben Sie nicht verdient, sagen Sie zu mir,
nicht verdient
? Dieser Witz, den Sie als rechte Hand nutzen, ist schon peinlich genug. Bitte erniedrigen Sie sich nicht noch mehr.«
    Sie machte einen müden, schmerzerfüllten, ungeschickten Ausfall. Er wehrte ihn verächtlich ab, machte einen eleganten Schritt zur Seite und ließ sie ins Leere laufen. Sie erwartete seinen Degen im Rücken, aber stattdessen trat sein Stiefel in ihren Hintern und schickte sie bäuchlings auf das Pflaster. Wieder flog Bennas Degen aus

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