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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ihren tauben Fingern. Es war beinahe sinnlos, wieder aufzustehen. Sie würde schon bald wieder hier liegen, nachdem er sie durchbohrt hatte. Ihre rechte Hand pochte und zitterte. Die gestohlene Uniform war an der Schulter dunkel vor Blut, das auch von ihren Fingern tropfte.
    Ganmark schlug mit eleganter Handbewegung eine Blüte von einer Staude ab, die gut berechnet in seine wartende Hand sprang. Er hob den Kopf und holte tief Luft. »Ein wunderschöner Tag und ein guter Ort zum Sterben. Wir hätten Sie in Fontezarmo erledigen sollen, zusammen mit Ihrem Bruder. Aber jetzt ist es auch in Ordnung.«
    Ihr fielen keine klugen letzten Worte ein, daher legte sie nur den Kopf in den Nacken und spuckte ihn an. Die Spucke klatschte gegen seinen Hals, seinen Kragen, seine makellose Uniform. Keine große Rache vielleicht, aber immerhin etwas. Ganmark betrachtete den Fleck. »Eine echte Dame bis zum letzten Augenblick.«
    Seine Augen schweiften zur Seite, und er sprang mit einem Ruck beiseite, als etwas an ihm vorüberblitzte und in ein Blumenbeet fiel. Mit einem wilden Fauchen stürzte sich Cosca auf ihn, bellte wie ein verrückter Hund und trieb den General wieder auf den gepflasterten Platz.
    »Cosca!« Schwankend hob sie den Degen. »Wie immer spät.«
    »Ich war leider nebenan ein wenig beschäftigt«, knurrte der alte Söldner, der innehielt, um wieder zu Atem zu kommen.
    »Nicomo Cosca?« Ganmark warf ihm einen prüfenden Blick zu. »Ich hielt Sie für tot.«
    »Es gab stets falsche Berichte über meinen Tod. Wunschdenken …«
    »… seitens seiner vielen Feinde.« Monza richtete sich auf und schüttelte die Erschöpfung aus ihren Gliedern. »Wenn Sie die Absicht haben, mich zu töten, dann sollten Sie es tun, anstatt nur davon zu reden.«
    Ganmark wich langsam zurück und zog dabei mit der linken Hand sein kurzes Eisen aus der Scheide. Er richtete die kurze Waffe auf sie, den langen Degen auf Cosca, und seine Augen glitten von einem zum anderen. »Oh, dazu bleibt noch genug Zeit.«
     
    Espe war nicht er selbst. Oder vielleicht war er es doch, endlich. Der Schmerz hatte ihn verrückt werden lassen. Oder das Auge, das man ihm gelassen hatte, arbeitete nicht richtig. Oder der Rausch der Spreupfeifen, die er in den letzten zwei Tagen geraucht hatte, hatte ihn noch im Griff. Aber was auch immer der Grund sein mochte, er war in der Hölle.
    Und ihm gefiel es dort.
    Der lange Saal pulsierte, schwamm wie ein wellenbewegter Teich. Sonnenlicht tänzelte verschwommen durch die Fenster, stach und zuckte durch Hunderte von schimmernden Glasquadraten in seine Richtung. Die Statuen leuchteten, lächelten, schwitzten, jubelten ihm zu. Er hatte jetzt vielleicht ein Auge weniger als vorher, aber er sah die Dinge klarer. Der Schmerz hatte all seine Zweifel, seine Ängste, seine Fragen, seine Wahlmöglichkeiten weggewischt. Den ganzen Scheiß, der nur totes Gewicht für ihn gewesen war. Das war alles nichts als Schwäche und Lügen und vergebene Liebesmühe. Er hatte sich selbst dazu gebracht zu glauben, die Dinge seien kompliziert, obwohl sie wunderbar, herrlich einfach waren. Seine Axt hatte alle Antworten, die er brauchte.
    Ihre Klinge fing das Sonnenlicht und hinterließ einen großen, weißen Fleck, und als er sie einem Mann in den Arm hackte, schickte sie schwarze Streifen in die Luft. Flatterndes Tuch. Zerfetztes Fleisch. Zersplitterte Knochen. Metall, gebogen und verdreht. Ein Speer fuhr kreischend über Espes Schild, und er schmeckte das Brüllen in seinem Mund, das geradezu süß war, als er die Axt erneut schwang. Sie krachte in einen Brustpanzer und hinterließ eine tiefe Delle, schmetterte einen Körper gegen eine narbige Urne, die daraufhin zerbrach, und sein Gegner wälzte sich in einem Bett aus Tonscherben auf dem Boden.
    Die Welt war von innen nach außen gekehrt, so wie die schimmernden Innereien des Offiziers, dem er gerade eben den Bauch aufgeschlitzt hatte. Früher wurde er müde beim Kämpfen. Nun wurde er nur stärker und stärker. Der Zorn wallte in ihm auf, leckte aus ihm heraus, steckte seine Haut in Flammen. Mit jedem Hieb, den er austeilte, wurde es schlimmer, besser, und die Muskeln brannten, bis er den Schmerz herausschreien, lachen, singen, schlagen, tanzen, kreischen musste.
    Er wehrte einen Degen mit seinem Schild ab, riss ihn aus einer Hand, stürzte sich auf den Soldaten dahinter, umschlang ihn mit den Armen, küsste sein Gesicht, leckte es ab. Er brüllte, als er mit brennenden Beinen losrannte und ihn

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