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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Ich muss sagen, ich war doch sehr überrascht, als ich erfuhr, dass Prinz Arios Lieblingsmätresse hier in Sipani ist. Ich hörte, dass Sie sonst kaum aus seinem Schlafzimmer herauszukriegen sind.« Vitari drängte sie in den Eingang, und Monza zog sich in den dunklen Flur zurück, kurz zusammenzuckend, als bei den ersten Bewegungen ein scharfer Schmerz durch ihre Beine fuhr.
    »Was auch immer der Achterbund Ihnen bietet, ich zahle …«
    »Ich arbeite nicht für diese Leute, und Ihre Unterstellung beleidigt mich. Erinnern Sie sich nicht mehr an mich? Damals, in Dagoska? Erinnern Sie sich nicht mehr daran, wie Sie versuchten, die Stadt an die Gurkhisen auszuliefern? Und dann dabei erwischt wurden?« Monza sah, wie Vitari etwas auf die Pflastersteine fallen ließ – eine kreuzförmige Klinge, die am Ende einer Kette tanzte und klapperte.
    »Dagoska?« Eiders Gesicht war plötzlich von seltsamem Entsetzen erfüllt. »Nein! Ich habe alles getan, was er verlangt hat! Alles! Wieso sollte er …«
    »Oh, ich arbeite nicht mehr für den Krüppel.« Vitari beugte sich näher zu ihr heran. »Ich habe mich selbstständig gemacht.«
    Die Frau im roten Mantel stolperte über die Schwelle in den Flur. Als sie sich umwandte, sah sie, dass Monza dort wartete, die behandschuhte Hand locker am Griff ihres Degens. Die Frau blieb wie angewurzelt stehen, und ihr harter Atem hallte von den feuchten Wänden wider. Vitari schloss die Tür hinter ihnen, und der Riegel fiel mit einem endgültig klingenden Klicken zu.
    »Hier entlang.« Sie gab Eider einen Schubs, die daraufhin beinahe über ihren eigenen Mantelsaum fiel. »Wenn Sie so freundlich wären.« Noch ein Schubs, als sie gerade wieder das Gleichgewicht erlangt hatte, und nun stürzte sie tatsächlich. Vitari zog sie an einem Arm empor, und Monza folgte ihnen langsam in eines der Zimmer, die Kiefer fest zusammengepresst.
    Ebenso wie ihr Kiefer hatte auch das Zimmer schon bessere Tage gesehen. Über den bröckelnden Putz, von der Feuchtigkeit aufgeworfen, zogen sich schwarze Stockflecken, die schale Luft roch nach Fäulnis und Zwiebeln. Day hatte es sich in einer Ecke gemütlich gemacht, zeigte ein sorgloses Lächeln und rieb eine Pflaume von der Farbe einer frischen Prellung an ihrem Ärmel blank. Sie hielt Eider die Frucht hin.
    »Eine Pflaume?«
    »Was? Nein!«
    »Wie Sie meinen. Die sind allerdings ziemlich lecker.«
    »Hinsetzen.« Vitari schob Eider zu einem wackligen Stuhl, der das einzige Möbelstück darstellte. Gewöhnlich war es eine gute Sache, wenn man den einzigen Platz ergattern konnte. Jetzt allerdings nicht. »Es heißt zwar, die Geschichte drehe sich im Kreis, aber wer hätte gedacht, dass wir uns unter diesen Umständen wiedersehen würden? Da steigen einem doch die Tränen in die Augen, nicht wahr? Ihnen jedenfalls.«
    Carlot dan Eider sah allerdings nicht so aus, als wollte sie demnächst zu weinen anfangen. Sie saß kerzengerade da, die Hände im Schoß gefaltet. Überraschend gelassen, angesichts der Lage der Dinge. Beinahe würdevoll. Die erste Blüte der Jugend lag hinter ihr, aber sie war noch immer eine höchst beeindruckende Frau, und alles an ihr war sorgfältig gezupft, geschminkt und gepudert, um ihre Vorzüge ins beste Licht zu rücken. Um ihren Hals lag eine Kette aus roten Edelsteinen, Gold schimmerte an ihren langen Fingern. Sie sah mehr wie eine Gräfin denn wie eine Mätresse aus, und in diesem heruntergekommenen Zimmer wirkte sie so deplatziert wie ein Diamantring auf einem Müllhaufen.
    Vitari umrundete langsam den Stuhl und beugte sich vor, um ihr ins Ohr zu zischen: »Sie sehen gut aus. Sie haben sich schon immer darauf verstanden, auf den Füßen zu landen. Ein ganz schön verrückter Weg, was? Von der Magisterin der Gewürzhändlergilde zur Hure von Prinz Ario?«
    Eider zuckte nicht einmal zusammen. »Jeder verdient sich seinen Lebensunterhalt auf seine Weise. Was wollen Sie?«
    »Nur reden.« Vitaris Stimme klang so rauchig und verführerisch wie die eines Liebhabers. »Es sei denn, dass wir nicht die Antworten bekommen, die wir wollen. Dann müssten wir Ihnen wehtun.«
    »Das würde Ihnen sicherlich Spaß machen.«
    »Jeder verdient sich seinen Lebensunterhalt auf seine Weise.« Unerwartet versetzte sie Arios Mätresse einen heftigen Schlag in die Rippen, hart genug, um sie beinahe vom Stuhl zu werfen. Eider krümmte sich zusammen, keuchte, und Vitari beugte sich über sie und schlug erneut mit der Faust zu. »Noch einmal?«
    »Nein!«

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