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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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»Haben Glück gehabt, dass ich keinen in Stücke gehauen habe.«
    »Gewöhne dich daran. Wir sind hier in Sipani. Stadt der Nachtschwärmer. Stadt der Strolche.«
    Strolche gab es tatsächlich in Hülle und Fülle. Männer drückten sich auf Stufen, an Ecken, unter Brücken herum und warfen ihnen böse Blicke zu. Frauen auch, schwarze Umrisse in Eingängen, die von hinten beleuchtet wurden und die trotz der Kälte manchmal kaum Kleidung trugen. »Ein Waag!«, rief ihm eine von einem Fenster aus zu, die ein dünnes Bein in der Düsternis herabhängen ließ. »Für ein Waag kriegst du die Nacht deines Lebens! Na schön, zehn Bruch! Acht!«
    »Verkaufen sich«, brummte Espe.
    »Jeder verkauft sich«, erklang Monzas gedämpfte Stimme. »Wir sind …«
    »Ja, ja. Wir sind hier im verdammten Sipani.«
    Monza hielt plötzlich inne, und beinahe wäre er gegen sie geprallt. Dann schlug sie die Kapuze zurück und spähte in einen schmalen Eingang in einer bröckelnden Mauer. »Hier ist es.«
    »Du führst einen Mann aber wirklich zu den ersten Adressen der Stadt, was?«
    »Vielleicht bekommst du später noch eine richtige Führung. Im Augenblick haben wir noch etwas Geschäftliches zu erledigen. Mach einen gefährlichen Eindruck.«
    »Na schön, mein Häuptling.« Espe richtete sich zu voller Größe auf und zog sein finsterstes Gesicht. »Wie du willst.«
    Sie klopfte, und wenig später schwang die Tür zitternd auf. Eine Frau, lang und dünn wie eine Spinne, stand in einem schwach erhellten Flur und sah sie an. Sie hatte so eine gewisse Art dazustehen, die Hüften locker und eine Seite vorgeschoben, den Arm auf den Türrahmen gelegt; ein dünner Finger tippte leise auf das Holz. Als ob ihr der Nebel und die Nacht ebenso gehörte wie die Leute, denen sie gerade geöffnet hatte. Espe hielt seine Lampe ein wenig höher. Ein hartes, scharf geschnittenes Gesicht mit einem wissenden Lächeln, von Sommersprossen übersät; das kurze rote Haar stand ihr in allen Richtungen vom Kopf ab.
    »Schylo Vitari?«, fragte Monza.
    »Dann musst du Murcatto sein.«
    »So ist es.«
    »Der Tod steht dir.« Sie musterte Espe mit zusammengekniffenen Augen. Kalte Augen, in denen ein grausamer Sinn für Humor zu schimmern schien. »Wer ist dein Dienstmann?«
    Er antwortete selbst. »Mein Name ist Caul Espe, und ich diene ihr nicht.«
    »Nein?« Sie grinste Monza an. »Wem dient er dann?«
    »Ich diene nur mir selbst.«
    Darauf erwiderte sie ein scharfes Lachen. Alles an ihr schien eckig und kantig zu sein. »Wir sind hier in Sipani, mein Freund. Hier dient jeder irgendeinem anderen. Nordmann, was?«
    »Hast du ein Problem damit?«
    »Bin mal von so einem eine Treppe hinuntergeworfen worden und kriege seitdem bei Treppen eine Gänsehaut. Wieso Espe?«
    Damit hatte sie ihn kalt erwischt. »Was?«
    »Nach dem, was ich gehört habe, ist es oben im Norden doch so, dass sich ein Mann seinen Namen verdient. Durch große Taten und so. Wieso Espe?«
    »Ah …« Das Letzte, was er wollte, war, vor Monza wie ein Idiot dazustehen. Er hoffte immer noch darauf, dass sie ihn doch wieder in ihr Bett ließ. »Weil meine Feinde wie Espenlaub zittern, wenn sie mir gegenüberstehen«, log er.
    »Tatsächlich?« Vitari trat von der Tür zurück und warf ihm ein spöttisches Lächeln zu, als er sich unter dem niedrigen Rahmen duckte. »Dann musst du verdammt feige Feinde haben.«
    »Sajaam sagte, dass du hier ein paar Leute kennst«, sagte Monza, als die Frau sie in eine niedrige Wohnstube führte, die von einigen rauchenden Kohlen im Kamin notdürftig erhellt wurde.
    »Ich kenne jeden.« Mit diesen Worten nahm sie einen dampfenden Topf vom Feuer. »Brühe?«
    »Nicht für mich«, erklärte Espe, der sich gegen die Wand lehnte und die Arme verschränkte. Seit er Morveer kannte, stand er Gastfreundschaft wesentlich misstrauischer gegenüber als vorher.
    »Für mich auch nicht«, sagte Monza.
    »Wie ihr wollt.« Vitari füllte sich selbst eine Tasse ein und setzte sich, schlug ein Bein über das andere, und die schmalen Spitzen ihres schwarzen Stiefels wippten auf und ab.
    Monza nahm den einzigen anderen Stuhl und zuckte leicht zusammen, als sie darauf Platz nahm. »Sajaam sagte, du kannst dafür sorgen, dass Dinge erledigt werden.«
    »Und was müsst ihr beide erledigen?«
    Monza warf Espe einen Blick zu, und er zuckte die Achseln. »Ich habe gehört, dass der König der Union nach Sipani kommt.«
    »Das stimmt wohl. Er ist irgendwie zu der Überzeugung gelangt, er sei

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