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Rachekuss

Rachekuss

Titel: Rachekuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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stotterte Flora. »Ich wusste gar nicht, dass ihr befreundet seid.«
    »Sind wir auch nicht«, sagte Leonie grinsend. »Aber ich bin gut in Latein und Chemie und sie in Französisch und Mathe. Es ist ein reines Tauschgeschäft.«
    »Okay«, sagte Flora gedehnt und wandte sich dem Haus zu.
    »Ich geh jetzt übrigens noch in den ›Strohhalm‹, da ist heute offene Bühne und ein paar Kumpels von mir spielen so ’ne ziemlich wilde Mischung aus R’n’B und Punk. Wird bestimmt witzig. Haste Lust?«
    Flora fühlte sich mit einem Mal nur noch müde. Außerdem hatte sie wahrlich keine Lust auf besagte Musikmischung. Sie schüttelte den Kopf und hoffte, dass sie keine zu angewiderte Grimasse schnitt.
    »Okay. Schade, den ›Strohhalm‹ solltest du dir mal angucken. Ist ’ne witzige Musikkneipe, nicht so steril wie der ›Zirkel‹ mit dieser immer gleichen Musik und diesen doofen, ach so schönen Leuten«, sagte Leonie. »Dann zieh ich mal weiter.« Flora sah ihr irritiert nach, wie sie in ihren schweren Springerstiefeln und dem langen schwarzen Ledermantel in der Erlanger Nacht verschwand.
    Yanniks Anschuldigung wollte ihr nicht in den Kopf. Wie konnte er auf so eine Idee kommen, sie habe Stoffi an sich rangelassen? Die einzige Möglichkeit war, dass Stoffi – genau wie sie – Carina und diesen Akay in Floras Bett gesehen und hinterher das Foto geschossen hatte, um sich einen derben Scherz mit Yannik zu erlauben. Das würde schon zu seiner Art von Humor passen. Sie musste unbedingt mit Carina sprechen und fragen, ob die irgendetwas mitbekommen hatte. Als sie nach dem Handy griff, um sie anzurufen, bemerkte sie, dass eine SMS von ihr gekommen war, vor einer guten halben Stunde etwa, gerade als Yannik gegangen war. Carina schlug vor, sich mit Flora um elf Uhr am nächsten Morgen bei Mr Bleck, einem Coffeeshop am Hugenottenplatz, der gemeinhin als »Hugo« bezeichnet wurde, zum Lernen zu treffen.
    Flora versuchte, sie zu erreichen, bekam aber nur die Mailbox zu hören und bestätigte daher einfach nur die Verabredung am nächsten Vormittag.
    Sie starrte auf die Terrassentür und versuchte, nicht an die tote Maus zu denken, die dahinter lag. Immerhin war sie nun sicher, dass Yannik nicht hinter all den bisherigen Untaten stecken konnte. Aber wer hatte ihr dann die tote Maus vor die Tür geschmissen? Jemand, der in Yannik verliebt war? Eine eifersüchtige Furie? Aber wer? Etwa Leonie? Aber nur, weil die gerade an ihrem Haus vorbeigegangen war, musste sie ja nicht gleich mit toten Mäusen werfen. Und wenn sich doch Marie und Xenia einen Spaß daraus machten, Flora zu ärgern? Einfach so, aus reiner Bosheit. Flora wusste, dass Xenia gleich neben Carina in einem identisch hässlichen Hochhaus wohnte.
    Verwirrt legte sie sich schlafen. Es dauerte lange, bis Träume sie umfingen – und dann waren es Träume, auf die sie lieber verzichtet hätte. Yannik stand nackt vor ihr und sein Gesicht glich mit einem Mal dem von Elizeu. Sie schreckte hoch, schreiend, wie sie meinte, aber es war nur der Herbststurm, der am Dachfenster rüttelte. Unruhig sank sie zurück und sah doch nur neue Schreckensbilder. Carina in schwarzen Satanistenkleidern mit gepiercten Wangen, in Tränen aufgelöst, die Hände nach ihr ausstreckend und doch unerreichbar. Flora selbst saß in einem Auto, das rückwärts einen Berg hinunterrollte, verzweifelt trat sie aufs Bremspedal, das nicht reagierte. Überall suchte sie nach der Handbremse, doch es war nichts zu finden. So ging das bis in den frühen Morgen, als sie endlich noch einmal fest und traumlos einschlief. Um kurz vor neun wurde sie allerdings endgültig geweckt, weil ihre Eltern anriefen, um von sonnigen Bergalmen und langen Wanderungen zu berichten.

9. Kapitel
    Auszug aus dem psychiatrischen Gutachten, Prof. Dr. W. Metzler vom 02.12. d. J.:
    »…Die Patientin berichtet von sich wiederholenden traumatischen Situationen. Sie hat den Eindruck, ihr Umfeld habe diese Situationen heruntergespielt oder habe sie gar nicht wahrgenommen. (…) Die Krankheit kann durch eine als traumatisch erlebte Situation oder Lebensphase ausgelöst werden, gepaart mit eventuellen neurobiologischen Veranlagungen. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass sich die Symptome der Krankheit in ihrem Verlauf immer wieder ändern können. Die Diagnose stellt daher nur eine Momentaufnahme vor. Aktuell erscheint die Patientin ruhig und rational, was allerdings durch die momentane Medikation unterstützt wird.
    Das

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