Rachel
»obwohl Sie sich nicht an meine Anweisungen gehalten haben, was die Bücherkisten betrifft.«
Er sicherte die Zügel des Maultiergespanns, sprang vom Bock, verneigte sich leicht in Richtung der Lehrerin und öffnete die Tür der Kutsche für sie. Er musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um ihr nicht zu sagen, wie gleichgültig ihm ihre Bücher waren. »Ich halte mich selten an Anweisungen, Ma'am«, sagte er, »es sei denn, dass sie sinnvoll sind. Und das waren Ihre nun ganz gewiss nicht.«
Sie errötete und kletterte in die Kutsche, aus der immer noch Wasser tropfte. Sie raffte ihre Röcke in dem hoffnungslosen Versuch, zu verhindern, dass der Saum ihres Kleides nass wurde. Guffy hatte sich inzwischen wieder auf seinen Platz auf dem Kutschbock gesetzt und die Zügel in die Hand genommen.
»Wie ich sehe, Mr. Hargreaves, wissen Sie den Wert einer guten Ausbildung für unsere Kinder nicht zu schätzen«, sagte sie spitz.
Er unterdrückte ein Grinsen. »Im Gegenteil, Ma'am«, gab er gut gelaunt und ein wenig spöttisch zurück. »Ich halte sehr viel davon, dass unsere Kinder lesen, schreiben und rechnen lernen. Aber hier im Westen sind andere Fähigkeiten ebenso wichtig. Wenn diese Kutsche umgestürzt wäre, wäre das meiste wohl verloren gewesen. Ihre kostbaren Bücher natürlich - aber auch die Kutsche, die gesamte Fracht und wahrscheinlich die Hälfte der Maultiere. Guffy wäre wahrscheinlich unter der Last begraben worden und Sie - nun Sie wären vielleicht auch ertrunken. Denken Sie mal darüber nach, Frau Lehrerin. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag«, sagte er und tippte wie üblich mit den Fingern an seinen Hutrand - aber den Hut hatte er längst verloren. Wahrscheinlich schwamm das gute Stück jetzt schon ein paar Meilen stromabwärts. »Nichts für ungut und herzlich willkommen in Springwater.«
Wi eder errötete sie - und dabei wirkte sie noch eine Spur hübscher. Trey vergaß darüber fast, dass er auf dem Weg nach Choteau war, einem Ort, der gut fünfundzwanzig Meilen entfernt lag, um Miss Marjorie Manspreet davon abzuhalten, in eine Postkutsche nach Osten zu steigen - und für immer aus seinem Leben zu verschwinden. Jetzt war die Sache nahezu aussichtslos. Er würde den Rest des Tages und sicher bis in die Nacht hinein im Sattel sitzen müssen und es war mehr als fraglich, ob er noch in Choteau ankommen würde, bevor Marjorie die Stadt verlassen hatte. Das war ein Aufwand, zu dem er plötzlich nicht mehr die geringste Lust verspürte.
Er pfiff leise durch die Zähne und der Schecke trottete gehorsam heran. Miss English streckte noch einmal den Kopf aus dem Fenster der Kutsche. »Ich möchte mich entschuldigen«, sagte sie knapp. »Sie waren wirklich eine große Hilfe und dafür möchte ich Ihnen aufrichtig danken.«
»Nicht nötig, Ma'am«, erwiderte er und diesmal grinste er schräg. Es war einfach eine Reaktion auf ihre ganze Art, eine Reaktion, die er nicht länger unterdrücken konnte. Er wandte sich Guffy zu, der zufrieden auf dem Bock saß und Trey anstrahlte.
»Ich werde mich bei Gelegenheit revanchieren, Trey«, sagte er nur.
Trey stieg in den Sattel seines Hengstes, beugte sich vor und nahm mit einer Hand die Zügel auf. »Komm vorbei, wenn du wieder mal über Nacht in Springwater bleibst. Dann unterhalten wir uns in aller Ruhe über die Widerspenstigkeiten von Maultieren ...« - er senkte die Stimme zum Flüstern - »und anderen Wesen.«
Guffy lachte, nickte, setzte das Gespann in Bewegung und winkte Trey noch einmal kurz zu.
Trey wartete, bis die Kutsche hinter dem nächsten Hügel verschwunden war. Ihr nächstes Ziel war die Kutschstation in Springwater, die dem Ort den Namen gegeben hatte. Dort würde ein anderes Gespann auf Guffy warten und vielleicht sogar ein ausgeruhter Fahrer, der die Frachtkutsche übernehmen würde. Mit etwas Glück würde der Junge mal wieder eine Nacht in einem sauberen Bett schlafen, er würde eine anständige Mahlzeit aus June McCaffreys legendärer Küche bekommen und im Brimestone ein paar Gläser Whiskey trinken - auf Kosten des Hauses natürlich.
Da Emma, Treys elfjährige Tochter, sich zur Zeit auf Besuch auf der Wainwright Ranch befand - Miss Evangeline war schwanger, Emma konnte sich im Haushalt nützlich machen, auf den kleinen Sohn der Familie aufpassen und natürlich ihrer Freundin Abigail Gesellschaft leisten - beschloss Trey, der Kutsche zu folgen, sich etwas frisch zu machen und selbst eine Mahlzeit in der Kutschstation
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