Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
seiner Kinder in der Notaufnahme. Irgendeine allergische Reaktion auf Shrimps, die Krankenschwester und der diensthabende Assistenzarzt sagen, weder er noch seine Frau seien dem Mädchen für einen Moment von der Seite gewichen, und sie sei über Nacht eingewiesen worden.«
Er nahm noch einen kräftigen Schluck und stellte dann die Flasche ab. »Ich musste mich schwer beherrschen, um nicht zu fragen, ob Daddy die Kleine durch die Vorprüfung gewinkt hat, damit sie behandelt werden kann. Sie sagen alle, dass die Klage sie aus heiterem Himmel getroffen habe, und weigerten sich, darüber zu reden. Ich habe versucht, bei der Firmenzentrale von Well-Start jemanden zu erreichen, aber, oh Wunder, sie mauern. Ich habe Sean darauf angesetzt, weil er ein dickes Fell hat, was Frust und Langweile angeht, und weil er gut mit Dumpfbacken umgehen kann.«
Er konstruierte ein zweites, schwer einsturzgefährdetes Sandwich und verputzte es in Rekordzeit. »Heute Morgen waren die Ergebnisse der Autopsie da. Clarice hatte recht: keine Überraschungen.«
Er riss ein Stück Brot in zwei Teile, knetete es zu einem Ball und steckte es in den Mund. »Wo ist Robin?«
»Hinten im Atelier, bei der Arbeit.«
»Es muss schön sein, wenn man so produktiv sein kann. Ich habe Vitas Schwester anhand von Telefonverbindungslisten ausfindig gemacht. Ich musste fast einen Monat zurückgehen, bis ich eine Nummer aus Illinois fand, von regelmäßigem Kontakt kann man also nicht reden. Die Schwester – sie heißt Patricia – lebt in Evanston, und sie hatte zu Vitas Geburtstag angerufen. Was, wie sie mir gleich versichert hat, Vita umgekehrt für sie nie getan hätte.«
»War das, nachdem sie von Vitas Tod erfahren hatte, oder davor?«
»Danach.«
»Die Trauer scheint sich in Grenzen zu halten«, sagte ich. »Wie hat sie die Nachricht aufgenommen?«
»Sie war schockiert, aber das hat schnell nachgelassen, und dann wurde sie ziemlich sachlich. Sagte solche Sachen wie: ›Hm, wer wohl so was Schreckliches tut?‹ Und hatte dann auch gleich eine Antwort parat: ›Wenn ich wetten würde, würde ich sagen, Jay, denn er hasst Vita.‹«
»Der Exmann?«
»Bingo. Da sieht man mal wieder, warum jeder dich Doktor nennt und sich sofort vor dir in den Staub wirft, sobald du auftauchst. Jack ist ein gewisser Jackson J. Sloat. Vita und er haben sich vor fünfzehn Jahren scheiden lassen, doch Patricia meinte, die Schlacht ums Geld ging noch lange danach weiter. Er ist übrigens vorbestraft, unter anderem wegen Gewaltdelikten, und wohnt hier in L. A. In Los Feliz, das ist mit dem Auto höchstens vierzig Minuten von Vitas Adresse entfernt.«
Ich sagte: »Die haben einander gehasst, haben sich scheiden lassen und sind trotzdem in dieselbe Stadt gezogen?«
»Komisch, was? Vielleicht ist das so eine wahnhafte Hassliebe. Den guten alten Jay zu besuchen ist auf jeden Fall der nächste Schritt. Aber wenn er unser Übeltäter ist, könnte er schlau und manipulativ sein, und da er der Ex ist, rechnet er wahrscheinlich schon mit uns. Ich dachte, ich könnte vielleicht die unerschöpflichen Quellen deines Hirns anzapfen, um eine geeignete Strategie zu finden.«
»Wann hast du vor, mit ihm zu reden?«
»Sobald du mit Überlegen fertig bist. Er arbeitet in Brentwood, hoffentlich ist er dort oder zu Hause.«
»Was arbeitet er denn?«
»Er verkauft Klamotten in einer Luxusboutique.« Milo zog sein Notizbuch aus der Aktentasche. »Domenico Valli.«
Ich sagte: »Ach, deshalb hast du dich so aufgestylt.«
»Ganz im Gegenteil.« Er strich über sein Revers und blieb mit seinen Fingerkuppen an den Fasern hängen. »Wenn ich so reinkomme, fühlt er sich überlegen und lässt sich vielleicht eher gehen.«
Ich lachte. »Welche Vorstrafen hat Sloat?«
»Ein paar leichtere Verkehrsdelikte – Fahren ohne Führerschein, Fahren unter Alkoholeinfluss –, was jeder Asi, der was auf sich hält, für sein Selbstwertgefühl eben braucht. Zu den schwereren Kalibern zählen zwei Fälle schwerer Körperverletzung, eine davon mit einer Brechstange.«
»Wer waren die Opfer?«
»Ein Typ in einer Kneipe, Sloat und er gerieten aneinander, Sloat folgte ihm nach draußen. Sloat schlug ihm den Schädel ein, steckte aber selbst auch beachtliche Prügel ein. Auf die Art konnte er auf Notwehr plädieren, und vielleicht war da auch was dran, denn die Anklage wurde fallen gelassen. Der andere Vorfall war ähnlich, geschah aber in einer Bar. Sloat bekam Strafmilderung und wurde zu neunzig Tagen im
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