Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
County-Gefängnis verurteilt, von denen er sechsundzwanzig abgesessen hat.«
»Das ist genug Gewaltbereitschaft, um hellhörig zu machen«, sagte ich. »Zwei Vorfälle in Kneipen könnten auch darauf hindeuten, dass er ein Alkoholproblem hat – vielleicht etwas, das er mit Vita teilte. Entscheidend aber ist, dass er über Vitas Trinkgewohnheiten Bescheid wusste, er wusste, dass sie abends gern zur Flasche griff und dann wehrlos war. Und wenn das eine Hassliebe zwischen den beiden war, dürfte es ihm auch nicht schwergefallen sein, in die Wohnung zu gelangen.«
»Tut so, als hätte er Pizza dabei«, sagte Milo. »›Hi, Süße, du fehlst mir. Weißt du noch, wie wir uns immer die XL -Margarita mit Salami geteilt haben?‹«
Er rollte die Bierflasche zwischen seinen Handflächen. »Nach allem, was wir über Vita wissen, war sie misstrauisch, an der Grenze zu paranoid. Meinst du, sie wäre auf so was reingefallen?«
»Mit der Hilfe von Jack Daniel’s und dem Ruf der alten Zeiten?«, sagte ich. »Vielleicht schon.«
»Verdammte alte Zeiten. Meine Überprüfung ihrer Verbindungsnachweise deckt achtzehn Monate ab, und seine Nummer kommt nicht vor.«
»Vielleicht gab es eine andere Form von Kontakt?«, schlug ich vor. »Vita hat sich zumindest einmal sehr erfolgreich des Justizapparats bedient.«
»Sie hat ihn bis zuletzt vor Gericht gezerrt? Ja, das könnte sein Aggressionspotenzial durchaus erhöht haben.«
Er rief den stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt John Nguyen an und bat um eine rasche Überprüfung eventueller gerichtlicher Auseinandersetzungen zwischen Vita Gertrude Berlin und Jackson Junius Sloat.
Nguyen sagte: »Wenn die letzten fünf Jahre ausreichen, geht es ganz schnell.«
»Das genügt, John.«
»Einen Augenblick … Nein, da ist nichts. Berlin ist dieser Gruselfall von dir, richtig? Wie geht’s voran?«
»Nicht besonders.«
»Im Büro geht das Gerede um, dass diese Tat vielleicht der erste Auftritt eines durchgeknallten Serienkillers sein könnte.«
»Und ich dachte immer, du wärst mein Freund.«
»Ist ja nicht so, dass ich dir das wünsche, ich gebe nur weiter, was ich gehört habe. Und das Ganze ist nicht auf unserem Mist gewachsen. Gibt es größere Klatschbasen als Cops?«
»Ich wünschte, ich könnte widersprechen«, sagte Milo. »Gibt’s noch irgendetwas, das ich wissen sollte?«
»Ein paar von uns wünschen sich, dass wirklich eine Mordserie daraus wird. So was wäre äußerst karrierefördernd.«
»Wenn ihr den Fall wollt, könnt ihr ihn gern übernehmen.«
Nguyen lachte. »Wenn Bob Ivey pensioniert wird, bin ich hier der letzte Mohikaner, und selbst der Boss muss endlich offiziell zur Kenntnis nehmen, dass ich die ganze Arbeit mache. Also halt mich auf dem Laufenden.«
»Solange du für mich betest, John. Eine kleine Opfergabe für Buddha genügt.«
»Ich bin Atheist.«
»Och, ich bin nicht wählerisch.«
11
Während Milo aß und abwusch, gab ich ihm Tipps, wie man sich Jay Sloat am besten annähern sollte: ohne zu drohen, von vorneherein klarstellen, dass er nicht verdächtig sei, sondern nur jemand, von dem sich Milo wertvolle Informationen erhoffte.
Wichtig an Sloats Reaktion waren weniger seine Worte als vielmehr seine Körpersprache. Bei kriminellen Psychopathen ist das Furchtempfinden herabgesetzt, das heißt aber nicht, dass sie keine Affekte haben. Die intelligentesten und kältesten Soziopathen meiden jegliche Gewalt, denn Gewalt ist als Strategie ineffektiv. Diejenigen, die mit weniger IQ gesegnet sind, sind oft gezwungen, ihre Triebe auszuleben, mit Hilfe von Alkohol und Drogen oder auch Wutmantras, mit denen sie sich vor sich selbst rechtfertigen.
Wenn also Jay Sloat nicht der kälteste aller Killer war und tatsächlich seine Ex aufgeschlitzt hatte, müsste sich allein die Erwähnung des Themas schon in einer physischen Reaktion niederschlagen: einem sichtbaren Pulsieren der Halsschlagader, verengten Pupillen, angespannten Muskeln, dem leisesten Hauch von Schweiß am Haaransatz, verstärktem Lidschlag.
Milo sagte: »Ich mache den Lügendetektor.«
»Ist das nicht sowieso dein Job?«
Er fragte: »Was, wenn Sloat nicht reagiert?«
»Dann verrät uns das auch etwas über ihn.«
Ich hatte nichts gesagt, was er nicht schon längst wusste, trotzdem wirkte er auf dem Weg nach Brentwood entspannter. Vielleicht lag es aber auch an den diversen Sandwiches, die er vertilgt hatte.
Domenico Vallis Herrenboutique lag in der 26th Street, südlich vom San Vicente
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