Racheschwur (Flammenherz-Saga, Band 2) (German Edition)
gestanden und etwas beobachtet. Vielleicht war es genau dieser Reiter, den auch sie gesehen haben«, vermutete ich.
Seamus wollte gerade etwas antworten, als wir beobachteten, wie der Reiter sich in Bewegung setzte und hinter dem Hügel verschwand.
»Er reitet davon«, stellte Sarin fest. Ich nickte.
»Und wir werden ihm folgen.« Ich gab Seamus Pferd das Zeichen zum Aufbruch und es setzte sich umgehend in Bewegung. Mein Schwager versuchte mir laut protestierend die Zügel aus den Händen zu nehmen, doch ich umklammerte sie, als hinge mein Leben davon ab.
»Janet, das ist keine gute Idee«, rief er, während das Tier zügig über die Ebene galoppierte.
»Wir müssen hinterher. Ich bin mir sicher, dass Caleb und Kalech in Schwierigkeiten stecken und unsere Hilfe brauchen«, rief ich, den Kopf zur Seite gedreht, damit er mich verstehen konnte. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass Sarin und Vargan ihren Pferden auch die Sporen gegeben hatten und uns dicht folgten.
Wir erreichten den Hügel einige Zeit später, doch von dem geheimnisvollen Reiter war nichts mehr zu sehen. Da die Dunkelheit noch nicht ganz hereingebrochen war, konnten wir mit etwas Mühe seine Spuren erkennen und folgten ihnen. Sie führten uns den Hügel hinab und über eine weite Ebene. Unsere Pferde flogen förmlich über das verdorrte Gras, bis die Wiese einem steinigen Untergrund wich und es zunehmend schwerer wurde, Hufabdrücke zu erkennen.
Seamus zügelte unser Pferd. Neben uns kamen Sarin und Vargan zum Stehen und sahen ihn fragend an.
»Auf diesem steinigen Boden werden wir keine Spuren mehr finden«, stellte mein Schwager fest. »Außerdem kommt mir das Ganze hier nicht geheuer vor. Wir sollten auf der Stelle umkehren und später mit unseren Kriegern erneut aufbrechen, um nach Caleb und Kalech zu suchen«, schlug er vor.
»Ich werde ganz sicher nicht umkehren«, fauchte ich ihn an. Anschließend sah ich die beiden Zigeuner herausfordernd an. »Was ist mit euch?« Ich richtete mein Wort an Sarin. »Möchtest du Kalech im Stich lassen, obwohl er vielleicht in großer Gefahr schwebt und unsere Hilfe benötigt?« Sarins Gesicht wurde kreidebleich. Er hatte die Augen weit aufgerissen und sah mich entsetzt an. Dann schüttelte er den Kopf.
»Ich werde meinen Bruder nicht im Stich lassen«, erklärte er mit fester Stimme. Vargan musterte ihn einen Augenblick, dann murmelte er etwas Zustimmendes.
»Somit sind es drei Stimmen gegen eine«, sagte ich zu Seamus. Er hob ergeben die Hände in die Höhe und schnaubte.
»Wie ihr wollt, aber heult mir später nicht die Ohren voll«, brummte er. Ich deutete auf den Wald, der nicht weit entfernt vor uns lag.
»Dort finden wir bestimmt neue Spuren, denen wir folgen können«, erklärte ich zuversichtlich. Ohne eine Antwort presste Seamus die Schenkel gegen die Flanken des Pferdes und wir ritten los.
Auf das, was danach kam, war niemand von uns vorbereitet. Wir hatten gerade die ersten Bäume am Waldrand hinter uns gelassen und suchten in einigem Abstand voneinander nach Spuren, als Sarins gellender Schrei durch die Nacht hallte. In seiner Stimme lag so viel Schmerz, wie ich es noch nie zuvor, bei irgendeinem Menschen gehört hatte.
Seamus griff meine Hand und zusammen rannten wir in die Richtung, aus der wir seine Stimme vernommen hatten. Kurz darauf hörten wir ein klägliches Wimmern und Schluchzen. Vargan war vor uns bei Sarin angekommen, stand wie angewurzelt da und starrte zu dem dunkelhaarigen Jungen, der am Boden kauerte und etwas sanft in seinen Armen hin- und herwog.
Ich löste mich von Seamus und machte einige Schritte auf ihn zu, blieb dann ruckartig stehen und keuchte entsetzt auf, als ich sah, was er da in den Armen hielt.
Sarin sah zu mir auf und sein Gesicht war tränenüberströmt. Mit einer Hand strich er Kalech das schwarze Haar aus dem Gesicht und küsste seinen Bruder auf die Stirn.
»Er ist tot«, schluchzte der Junge und ein Weinkrampf schüttelte seinen ganzen Körper. Vorsichtig ging ich neben ihm in die Hocke und legte behutsam meine Hand auf seine Schulter.
Ein eisiger Wind zog über uns hinweg und erst jetzt bemerkte ich, dass ich weinte. Ich sah auf Kalech, der reglos in Sarins Umklammerung hing und mein Herz wurde schwer. Im nächsten Moment wich meine Trauer und blanke Furcht bemächtigte sich meiner. Was war mit Caleb? War ihm auch etwas zugestoßen?
Hilfesuchend sah ich zu Seamus, der jetzt neben mir stand. Auch in seinen Augen konnte ich die Angst
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