Racheschwur (Flammenherz-Saga, Band 2) (German Edition)
erkennen, die sich darin spiegelte. Mein Schwager ging neben uns in die Hocke und sah einen Augenblick lang auf Kalech. Anschließend richtete er das Wort an Sarin und mich. Seine Stimme war sanft, als er sagte:
»Für unsere Trauer haben wir später noch genügend Zeit. Es ist hier zu gefährlich. Vielleicht sind die Bastarde, die Kalech getötet haben noch in der Nähe. Wir sollten zusehen, dass wir schnellstmöglich von hier verschwinden.«
Sarin hob den Kopf und sah Seamus wütend an.
»Ich werde meinen Bruder ganz gewiss nicht hier auf dem Waldboden zurücklassen«, fauchte er und legte die Arme noch fester um die Leiche seines Bruders.
»Das sollst du auch nicht. Ich verspreche dir, dass wir ihn auf dem Rückweg mitnehmen, damit ihr ihm ein angemessenes Begräbnis zuteil werden lassen könnt.«
Ich konnte sehen, wie es im Kopf des Zigeunerjungen arbeitete und ich erkannte, dass er abzuwägen schien, was er jetzt tun sollte. Ich verstärkte den Druck meiner Hand auf seiner Schulter.
»Wenn du möchtest, helfen wir dir, deinen Bruder auf das Pferd zu heben. Ich bin dir nicht böse, wenn du umkehren willst, weil du Kalech nach Hause bringen möchtest«, flüsterte ich leise. Erschrocken sah Sarin auf.
»Ich … ich kann dich doch nicht alleine lassen«, stammelte er und wieder rannen Tränen seine Wangen hinab.
»Es ist in Ordnung, wenn du jetzt zurückreitest. Wir werden nachkommen, sobald wir wissen, wo Caleb ist«, versicherte ich ihm zuversichtlich und quälte mir ein Lächeln auf die Lippen. Doch die Angst und Unsicherheit schwang nur zu deutlich in meiner Stimme mit. Sarin runzelte die Stirn und schien angestrengt nachzudenken. Schließlich ließ er den Leichnam sanft zu Boden gleiten, stand auf und straffte die Schultern.
»Ich werde mit euch kommen. Seamus hat recht, es wird noch genügend Zeit zum Trauern geben. Kalech würde nicht wollen, dass ich euch und Caleb im Stich lasse und wie ein Hund mit eingezogenem Schwanz davonlaufe«, erklärte er resolut.
»Niemand wird dich verurteilen, wenn du nicht …«, begann ich doch Sarin hob die Hand und ich verstummte augenblicklich.
»Wir sind Freunde. Deshalb ist es meine Pflicht euch beizustehen. Ihr würdet mich auch nicht einfach im Stich lassen.« Eine gefühlte Ewigkeit sagte niemand etwas, dann nickte ich seufzend. Vargan nahm Kalechs Leiche und wickelte sie vorsichtig in eine Wolldecke. Anschließend hob er den leblosen Körper vom Boden auf und legte ihn sanft in den Schutz einiger Büsche.
»Lasst uns weiterreiten«, schlug Seamus vor. Sarin starrte noch einige Sekunden auf die Stelle, wo sein Bruder jetzt lag, dann schloss er kurz die Augen, atmete lautstark aus und schwang sich auf sein Pferd.
Caleb
Man hatte Caleb ein Seil um den Hals gebunden und einer der Reiter hatte das andere Ende am Knauf seines Sattels befestigt. Jetzt ritten sie durch den finsteren Wald und Caleb hatte Mühe, Schritt zu halten. Immer wieder stolperte er über einen morschen Ast, oder trat in ein Erdloch und wäre um ein Haar gestürzt, doch er fing sich jedes Mal in letzter Sekunde. Er durfte auf keinen Fall das Gleichgewicht verlieren.
Immer wieder schossen Caleb Duncans Worte durch den Kopf: " Doch zuerst wirst du eine alte Bekannte wiedersehen. "
Was hatte Duncan damit gemeint? Von welcher alten Bekannten hatte er gesprochen? Doch so sehr er sich auch den Kopf zermarterte, er fand keine Antwort. Also konzentrierte er sich wieder auf den unebenen Waldboden unter sich. Caleb hatte keine Ahnung, wohin Duncan ihn brachte. Er konnte nur hoffen, dass nicht Dunrobin-Castle sein Ziel war. Der Weg dorthin war weit und beschwerlich und Caleb mochte sich gar nicht vorstellen, ihn so zurücklegen zu müssen.
Irgendwann erkannte er, dass der Wald dichter wurde, und stellte erleichtert fest, dass die Männer deshalb langsamer reiten mussten. Die Bäume um ihn herum wirkten in der Dunkelheit, als wollten sie mit ihren knochigen Ästen nach ihm greifen.
Kurze Zeit später gab Duncan einen harschen Befehl und die Männer zügelten ihre Pferde. Schwer atmend sah sich Caleb um. Sie waren noch immer mitten im Wald. Weshalb hatten sie angehalten?
Plötzlich nahm er aus dem Augenwinkel einen Lichtschein wahr und drehte ruckartig den Kopf. In einiger Entfernung konnte er ein Lagerfeuer ausmachen und einige Gestalten, die sich dort aufhielten.
Jemand stieß Caleb unsanft in den Rücken, so dass er einige Schritte nach vorne taumelte, bevor er schließlich wieder
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