Racheschwur (Flammenherz-Saga, Band 2) (German Edition)
berichten, dass sie nicht länger im Moor leben mussten. Sie konnten es noch immer nicht so recht glauben, dass sie bald wieder einem Clan angehören würden, der seine schützende Hand über sie und ihre Familien hielt. Sie würden sich nach so langer Zeit als Gesetzlose endlich wieder wie rechtschaffene Leute fühlen.
Ich konnte nur zu gut verstehen, wie sie sich als Ausgestoßene gefühlt haben mussten. Jeden Tag die Angst, dass man vielleicht doch entdeckt werden würde und die Ungewissheit, wie man die eigene Familie ernähren sollte. Ich selbst hatte mich in den letzten Tagen genauso gefühlt. Doch die Bewohner des Moores hatten mir gegenüber einen entscheidenden Vorteil gehabt. Sie hatten ihre Familien bei sich und ihre Freunde um sich. Ich dagegen war allein gewesen.
Als wir die Schlucht hinter uns gelassen hatten, verstummten auch allmählich die angeregten Gespräche. Jetzt waren meine Begleiter aufmerksam und vermieden jegliche Ablenkung. Wir versuchten so oft es uns möglich war, im Schutz von Felsen oder am Rande der Wälder zu reiten. Hin und wieder jedoch blieb uns nichts anderes übrig, als auch kahle, ungeschützte Flächen zu überqueren.
Die Anspannung der Männer war förmlich greifbar. Immer wieder sahen sie sich suchend zu allen Seiten um. Diese Unruhe übertrug sich schließlich auch auf mich und ich nutzte meine höhere Position auf dem Pferd, um die Umgebung zu überwachen.
Zum ersten Mal seit Tagen zeigte sich die Sonne und warf ihre warmen Strahlen auf die Highlands. Ich hatte schon fast vergessen, wie es war, ihre Wärme auf meiner Haut zu spüren und reckte mein Gesicht begierig zum Himmel.
Schließlich kamen wir am südlichen Rand des Moors an, wo sich unsere Wege trennen würden. Patrick, Lewis und Adam mussten den Weg ins Moor nehmen, um zu ihren Familien zu gelangen und sie anschließend auf Malloy-Land führen.
Seamus, Vargan, Sarin und ich hingegen sollten noch ein Stück nach Osten reiten, um zu unserem Treffpunkt zu gelangen. Bald würde ich Caleb wiedersehen, schoss es mir durch den Kopf. Bei dem Gedanken beschleunigte sich mein Pulsschlag.
Nachdem Seamus Patrick ein letztes Mal erklärt hatte, wo sie auf uns warten sollten, verabschiedeten wir uns und sahen den drei Männern nach, wie sie im Torfmoor verschwanden. Erst als sie kaum noch zu erkennen waren, schwangen sich auch meine Freunde auf ihre Pferde und wir ritten los.
Wäre es nach mir gegangen, so hätte ich ein zügigeres Tempo angeschlagen, doch Seamus bremste meinen Eifer und erklärte, dass dies lediglich zur Folge haben würde, dass wir zu früh dort ankamen und auf Caleb und Kalech warten mussten. Außerdem war er der Meinung, dass ich in meinem Zustand so behutsam wie möglich reiten sollte. Ich seufzte, musste ihm aber recht geben.
Also fügte ich mich und wir ritten ganz gemächlich zu der Stelle, an der wir uns mit meinem Mann und Sarins Bruder treffen wollten.
»Hier ist es«, rief Sarin sichtlich aufgeregt und deutete auf eine krumm gewachsene, knorrige Birke, deren Form mich an einen sich krümmenden Menschenkörper erinnerte. Aufgeregt sah ich mich um, doch von Caleb und Kalech war weit und breit nichts zu sehen. Wieder huschte mein Blick zu meinem Handgelenk, wo ich gewohnt war, eine Armbanduhr zu erblicken und ich fluchte. Wann würde ich diese Gewohnheit endlich ablegen?
»Sind wir zu früh dran?«, fragte ich hoffnungsvoll an Seamus gerichtet. Der runzelte die Stirn und warf einen Blick zum Himmel.
»Eigentlich eher etwas zu spät. Die Mittagsstunde ist schon überschritten. Caleb und Kalech sollten bald eintreffen.« Vargan half mir vom Pferd und führte die Tiere zu den Bäumen, wo er ihre Zügel festband. Ich selbst lief unruhig auf und ab, wobei ich immer wieder in die Richtung sah, aus der ich meinen Mann sehnsüchtig erwartete.
»Du schleichst wie ein unruhiger Tiger umher«, erklärte Vargan, der sich mit dem Rücken gegen die unförmige Birke gelehnt hatte und mit einem Messer an einem Stück Rinde herumschnitzte.
»So fühle ich mich auch«, erwiderte ich.
»Setz dich zu uns und iss eine Kleinigkeit«, schlug Seamus vor, der im Schatten einiger Bäume Platz genommen hatte und die Tasche mit Proviant öffnete. Aufmunternd hielt er mir Brot und Käse entgegen, doch ich war zu aufgeregt, um auch nur einen Bissen hinunterzubekommen.
»Wie kannst du jetzt nur ans Essen denken?«, sagte ich vorwurfsvoll und schüttelte den Kopf.
»Weil ich Hunger habe«, entgegnete Seamus
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