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Rachespiel

Rachespiel

Titel: Rachespiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niamh O'Connor
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nach einem kleinen Jungen, der gestern Abend von hier verschwunden ist.«
    Daraufhin wurde es totenstill.
    »Was haben Sie da unten?«, fragte Jo den Betreiber, als sie den Kassenbereich betrat. Unter der Theke, auf Bein höhe des Kassierers, verbargen sich reihenweise nicht jugendfreie Hardcore- DVD s. »Ich schätze, dafür können Sie keine Lizenz vorweisen, oder?« Sie nahm ihm die Bons, die er gerade zusammengeklammert hatte, aus der Hand. »Sind das die von gestern Abend?« Datum und Uhrzeit auf dem obersten gaben ihr die Antwort. »Die brauche ich«, sagte sie und steckte sie in ihre Jackentasche.
    Dann warf sie einen Blick auf die Wand links von ihm. »Ist das die Tür zum Klo?«
    Er nickte.
    »Warum lassen Sie mich nicht gleich hier rein und ersparen mir den Umweg über die Außentür?«
    Vor sich hin brummend ging er voraus und drückte den Türgriff nach unten.
    Es war stockfinster in der Toilette, und die Luft war feuchtkalt. Die Betonwände verliehen ihr etwas Höhlenartiges, und das Geräusch des im Spülkasten gluckernden Wassers verstärkte den unheimlichen Eindruck. Außerdem stank es darin wie die Pest. Jo griff nach einer von der Decke baumelnden Schnur und zog daran, woraufhin eine nackte Glühbirne einen schmutzigen, etwa drei mal vier Meter großen Raum erhellte. Auf dem mit rotem Industrielack ge strichenen Boden identifizierte Jo die Ursache des Gestanks als flächendeckend verschmierten Hundekot.
    Tara stieß plötzlich ein Geheul aus, einen schrillen Klagelaut.
    »Ist der Kleine da drin?«, rief eine Frau aus der Schlange.
    »Können Sie was sehen?«, fragte ein Mann beunruhigt.
    Auf dem roten Betonboden, circa einen Meter vor der nächsten Wand, lag eine winzige Ray-Ban-Sonnenbrille.

5
    Eine halbe Stunde später hatte Jo alle aus der Tankstelle hin ausgescheucht und den ganzen Bereich absperren lassen, während bereits die Spurensicherung mit ihren schwarzen Ausrüstungskoffern eintraf. Gleich nach dem Fund von Presleys Sonnenbrille hatte sie Dan angerufen und verlangt, dass er den Fall endlich ernst nahm, indem er die an das forensische Labor im Hauptquartier angeschlossene Kriminaltechnik verständigte. Stattdessen hatte er jedoch die Jungs aus dem Bezirk geschickt, die vom eigenen Revier, was ihrer Meinung nach das Gleiche war, als hätte er ihr den Stinkefinger gezeigt. Nicht dass die Kollegen nicht vorzüglich darin ausgebildet wären, einen Tatort zu sichern – die Jungs machten ihren Job super, das wusste Jo –, aber sie wurden nur gerufen, wenn noch nicht feststand, ob überhaupt ein Verbrechen vorlag. Erst wenn sie hier ihre Voruntersuchung durchgeführt hatten, würde das forensische Team der kriminaltechnischen Abteilung grünes Licht bekommen, was alles nur eine weitere Verzögerung bei der Suche nach dem kleinen Presley bedeutete.
    Jo zwang sich, ruhig zu bleiben. Sie verstand immer noch nicht, warum zuerst Fred und jetzt auch noch Dan so wenig unternahmen, warum sie nicht Himmel und Hölle in Bewegung setzten, um das Kind in Sicherheit zu bringen. Tara stand am Straßenrand, den Spielzeughund an sich gedrückt, und zitterte am ganzen Körper. Der muslimische Betreiber zitterte ebenfalls – vor Wut. Mehrere Kunden hatten sich verdrückt, bevor er dazu gekommen war, ihnen Geld fürs Benzin abzuknöpfen.
    Jo kümmerte das nicht. »Wie heißen Sie, Sie Leuchte?«
    »Hassan«, antwortete er.
    »Und was genau ist Ihr Problem?«
    »Die da«, sagte er und zeigte mit dem Finger auf Tara, »hat sich gestern Abend, ohne zu bezahlen, aus dem Staub machen wollen. Das habe ich Ihren Leuten schon ge sagt. Sie ist es, die Sie unter Druck setzen sollten, nicht mich. Ich versuche hier nur, meinen Lebensunterhalt zu verdienen.«
    Tara hatte ihn gehört und kam herbei. »Wie oft muss ich Ihnen das noch erklären?«, schrie sie. »Ich wollte nicht abhauen, ich habe nur das Auto ein Stück weggefahren, weil ich Panik bekommen hatte bei dem Mist, der dort drinnen abging. Als dieser Skinhead mit Dosen um sich geworfen hat! Ich wollte nachsehen, ob mit meinem Sohn alles in Ordnung ist. Danach wäre ich sofort wieder rein und hätte bezahlt.«
    »Ach ja? Ich bin rausgelaufen und hab an Ihr Fenster geklopft und kein Kind auf dem Rücksitz gesehen.« Er stierte sie böse an.
    Betroffen wandte sich Jo zu Tara um.
    »Sie haben doch gar nicht hinten reingeguckt!«, schrie Tara.
    Einer vom Spurensicherungsteam kam aus der Tankstelle und rief Jo zu sich. Sie war ihm schon begegnet, er hieß Owen. Ein

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