Rachespiel
wie die Pest. Es hätte jede von ihnen treffen können. Die Junkies standen zusammen mit nur zweihundert Euro bei ihm in der Kreide, und die jüngste war gerade mal fünfzehn. Sie sind alle bereit, vor Gericht gegen Barry Roberts auszusagen. Das heißt, falls wir ihn finden.«
51
Dan saß auf einem Barhocker am Tresen des Molloy’s, einen Fuß unten auf den Messinglauf gestellt und den anderen auf den freien Hocker vor ihm. Nachdem sie Aishling am Revier abgesetzt hatte, hatte Jo sich auf die Suche nach ihm gemacht, um ihn über die neuesten Erkenntnisse zu in formieren. Sie hoffte, die Verbindung des Falls zu Barry Roberts würde Dan doch noch davon abhalten, die Ermittlungen einzustellen.
Er sah sich ein Fußballspiel im Fernsehen an, aber seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, nervte ihn der laufende Kommentar des ansässigen Pub-Experten in seinem Rücken höllisch.
»Kommst du oft her?«, fragte sie und nahm sich den freien Hocker neben ihm.
Er sah sie verblüfft an, nahm seinen Fuß vom Hocker und griff nach seinem Glas.
Whiskey, stellte Jo fest. Pur. So trank sie ihn auch am liebsten; sie konnte sich nur nicht erinnern, wann Dan zum letzten Mal direkt nach der Arbeit in den Pub gegangen war.
»Was möchtest du trinken?«, fragte er.
»Nur ein Wasser«, sagte Jo. »Ich muss noch fahren. Was hast du für einen Grund?«
»Ich schlafe heute Nacht in einem Hotel.« Er gab keine weitere Erklärung, sah ihr aber tief in die Augen.
Jo richtete ihren Blick auf den Fernseher. Nach einer Weile sagte sie: »Ich wollte nie deinen Job, Dan. Ich behaupte nicht, dass ich nicht befördert werden will. Das schon. Aber nicht auf deine Kosten.«
Als er seinen Whiskey mit zwei Schlucken hinunterkippte, fiel ihr auf, dass er eine Rasur nötig hatte.
»Ich würde es dir nicht mal übel nehmen. Du hast hart gearbeitet und viele Opfer für den Job gebracht. Es ist nur gerecht, wenn du dafür belohnt wirst. Du bist mir nichts mehr schuldig.«
Jo gefiel seine Redeweise nicht. »Was für Opfer habe ich denn gebracht, Dan?«
»Vergiss es, sollte keine Stichelei sein.«
Sie holte tief Luft und lehnte sich zu ihm vor. »Dan, wir haben uns getrennt, weil ich noch ein Kind wollte und du nicht. Jede Chance, die wir hatten, uns irgendwie zu versöhnen, war futsch, als du was mit Jeanie angefangen hast. Das ist unsere Geschichte, nur damit das klar ist.«
»Das habe ich anders in Erinnerung«, sagte er und machte dem Barkeeper, der gerade eine Flasche stilles Wasser für Jo öffnete, ein Zeichen, ihm nachzuschenken.
Jo stürzte sich wie ein Habicht darauf. »Los, red weiter …«
»Ich will mich nicht streiten«, sagte Dan, als der Barmann sein leeres Glas vom Tresen nahm und sich damit entfernte.
Jo stand auf. Wenn sie blieb, war eine Auseinandersetzung unvermeidlich. Ihr Blutdruck stieg mit jeder Sekunde, und hinzu kam die Wut darüber, dass der verdammte Kerl nach allem, was passiert war, immer noch diese Wirkung auf sie hatte. Sie biss auf die Innenseite ihrer Wange, um sich zu beherrschen. Jedes Mal, wenn sie ein Stück auf ihn zuging, um ihm die Hand zu reichen, machte er das – bog alles so zurecht, wie es ihm passte. Sie bereute es schon wieder, überhaupt den Versuch einer Annäherung gemacht zu haben. Sie konnte einfach nicht mehr.
»Ich fand halt nicht, dass du die geborene Mutter bist«, sagte er.
Sie erstarrte mit dem Rücken zu ihm, ihre Kinnlade klappte herunter. Auch wenn ihre Streits in letzter Zeit schon auf ein ziemlich niedriges Niveau gesunken waren, markierte diese hingeworfene Bemerkung einen neuen Tiefpunkt.
»Bei all der Energie, die du in den Job gesteckt hast, warst du immer so kaputt, wenn du abends nach Hause kamst, dass du mir und Rory nichts mehr geben konntest«, fuhr er fort. »Es kam mir nicht richtig vor, unter diesen Bedingungen noch ein Kind in die Welt zu setzen.«
Jo wirbelte herum. »Ich hoffe für dich, dass du dein Gerede morgen mit Alkohol entschuldigen kannst, denn ich persönlich bin ausgesprochen stolz auf den jungen Mann, zu dem ich meinen Sohn erzogen habe. Tut mir leid, wenn ich nach einem langen Arbeitstag nicht mehr fit genug für eine Poledancing-Nummer im Schlafzimmer war. Die neue Mutter in deinem Leben kriegt das ja vielleicht hin.«
Dan kniff sich mit einer Hand zwischen die Augen und hielt ihren Arm mit der anderen fest. »Entschuldige bitte, ich hab einfach viel um die Ohren zur Zeit«, platzte er heraus.
Jo riss sich los. Er stand auf und trat nahe an sie
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