Rachespiel
Freundin vor. Ich habe Kuchen und Kekse mitgebracht.« Sie schluckte und atmete tief durch. »Ich wollte nicht wegfahren, ohne sie gesehen zu haben.«
»Das musst du aber. Wenn es ein Wiedersehen gibt, dann zu Sals Bedingungen und nicht deinen. Ich werde nicht von ihr verlangen …«
Er erhaschte eine Bewegung hinter sich im Flur. Schnell packte er Dorothy am Arm, zog sie auf den kurzen Gartenpfad, der im Frühjahr von den Primeln eingefasst sein würde, die er mit Sal gesetzt hatte, und machte die Pforte auf.
»Schon gut, schon gut, ich gehe«, sagte Dorothy mit erstickter Stimme. »Aber nimm wenigstens den Schokoladenkuchen für Sal mit. Sie wär nicht meine Tochter, wenn sie kein Süßschnabel wäre.«
Als die Haustür aufging, sahen sie sich beide um. Dorothy ließ ihre Tüten fallen und erstarrte.
»Hallo«, sagte Sal.
»Hallo, mein Liebling«, sagte Dorothy.
»Sal, das ist Dorothy«, erklärte Foxy. »Wir kennen uns von früher, als ich jünger war.«
Mit verwirrtem Ausdruck kam Sal langsam auf ihre Mutter zu. Wortlos breitete Dorothy die Arme aus, die Tränen liefen ihr übers Gesicht.
Foxy wollte seine Tochter aufhalten, aber es war schon zu spät; sie und Dorothy klammerten sich aneinander, als stünde das Ende der Welt bevor.
Eine Minute verging, dann löste sich Sal aus der Umarmung. Ihre Brille hing schief, die Gläser waren beschlagen.
Foxy legte den Arm um sie. »Gehen wir wieder rein, Sal. Es war nett, dich wiederzusehen, Dorothy.«
Doch Sal schüttelte ihn ab. »Sie ist meine Mum, stimmt’s?« Sie sah Dorothy unverwandt an. »Du hörst dich genauso an wie die Frau, die mich heute in der Tagesstätte angerufen hat.«
Foxys Herz setzte einen Schlag aus. »Wie konntest du nur?«, fragte er leise. »Wie konntest du mir das antun? Und Sal?«
Dorothy schniefte. »Ich habe das Recht dazu.«
Foxys Atem ging schneller, und er machte einen Schritt auf sie zu.
»Dad?« Sal zog ihn am Ärmel. »Dad? Ist da Kuchen in der Tüte? Können wir den jetzt gleich essen?«
Foxy sah zu ihr herunter. Sie wirkte ruhig und ihre Gesichtszüge waren wieder ausgeglichen. »Na gut«, sagte er widerstrebend. »Aber nur ein Stück, hörst du?«
»Möchtest du eine Tasse Tee?«, fragte Sal, ihre Mutter bei der Hand nehmend.
Zusammen gingen sie aufs Haus zu und ließen Foxy am Gartentor stehen.
49
Jo marschierte in ihr Büro. »Ich fürchte, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen – ich habe hier drin zu tun.«
Der Kameramann hatte schon begonnen, seine Ausrüstung abzubauen, und blieb gelassen, aber die Reporterin war ernstlich empört. »Ich bin noch gar nicht richtig zum Zug gekommen. Können wir woanders hingehen?«
»Fred wird Ihnen sicher liebend gern etwas suchen«, sagte Jo. »Presley und seine Oma brauche ich allerdings fürs Erste noch hier.«
»Wir sind doch in zehn Minuten fertig«, protestierte Oakley.
»So viel Zeit habe ich nicht.«
Die Reporterin nahm Oakleys Widerspruch zum Anlass, sich stur zu stellen. »Ich habe meinem Chefredakteur gesagt, dass das Interview mit Gabriella Parker Trench unter Dach und Fach ist. Er hat es für die Titelseite vorgesehen. Mir läuft die Zeit davon. Ich bin nur freiberufliche Mitarbeiterin.«
»Wenn Ihr Redakteur Ihnen Stress macht, sagen Sie ihm, er soll mich anrufen«, entgegnete Jo. »Und geben Sie mir Ihre Karte. In ein paar Tagen habe ich eine viel bessere Story für Sie, das verspreche ich.«
Die Journalistin drückte ihr eine Visitenkarte in die Hand und ging. Jo machte die Tür hinter ihnen zu und bedeutete Taras Mutter, sich zu setzen. Es war offensichtlich, woher Tara ihr gutes Aussehen hatte.
»Es tut mir sehr leid zu hören, dass Tara auf der Intensivstation liegt. Sie müssen sich schreckliche Sorgen um sie machen. Haben Sie inzwischen etwas Neues gehört?«
Gabriella starrte auf ihre Hände. »Sie ist … Sie liegt im Koma«, sagte sie bebend. »Lebenserhaltende Maßnahme. Ich weiß nicht, was ich machen soll …«
Jo beugte sich zu ihr vor. »Es tut mir wirklich leid.«
Gabriella blickte immer noch nicht auf. »Mein schönes Mädchen hat vom Moment ihrer Geburt an nur Sonne in die Welt gebracht. Ich will nicht, dass man sie als jemand in Erinnerung behält, der sich für Drogen verkauft hat. So war sie nicht.«
Jo sah zu Presley hinüber, der sich auf einem der Stühle zusammengerollt hatte und zu schlafen schien.
»Es hat ihr nie an etwas gefehlt«, fuhr Gabriella fort. »Sie war hochintelligent … Konnte Klavier spielen … Sie wollte
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