Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt
Straftaten. Diese Methode löste bei Lena Lund ganz deutlich einen starken Widerstand aus, die – abgesehen davon, dass sie Hartvigsens schärfste Waffe gegen Svendsen war – sich offenbar in ihrer Jugend als Privatperson in einen Kriminalfall eingemischt hatte und nicht gut dabei weggekommen war. Jeder Mensch hatte eine Achillesferse, und das war die von Lena Lund. Trotzdem war sie eine hervorragende Ermittlerin, und auch gegen ihren Ehrgeiz war nichts einzuwenden. Aber in diesem Fall wollte er sie lieber nicht mehr einsetzen. Seiner Meinung nach machte sie daraus eine persönliche Sache.
»Hören Sie«, sagte er und wog jedes seiner Worte sorgsam ab, während er den Wagen auf dem Parkplatz vor dem Präsidium abstellte. »Sie haben in diesem Fall eine Menge erreicht und vorangetrieben, und ich leugne auch nicht, dass ich Svendsen genauer auf die Finger hätte schauen sollen. Vielleicht sollten wir tatsächlich einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss beantragen. Aber es gibt darüber hinaus noch andere Ermittlungsaspekte, die wir ebenfalls weiterverfolgen sollten.«
»Sie lassen sich von ihr blenden und täuschen.«
Er hatte nicht das Bedürfnis, darauf zu antworten, aber der Vorwurf klebte an ihm, als sie in den Aufzug stiegen und hochfuhren. Dennoch musste er lächeln. Die Ironie der Geschichte war nämlich, dass Lena Lund mit ihrem blendenden Lächeln niemals in der Lage wäre, ihn zu blenden und zu täuschen. Und ja, das hatte Dicte Svendsen mit der unordentlichen Frisur und dem nie perfekt sitzenden Make-up vielleicht getan. Aber was er auch immer über Svendsen hörte, er konnte sie einfach nicht als Komplizin oder schlimmer noch als eine Mörderin sehen.
Kaum hatte der Aufzug angehalten, ging er direkt in Ivar Ks Büro.
»Said. Hat er noch was gesagt?«
Ivar K nickte.
»Einer aus der Bande hatte den Typen, von dem sie die Informationen bekommen haben, als sauber befunden. Mustafaheißt der Kumpel. Er arbeitet in einer Entzugsklinik, die der Informant gerade verlassen hatte. Irgendwo in Odder. Soll ich da mal vorbeifahren und das prüfen?«
»Ja, sehr gut. Vergiss nicht, nach der Frau zu fragen, mit der dieser Typ zusammen war.«
»Yes.«
Wagner hatte gerade die Tür zu seinem Büro geöffnet, als sein Telefon klingelte. Ein Kollege von der Südjütländischen Polizei war am Apparat.
»Wir haben hier etwas Merkwürdiges, was unter Umständen mit eurem Solariumfall zu tun haben könnte.«
»Lass hören.«
»Wir haben heute früh einen anonymen Anruf erhalten, den wir zu einer Telefonzelle in Ry zurückverfolgen konnten. Es ging um den Mord an einer jungen Frau.«
Wagner hatte davon im Radio gehört.
»Ich hatte nicht den Eindruck, dass es eine Verbindung zu unserem Fall geben könnte«, sagte er vorsichtig.
»Die gab es ja auch unmittelbar nicht. Aber ihr fahndet doch noch nach diesem Peter Boutrup, oder?«
»Klar. Habt ihr eine Spur von ihm gefunden?«
Der Kollege am anderen Ende der Leitung holte geräuschvoll Luft.
»Das Opfer starb aller Wahrscheinlichkeit nach durch einen Schlag gegen die Schläfe. Es scheint, dass es auch nur ein einziger Schlag gewesen ist. Sie wurde post mortem in einem Baum aufgehängt, aber jemand hat sie später wieder abgeschnitten und sie fast liebevoll auf den Boden gelegt. Unsere Vermutung ist, dass es die Person oder die Personen gewesen sind, die auch den Anruf getätigt haben.«
»Sie meinen also, die haben das Opfer gekannt?«
»Für uns sieht es danach aus, ja. Wir haben die Tote als eine My Johannesen identifiziert, sechsundzwanzig Jahre alt. Soweit die Akten es zeigen, ist sie ihr Leben lang in Heimen gewesen und hat die unterschiedlichsten Diagnosen bekommen, die einPsychologe besser erklären könnte, aber es klingt alles nach Autismus. Sie hat eine Zeitlang allein gelebt und zuletzt in so einem Haus für betreutes Wohnen, mit Menschen gleicher Behinderung. Ein ganz armes Menschlein, wenn Sie mich fragen.«
Wagner tat es gut, so viel Wärme und Freundlichkeit in der Stimme seines Kollegen zu hören. Das war wie Balsam für seine Nerven, vor allem nach seinem Trip mit Lena Lund.
»Und Sie sagen, zwischen der Toten und dem gesuchten Boutrup bestünde eine Verbindung?«
»Hmm, ja, auf eine sehr ungewöhnliche Art und Weise. Die Tote hatte in ihrer Jackentasche eine Hundemarke, Sie wissen schon, diese Metallplatten, die an den Hundehalsbändern hängen.«
»Ja, und?«
»In Dänemark muss man alle Hunde registrieren lassen, das macht eine ganz
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