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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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boykottieren.
    »Das verstehe ich allmählich auch nicht mehr so richtig«, erwidertesie. »Vielleicht sollte ich dich einfach an der nächsten Ecke rauslassen, dann kannst du selbst sehen, wie du aus der Sache rauskommst.«
    Er lachte.
    »Wow. Ruhig Brauner!«
    »Dann hör endlich auf mit deiner Verweigerungshaltung und nimm deine Situation ernst! Das ist dein Leben. Das geht alles den Bach runter, wenn du nicht endlich anfängst, den Mund aufzumachen.«
    Sie meinte das ganz ehrlich. In ihr begann sich Gleichgültigkeit zu melden. In was für eine Sache hatte sie sich da wieder hineinziehen lassen? Und Bo auch. Und für wen das Ganze? Für einen undankbaren Gelegenheitsverbrecher, der vielleicht einen, vielleicht auch keinen zweiten Mord begangen hatte?
    »Mir ist noch nie so ein undankbarer Mensch begegnet!«
    Sie hatte die M. P. Bruunsgade erreicht und begann, sich nach einem Parkplatz umzusehen. Ihr innerer Druck stieg mit jeder Sekunde, sie gab es auf, das zu ignorieren. »Eins kann ich dir sagen, wärst du nicht mein Fleisch und Blut, dann würde ich dich sofort auf die Straße setzen.«
    »Das war Folter.«
    Sie hörte seine Worte, aber hörte nicht hin.
    »Was?«, erwiderte sie irritiert. »Schön oben auf dem Bett zu liegen, während die anderen die Führung übernehmen und die Polizei aus dem Haus lotsen?«
    »Damals. Das war Folter. Im wortwörtlichen Sinne.«
    »Folter, ich bitte dich. Hilf mir endlich auf die Sprünge.«
    Sie entdeckte einen Parkplatz. Ihr Herz hämmerte, nicht aus Angst vor der Situation oder der Tatsache, dass die Polizei ihn jederzeit finden könnte, sondern weil die aufgestaute Wut rauswollte. Hauptsächlich war sie auf sich selbst wütend, stellte sie fest. Sie hätte ihn niemals aufsuchen dürfen. Sie hätte ihn sich selbst überlassen sollen.
    »Du hörst nicht zu.«
    »Nein, das tue ich tatsächlich nicht. Wir sollten uns nämlich beeilen, damit uns keiner sieht, verstehst du das?«
    Erst als sie die Wohnungstür hinter ihnen zugezogen hatte und der Rucksack, ein paar extra Decken sowie der Karton mit Lebensmitteln abgestellt worden waren, begriff sie, was er gesagt hatte.
    »Folter?«
    Sie sah ihm zu, wie er die Wohnung inspizierte, wo riesige Großformate von Bos Aufnahmen und andere von seinen etwas berühmteren Kollegen an den Wänden hingen.
    »Ach das. Ist egal. Hier ist es super.«
    Sie stutzte. Das war das erste Mal, dass er in ihrer Gegenwart ein positives Wort verwendet hatte. Super. Und das stimmte auch. Super und schlicht. Eine Matratze und ein paar Teppiche auf dem Boden. Hatten da schon andere außer Bo geschlafen?
    Sie zwang sich, den Blick von der Schlafgelegenheit zu der kleinen Teeküche zu wenden und weiter zu Bos Arbeitstisch mit den diversen elektronischen Gerätschaften. Das Einzige, was fehlte, war sein Computer, ein Laptop, den er immer dabeihatte und bei Bedarf an den großen Bildschirm anschloss.
    Die Bilder an den Wänden waren nichts für zarte Seelen. Die meisten waren Kriegsfotos aus den Krisengebieten der Welt, wo Bo so viele Fotos geschossen hatte, wie Soldaten Menschen erschossen hatten.
    »Folter«, wiederholte sie, stellte den Karton mit den Lebensmitteln auf den Küchenboden und schaltete den Kühlschrank ein. »Erzähl.«
    Er warf seinen Rucksack in die Ecke und ließ sich auf die Matratze fallen.
    »Wir sind alle damit aufgewachsen«, sagte er. »Es wurde zu einem festen Bestandteil des Alltags. Ein Teil unseres Lebens.«
    »Wir alle? Wer ist das?«
    »My. Cato. Adda. Miriam. Ich. Die anderen.«
    »Matti? Matti Jørgensen? Dem das Solarium gehört?«
    Er nickte.
    »Und viele andere.«
    »Wo sind die heute?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Peter, wo?«
    Dann begann er aufzuzählen, seine Finger waren bald aufgebraucht.
    »Marie hat sich erhängt; von Karsten haben wir seit zehn Jahren nichts mehr gehört; Sussi ist tablettenabhängig geworden und ist arbeitsunfähig; die ganz Kleinen sind einfach verschwunden: Anders und Lene und Lissi; Cato wurde Junkie; My wurde krank; Adda wurde krank; ich … bin wegen Mordes im Gefängnis gelandet; Matti wurde krank.«
    »Krank? Inwiefern?«
    Er zuckte erneut mit den Schultern.
    »Nicht ganz so schlimm. Er kommt schon klar. Aber wenn man ihn einsperrt, zum Beispiel in ein neues, fluchtsicheres Gefängnis – auch wenn er nur der Wärter ist –, dann gerät er in Panik.«
    Sie erinnerte sich, wie stark Matti geschwitzt hatte, als er sich in das kleine Auto hatte klemmen müssen.
    »Klaustrophobie? Das

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