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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nicht so gut?«
    »Ich habe ihr wirklich eine Chance gegeben, aber sie arbeitet zu einspurig … und auch zu einzelgängerisch.«
    Es war gesagt. Zumindest das, was es dazu vorläufig zu sagen gab. Unter Umständen würde noch mehr hinzukommen, das konnte niemand wissen.
    »Aber sie ist gut, oder?«
    Wagner nickte.
    »Ohne sie würden wir viele Informationen nicht zur Verfügung haben«, erwiderte er, um wenigstens fair zu bleiben.
    »Über Dicte Svendsen?«
    »Unter anderem.«
    Er hätte gerne noch mehr gesagt, sich und seine Ermittlungsmethoden verteidigt, an denen er nach wie vor festhielt. Am Ende des Tages vertraute er in erster Linie seinem Instinkt, aber das hätte er so nicht sagen können. Er gestand sich ein, dass er kein Polizist mit politischem Fingerspitzengefühl war. Sein Antrieb war die Verbrecherjagd und nicht die Auszeichnungen und eine mögliche Beförderung zu einem angesehenen Schreibtischjob. Aber dafür erntete man in der Regel keine Anerkennung.
    Hartvigsen nickte und wandte sich wieder seiner Krawatte zu. Wagner sah auf seine Uhr. Zwei Stunden war es jetzt her. Er ging in den Keller und ließ sich von dem Beamten eine der Ausnüchterungszellen aufschließen. Alexander lag zusammengekauert auf der Pritsche, die Beine vor der Brust, die Arme um den Körper geschlungen und die Kapuze seiner Jacke tief ins Gesicht gezogen. Ein Strich in der Luft, der zusammengefaltet worden war, wie der letzte vergebliche Versuch des Künstlers, bevor er das Blatt Papier in den Mülleimer warf.
    Er zitterte am ganzen Körper.
    »Frierst du?«
    Alexander drehte sich zu ihm um. Seine schwarze Mascara – sein neuer Style – war verschmiert. Er weinte.
    Wagner stand einen Augenblick ratlos vor ihm, tausend Gedanken tobten gleichzeitig durch seinen Kopf. Dann gewannder eine. Er dachte an Dicte Svendsen, an ihre Sturheit und an ihren Mut. Es würde nichts ändern. Morgen würde das alles wieder vergessen sein, Alexander würde wieder die Tür hinter sich zuwerfen und bittere Worte durch die Luft schleudern.
    Trotzdem.
    Er trat in die Zelle, setzte sich auf die Pritsche und nahm seinen Sohn in die Arme.
     
    Lange hatten sie so gesessen, als schließlich Wagners Handy in seiner Jackentasche klingelte. Er zog es heraus, das Display zeigte Jan Hansens Nummer an.
    »Ja?«
    »Sally Marianne Andersen. Sie hat am 4. Mai ein paar Adidas-Schuhe im Kvickly von Åbyhøj gekauft.«
    »Und?«
    »Sie ist auch Mitglied im Dachverband ›Seltene Krankheiten‹ und zwar über eine Vereinigung, die Spielmeyer-Vogt heißt. Ihr sechsjähriger Sohn leidet offenbar an einer Krankheit, die mit diesem Syndrom verwandt ist.«
    Jan Hansen holte tief Luft.
    »Ein Todesurteil, soweit ich das verstanden habe.«

KAPITEL 72
    »Ich werde meine Kandidatur zurückziehen. Ich wurde Opfer einer Hetzkampagne, und es hat keinen Sinn, dagegen anzukämpfen.«
    Dicte saß Francesca Olsen in deren Wohnzimmer gegenüber, umgeben von klassischen Möbeln und mediterraner Kunst an den Wänden. Die Madonnenfigur auf dem Fenstersims lächelte friedvoll und war somit ein geeigneter Kontrast zu Olsens Gesichtsausdruck. Verschwunden war das offene, auf einer leeren Seite aufgeschlagene Buch, dem sie bei ihrer ersten Begegnung gegenübergesessen hatte. In ihrem Gesicht war Wut zu sehen,vielleicht war das sogar Hass, aber es strahlte auch Lebendigkeit aus, ihre ganze Körpersprache tat das, wie sie da in Jeans und einem kreischend gelben T-Shirt auf dem Sofa saß, offene wellige Haare, den einen Fuß aufgestellt, das Knie unterm Kinn. Eine rastlose, unbezwingbare Lebendigkeit, eine federnde, brodelnde, tanzende Lebendigkeit. Francesca Olsen hatte sich vielleicht geschlagen geben müssen, aber sie ertrug ihre Niederlage mit Stil und einer Überlegenheit, wie es nur wenigen Menschen gelingen würde.
    »Ich habe meine Koffer gepackt und werde nachher noch aufbrechen und in mein Haus nach Italien fahren. Am Sonntag wird in der Zeitung stehen, dass ich meinen Sohn getötet habe.«
    »Haben Sie das denn getan?«
    Das Aufnahmegerät leuchtete rot auf, wenn jemand sprach.
    »Ja.«
    Die Bestätigung kam ohne Zögern. »Und ich würde es auch heute wieder tun.«
    Wie ein Echo hallte das Geständnis durch den Raum. Dicte schielte zur Madonnenfigur, um zu sehen, ob sie eine Reaktion zeigte. Ob sie ihr Gesicht hob und Francesca einen vergebenden oder einen vorwurfsvollen Blick zuwarf.
    Francesca berührte intuitiv das kleine Kreuz um ihren Hals. Es sah aus wie ein Erbstück:

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