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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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wurde er in die Vergangenheit zurückgeschleudert. Zurück zur »Kiste«, zum »Pferd« und zu den »Ringen«. So war das nun mal. Aber es war nur ein Teil des Ganzen. Und so ging es allen von ihnen.
    Er versuchte, sich auf die andere Seite zu drehen. Es war unerträglich zu zweit in dem Schlafsack, obwohl My fast keinen Platz wegnahm. Wenn sie nur etwas von ihrer Kleidung anbehalten würde, aber am Abend zuvor hatte sie sich ihrer Kleider entledigt, ungeduldig und mit Ekel.
    »Heiß. Schwitze.«
    Und schon flogen der Anorak, der Pullover, die Hose und am Ende auch die Unterwäsche, die er ihr in Ry gekauft hatte, damit sie ein Set zum Wechseln hatte, in die Ecke.
    »Zu eng.«
    Er hatte sich in den Schlafsack gelegt und unentwegt auf ihre kleinen Brüste und das schmale Dreieck starren müssen. Sosollte es nicht sein, auf keinen Fall. Aber verdammt noch mal, er war gerade aus dem Knast gekommen und Adda …
    Er schaltete sofort aus. Das hatte er gelernt. Er konnte innerhalb von Sekunden Gedanken und Bilder an- und ausschalten. Schwarzer Bildschirm, und Adda verschwand vorübergehend im Dunkeln, während My zu ihm in den Schlafsack kroch und sich an ihn schmiegte. Für sie gab es keinen Unterschied zwischen Sex und Kissenschlacht, My war wie ein Kind, das Begierde nicht kannte. Aber sie wusste, was Männer wollten, das stellte er schnell fest. Sie ahmte das nach, was sie zu Hause bei Cato und Miriam beobachtet hatte. Und sie machte das sehr gut, obwohl ihre Bewegungen etwas Mechanisches hatten. Kaj hob den Kopf und wunderte sich zuerst über die Geräusche, die sie machten. Aber dann beschloss er, dass seine Herrin nicht in Not zu sein schien, und legte sich wieder schlafen, während die Lust nach beendeter Mission aus dem Zelt entwich.
    My. Seine Schwester. My. Sein nie endender Schmerz. My. Sein Gefängnis.
    Er spürte den sanften Druck ihres Körpers, der sich gegen seinen schmiegte. Aber er wollte keine Zärtlichkeit und vermisste die Begierde, denn sie war klar. Die Zärtlichkeit konnte ihn an Stellen führen, an denen er nicht sein wollte. Sie seufzte im Schlaf, hatte ihren Kopf an seinen Hals gelegt, ihr leichter Atem kitzelte ihn. Er sah sie vor sich, als sie sich das erste Mal begegnet waren, in einem viel zu großen Kleid und viel zu großen Schuhen, die gut zu ihren weit aufgerissenen Augen passten. Sie sogen alles in sich auf. Es gab keinen Filter. Das war ihr Verhängnis.
    My hatte panische Angst vor der »Kiste« gehabt. Man konnte ihr alles Mögliche antun, sie aber bloß nicht in die »Kiste« stecken. Man durfte sie nicht einsperren. Das heißt, man konnte sie natürlich sehr wohl einsperren, aber die Folgen waren katastrophal.
    Er schloss die Augen. Wie viele von ihnen irrten in der Welt herum? Wie viele liefen durchs Leben mit einer inneren tickendenUhr, die runterzählte zu dem Tag, an dem alles explodieren würde?
    Er drückte My an sich. Sie schlief, den Kopf auf seiner Schulter, wie betäubt, aber ihre Beine zappelten zwischendurch, wie Trommelschläge gegen seine Oberschenkel. War sie auch im Traum auf der Flucht?
    Er würde sich wünschen, dass sie flüchten könnten. Fliehen. Aber je älter er wurde, desto mehr gewann er die Gewissheit, dass es gar keinen Ort gab, an den sie flüchten konnten.

KAPITEL 23
    »Zweiundzwanzigtausend, plus Steuern! Die haben sich doch was Falsches eingeworfen!«
    Es herrschte ein heilloses Durcheinander in den Unterlagen: Briefe, Rechnungen, Kostenvoranschläge, Kalkulationen, Mahnungen. Sie wusste nicht, wo die auf einmal alle herkamen, aber es fühlte sich an wie ein Angriff aus dem Hinterhalt. Vollkommen unerwartet, während man versucht, ein normales Leben zu führen, stürzte sich die Gesellschaft mit lauter Forderungen auf einen. Die Gemeinde, die eine Trennung von Regenwasser und Abwasser forderte. Der Elektriker, der plötzlich der Ansicht war, dass die alten Leitungen alle gesetzwidrig verlegt worden seien, und eine Summe von 22   000 Kronen veranschlagt hatte, um das wieder in Ordnung zu bringen. Der Klempner, der Thermostate als die ultimative Lösung vorschlug, und der Zimmerer, der verkündete, dass die Dachbalken bald verrotten würden und die Dachplatten außerdem asbesthaltig seien. Der Arzt, der ihr eine Depression diagnostiziert hatte. Und schließlich Lena Lund, die ihr gedroht hatte. Allesamt Autoritäten, die einem genau erklärten, was anormal und was normal war. Alles ließ sich reparieren, behandeln und wieder in Ordnung bringen: Häuser,

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