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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sich das maximale Einkommen in einem Monat, bei voller Auslastung also, auf 180   000 Kronen. Man bekam als Kunde keine Quittung. Mit zwei Sonnenstudios konnte man das Finanzamt mit Leichtigkeit davon überzeugen, eine weitaus höhere Summe eingenommenzu haben, als tatsächlich geschehen, und somit Schwarzgeld zu waschen. Und dank der anderen Geschäfte und mithilfe eines guten Steuerberaters war es ein Leichtes, dieses und jenes abzuziehen und zu verrechnen, bis die Bilanzen wieder stimmten. Zumindest auf dem Papier. Aber das machte Matti Jørgensen nicht automatisch zum Bombenleger. Vielleicht zu einem – für den Geschmack der Allgemeinheit – allzu unternehmungslustigen Bürger, aber von dort war es ein langer Weg, um ein Mörder zu werden.
    »Aus Ihrer Zeit in Horsens, ist Ihnen da ein Insasse namens Peter Boutrup bekannt?«
    Sein Blick flackerte kurz. Erinnerung? Nervosität? Sie konnte es nicht zuordnen.
    »Und was wäre, wenn?«
    »Er ist entlassen worden. Und ich suche ihn.«
    Matti kniff die Augen zusammen.
    »Warum das?«
    »Normalerweise will eine Mutter doch wissen, wo ihr Sohn sich aufhält.«
    »Er hat keine Mutter. Er hatte nie eine Mutter. Keine Mutter und keinen Vater.«
    »Alle haben Eltern.«
    Sie hatte das Gefühl, sich verteidigen zu müssen.
    »Sie wissen genau, was ich meine«, sagte Matti.
    »Es ist sehr wichtig, dass ich ihn finde.«
    »Für wen?«
    Sie hörte keine Feindschaft, nur Interesse in seiner Stimme. »Für uns beide. Warum versteckt er sich?«
    Mattis Blick wanderte aufs Feld, wo sich die Fahrer für ein neues Rennen aufstellten. Es dauerte lange, bevor er antwortete.
    »Peter war schon immer frei wie ein Vogel. Er kann es nicht leiden, wenn jemand ihn bevormundet. Das konnte er noch nie.«
    Von der Startlinie waren Rufe zu hören.
    »Verdammte Hacke. Jetzt muss ich wieder in dieses verdammte Auto.«
    Dicte sah ihn fragend an.
    »Ich leide unter
Klaustophobie
. Ich schwitze wie ein Schwein, aber da kann man nichts machen.«
    Matti Jørgensen wandte sich zum Gehen, Dicte folgte ihm nach.
    »So, wie Sie es sagen, hört sich das an, als hätte er etwas zu verbergen.«
    »Haben das nicht die meisten?«
    Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern klemmte sich hinters Steuer seines roten Escorts und trat aufs Gaspedal. Sekunden später sah sie ihn für einen kurzen Moment durch die Luft fliegen, als er den Wagen über einen kleinen Hügel jagte.
    Frei wie ein Vogel. Jemand, der Autoritäten verabscheute. Wo suchte man Zuflucht, wenn man in diesem Punkt war wie seine Mutter?

KAPITEL 22
    Dunkelheit. Sie umgab ihn wie ein Handschuh, der sich um seinen Hals legte und zudrückte. Vergeblich suchten seine Augen das Licht, nur einen kleinen Spalt, irgendwo. Aber das Einzige, was er sah, war diese totale Finsternis, die ihn durchdrang und auch seine Seele verdunkelte.
    Dann überwältigten ihn die Gefühle, wollten aus allen Öffnungen dringen, als würde die Dunkelheit sie aus ihm herauspressen. In diesem Moment übernahm das
System:
Fünfhundert Einwohner der kleinen Ortschaft. Hundertzwanzig Häuser. Familien. Gärten. Bäume im Vorgarten. Obstbäume, vielleicht Apfel-, Pflaumen-, Birnenbäume. Fenster in den Häuserwänden. Fensterscheiben. Schornstein auf den Dächern. Rasen. Terrassen. Schuppen. Garagen. Fahrräder. Vielleicht ein Auto.
    Das Auge der Kamera kam überallhin. Es konnte durch Türenund Fenster dringen, bis tief in die Herzen der Familien. Durch den Flur, ins Wohnzimmer, in die Küche, ins Badezimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer. Auf dem Bett der Eltern lag eine grüne Tagesdecke, im Badezimmer hingen blaue Handtücher, weiße Kacheln an den Wänden.
    Die Lampe im Wohnzimmer war eingeschaltet, auf den Fensterbrettern standen flackernde Kerzenleuchter. Die Kinder saßen auf dem Sofa. Sie waren in ein Spiel vertieft. Die Erwachsenen liefen umher. Machten Essen. Unterhielten sich. Sein Herz kam wieder zur Ruhe, schlug regelmäßig, und endlich schlief er ein.
    Als er aufwachte, lag er eng an My gepresst in seinem Schlafsack. Er schob die Finsternis fort. Finsternis des Teufels, fahr zur Hölle. Paff, paff, er traf sie in dem Moment, als sie Luft holen wollte, und sie sank in sich zusammen, löste sich in Nichts auf, als hätte eine Nadelspitze einen Ballon berührt. Sie würde wiederkommen, das wusste er. Aber jetzt hatte er sie sich vorerst vom Leib gehalten.
    Er blieb still liegen, hielt diesen Schmerz aus und stellte dann fest, dass er stark geschwitzt hatte. Immer wieder

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