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Rachsucht

Titel: Rachsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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wollte Brand am Hintereingang aufsammeln.
    Und vielleicht hätte ich das Handbuch für Detektive besser lesen sollen. Erst pinkeln, dann beschatten lautete eine der Grundregeln.

    Ich hielt es einfach nicht mehr aus. Mit unziemlicher Hast strebte ich den Toiletten zu, wobei ich darauf achtete, dass Brand mein Gesicht nicht sah. Als ich die Tür öffnete, wurde mir klar, dass heute mein Glückstag sein musste. Eine der Kabinen war tatsächlich leer, auf einer Damentoilette eine Seltenheit. Ich verriegelte die Tür und hängte meine Tasche über den Kleiderhaken. Als ich mich endlich niederließ, traten mir die Tränen in die Augen, und ich hätte jubilieren können vor Freude.
    Draußen näherten sich Schritte. Unter der Tür wurden Doc-Martens-Schuhe sichtbar. Dann griff eine Frauenhand über die Kabinentür und fischte meine Tasche vom Haken.
    »He!«, brüllte ich, aber die Diebin war schon weg.
    Ein alter Trick. Ich beeilte mich nach Kräften und stürzte auf den Gang hinaus, wo ich so heftig mit Brand zusammenprallte, dass mir die Luft wegblieb. Ich spürte, wie mir der Schweiß ausbrach. Er war ein massiger, großer Mann, dessen schwerer Körperbau von seinem Kaschmir-Sportsakko kaum kaschiert wurde. Säuerlicher Gefängnisgeruch klebte an ihm, und seine Wangen waren von grauen Stoppeln bedeckt.
    »Passen Sie doch auf«, fuhr er mich an.
    Seine Augen hatten eine merkwürdige Farbe, eine geradezu kaleidoskopartige Mischung aus Grün und Braun. Wütend stieß er mich beiseite und stapfte in Richtung Pool.
    Ich sah Sterne. Es dauerte ein paar Sekunden, bis meine Benommenheit verflogen war. Dann folgte ich ihm, immer auf der Suche nach der Frau mit den Doc-Martens-Schuhen. Das Hotel war um einen Innenhof mit Rasen, hohen Palmen und einem türkisfarbenen Swimmingpool angelegt, in dem Kinder spielten. Die Sonne glitzerte auf dem Wasser. Auf der
anderen Seite des Hofes erspähte ich Brand mit einer Codekarte in der Hand.
    Die Frau war nirgends zu entdecken.
    Verdammt noch mal! Ich rannte zurück und durch die Lobby nach draußen. In einem Blumenkübel vor dem Haupteingang fand ich meine halb geöffnete Tasche. Daneben meine Brieftasche. Bargeld, Führerschein, Sozialversicherungsausweis und Kreditkarten waren verschwunden. Und mein Handy auch.
    Draußen auf der Straße brauste ein silberner Mercedes-Geländewagen davon.
    Ich lief zurück in die Lobby und bat den Rezeptionisten, die Polizei zu rufen.
     
    Die Geschäftsführerin kam an die Rezeption und entschuldigte sich verlegen.
     
    »Das tut mir wirklich furchtbar leid. Selbstverständlich werden wir Ihnen den Aufenthalt nicht berechnen.«
     
    Ein Silberstreif am Horizont, wenn auch nur ein schmaler. »Ich wollte gerade einchecken«, sagte ich. »Mein Name ist Delaney. Haben Sie etwas in der Nähe von Zimmer hundertsiebenundzwanzig?«

8. Kapitel
    Offiziell nannte sich der Kongress »East Beach Writers’ Conference«, aber »Schlacht der Romane« wäre zutreffender gewesen. Zwei Tage lang herrschte dort kontrolliertes Chaos, organisiert von einer Schriftstellerbande, die ihre Neurosen und Eifersüchteleien gerade lang genug bändigen konnte, um gemeinsam das Konferenzzentrum des Hotels zu buchen. Um zwölf Uhr mittags des nächsten Tages traf ich dort ein, um mein Seminar zu halten. Das Hotel auf der Landseite des Cabrillo Boulevard bot eine wunderbare Aussicht auf die Beach-Volleyball-Felder auf der anderen Straßenseite, Stearns Wharf und den funkelnden Ozean. Der Himmel spannte sich wie ein blaues Segel über uns. Meine Laune war im Keller.
    Ich hatte den Vormittag damit verbracht, meine Kreditkarten zu sperren und mir einen Ersatzführerschein zu besorgen. Zudem hatte mir das Geschäft für Brautmoden telefonisch mitgeteilt, man habe meine Maße verloren, und ich solle noch einmal zur Anprobe kommen. Die Krönung aber war Jesses Anruf: Mari Vasquez Diamond drohte, ihn, mich und Sanchez Marks wegen vorsätzlicher emotionaler Beeinträchtigung zu verklagen.
    Zu allem Überfluss hatte ich kaum geschlafen, weil ich die ganze Nacht lang durch die Vorhänge meines Hotelzimmers mit Poolblick gespäht hatte. Ich musste doch wissen, ob
Franklin Brand irgendwas unternahm. Tat er aber nicht. Die Vorhänge blieben geschlossen, und von Besuchern war auch nichts zu bemerken. Als ich an seiner Tür vorbeiging, hörte ich den Fernseher laufen. Die einzige Aktivität in seinem Flügel des Hotels fand im Nachbarzimmer statt: Die Wartungsabteilung reparierte eine undichte

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