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Rachsucht

Titel: Rachsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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nichts wiederholen durfte, was man nur vom Hörensagen wusste. Trotzdem tat er jetzt genau das.
    »Dr. Sandoval hat mir gesagt, er war es nicht.«
    »Verstehe«, erwiderte der Deputy und marschierte davon.

14. Kapitel
    Es wurde elf Uhr, bis Jesse nach Hause kam. Die sich am Strand brechende Brandung verströmte in der Nachtluft ein phosphoreszierendes Licht. Jesse wirkte erschöpft und traurig.
    Ich erhob mich vom Sofa. »Ich hab uns was vom Thailänder geholt.«
    »Danke, Ev, aber ich kann jetzt nichts essen.«
    Er band die Tweety-Krawatte los und warf sie auf die Küchentheke. Dann holte er sich Cranberry-Saft aus dem Kühlschrank und goss sich ein Glas ein.
    »Alles in Ordnung?«
    Er drückte die Knöchel gegen seine Lendenwirbelsäule. »Das ist nur zur Vorbeugung.«
    Cranberry-Saft hilft gegen Harnwegsinfektionen, zu denen Querschnittsgelähmte neigen.
    »Ich war im Gefängnis«, fügte er hinzu.
    Ich wartete.
    »Adam behauptet steif und fest, er hat Brand nicht ermordet. Er sagt, er ist zum Hotel gefahren, um mit ihm zu reden, weil er es nach dem arroganten Anruf von Brands Anwalt einfach nicht mehr ausgehalten hat.« Er trank seinen Saft aus. »Er gibt zu, den Baseballschläger mitgenommen zu haben, aber die Tür stand angeblich offen, und Brand war bereits tot.«

    »Glaubst du ihm?«, fragte ich.
    Er rieb sich die Augen. »Ich schon, aber das ist der Polizei völlig egal. Er ist geliefert.«
    Ich folgte Jesse auf die Sonnenterrasse hinaus. Die Luft hatte sich abgekühlt, und der Ozean schimmerte im Mondlicht. Weiter oben an der Küste rahmten die Lichter der Stadt den Hafen ein wie goldene Münzen.
    »Was hat er sich bloß dabei gedacht?« Jesse starrte auf das Wasser hinaus. »Adam ist der disziplinierteste Mensch, den ich kenne. Seine Trainingsprogramme gehören nach der Genfer Konvention als Folter verboten. Er hält Vorträge über Theologie, dass einem die Ohren klingeln, ist Doktor der Physik und Postdoktorand an der University of California Santa Barbara, wo es von Nobelpreisträgern nur so wimmelt.« Er schüttelte den Kopf. »Und dann fährt er mit einem Baselballschläger zum Hotel. Wie konnte er so blöd sein?«
    Ich legte ihm die Hand auf die Schulter. Er zog mich auf seinen Schoß und schlang die Arme um meine Taille.
    »Wie konnte das passieren?«, fragte er. »Obwohl, vergiss es. Brand ist tot, und das ist gut so.«
    Ich war entsetzt. Das spürte er natürlich.
    »Das klingt eiskalt, aber so ist es eben.« Er starrte auf die Wellen hinaus. »Und das ist auch nur für deine Ohren bestimmt.«
    Es war ein Vertrauensbeweis. Ich strich ihm eine Strähne aus der Stirn.
    »Tut mir leid, dass wir in all den Jahren nie über diese Dinge gesprochen haben.«
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Jesse.«
    »Doch, das muss ich. Diese Themen, denen wir immer ausgewichen sind, waren wie ein schwarzes Loch. Aber ich
wusste einfach nicht, wie … Es war eine furchtbare Zeit. Schon bei dem Gedanken an alles, was geschehen war, hatte ich das Gefühl, mir würde der Boden unter den Füßen weggezogen. Die Sache war wie ein Abgrund, der mich verschlingen wollte. Deswegen konnte ich nicht darüber sprechen.«
    Seine Hände umklammerten meine Taille.
    »Und du hast immer noch Angst«, stellte ich fest.
    »Deswegen halte ich mich an dir fest. Damit ich nicht falle.«
    Ich schlang meine Arme um seine Schultern, und er schloss die Augen.
    »Danke, dass du mich erträgst«, sagte er.
    »Das darfst du nicht sagen.«
    »Lass mich ausreden. Danke, dass du mich im Krankenhaus und in der Reha besucht hast.«
    »Schscht.«
    »Nein, das ist wichtig. In schweren Zeiten lernt man seine wahren Freunde kennen. Auf dich und Adam konnte ich mich verlassen. Ihr beide wart für mich da.«
    Bitterkeit stieg in mir auf. Da Jesse nie über den Unfall sprach, erwähnte ich nie, dass sich einige seiner Freunde einfach abgesetzt hatten. Ich sprach nicht darüber, weil ihm meine Empörung nicht half. Und Mitleid verabscheute er aus tiefstem Herzen.
    Die Besuche in der Rehaklinik waren wirklich nicht angenehm.
    Zum ersten Mal war ich einen Monat nach dem Unfall dort gewesen. Es war Abend, und ich brachte ihm ein Baguette-Sandwich und ein paar Bier mit. Als er mich durch den Gang kommen sah, hangelte er nach der Griffstange über sich und fing an, sich daran hochzuziehen. Ich versuchte vergeblich
zu lächeln. Jesses Körper steckte in einem Stützgestell, und an seinem linken Bein waren Stifte und Schrauben durch die Haut in den

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