Rachsucht
kommen. Am Ende lag ich auf seiner Brust und spürte seinen rasenden Herzschlag. Seine Haut glühte. Ich nahm den Hörer ab.
Es war Adam.
»Ich bin wieder frei«, sagte er. »Tut mir echt leid, aber ich hab kein Geld für ein Taxi. Kann mich einer von euch abholen?«
Am Morgen fuhr ich mit Jesse zur Polizeistation, weil ich Chris Ramseur fragen wollte, wer Adam entlastet hatte. Als ich mich an der Rezeption nach dem Detective erkundigte, warf mir die Beamtin einen merkwürdigen Blick zu und rief Lieutenant Rome an.
Clayton Romes Gang strotzte nur so vor wütender Energie. Gürtelschnalle und Manschettenknöpfe funkelten, und sein Gesicht wirkte, als hätte jemand das Stirnrunzeln mit der Schleifmaschine eingearbeitet.
»Was zum Teufel ist hier los?«
Jesse ging sofort in die Defensive. »Wir wollten Detective Ramseur sprechen. Adam Sandoval ist gestern Nacht freigelassen worden, und wir wollten wissen …«
»Sie sind mir vielleicht ein Witzbold.«
»Wie bitte?«
Rome blähte die Nüstern. »Was wollten Sie wissen?«
»Was ihn entlastet hat.«
»Sie waren doch vor uns am Tatort. Sagen Sie es mir.«
»Was ist hier los?«
Romes Hände ballten sich zu Fäusten. »Forensik und Pathologie
haben Dr. Sandoval entlastet. Der Baseballschläger war nicht die Mordwaffe. Dr. Sandovals Kleidung und Schuhe waren sauber, das passte nicht zu den Blutspritzern im Raum. Und noch etwas.«
»Was?«, fragte ich.
»Der Tote war nicht Franklin Brand.«
Im Hintergrund klingelte ein Telefon.
»Es war Detective Ramseur.«
Jesse stützte sich an der Empfangstheke ab. Vor meinen Augen zuckten Lichtblitze, und meine Ohren dröhnten.
»Als die Polizei eintraf, hielten Sie und Sandoval sich in einem Zimmer mit der Leiche auf. Ich hoffe, Ihr Auto steht draußen. Dann muss ich mir nämlich nicht erst einen Durchsuchungsbeschluss besorgen, um den Wagen zu überprüfen.«
15. Kapitel
An Jesses verwirrtem Blick erkannte ich, dass der Lieutenant ihn kalt erwischt hatte. Während er Rome seine Wagenschlüssel aushändigte, marschierte ich nach draußen und rief Lavonne Marks an.
»Du stehst unter Schock«, sagte sie zu Jesse, als sie in die Station gerauscht kam. »Diese Aktion ist nur Schikane, und deswegen hältst du ab sofort den Mund.«
Sie hatte natürlich recht. Die Polizei hatte gar nicht vor, Jesse zu verhaften. Die Beamten suchten nur nach einem Ventil, um ihrer Wut und Trauer über den Tod eines Kollegen Luft zu machen. Der Weg nach draußen war das reinste Spießrutenlaufen.
»So«, sagte Lavonne, als wir es geschafft hatten. »Jetzt erzählst du mir mal, was die Polizei deiner Meinung nach denkt.«
Jesse rieb sich die Stirn. »Die glauben, Adam und ich haben Dreck am Stecken. Wir waren am Tatort, Brand ist verschwunden, und für Rome gibt es da einen Zusammenhang.«
»Ist das alles? Nichts Konkretes?«, fragte sie.
»Rome meint, Isaac war an Brands Betrügereien beteiligt und war scharf auf ein größeres Stück vom Kuchen. Deswegen soll Brand ihn getötet haben.«
»Das ist ja ungeheuerlich«, sagte ich.
»Ich weiß.«
»Und warum glaubt Rome, dass ihr beide, du und Adam Sandoval, in diese imaginäre Verschwörung verwickelt seid?«, wollte Lavonne wissen.
»Weil Mako uns ausbezahlt hat.«
Mein Gesichtsfeld schien sich rot zu färben, so wütend war ich. »Rome denkt, ihr habt Schweigegeld gekriegt, weil ihr euch mit der Versicherung verglichen habt?«
»Die Fragen, die er mir gestellt hat, lassen keinen anderen Schluss zu.«
»Der will dich nur ins Bockshorn jagen«, erklärte Lavonne. »Das darfst du nicht zulassen.«
»Zu spät.« Als er zu mir aufblickte, flackerten seine Augen unsicher. »Ich kann nicht glauben, dass der Tote Ramseur war und ich nichts gemerkt habe. Dabei hab ich sogar seine Hand gesehen …«
Er lockerte seine Krawatte und öffnete den obersten Hemdenknopf.
Zwei Männer im Anzug schritten an uns vorbei in die Station. Ihr blindes Vertrauen darauf, dass ihnen alle anderen schon ausweichen würden, erinnerte mich an die Offensivspieler einer Footballmannschaft. Einer von ihnen, ein Mann in meinem Alter, der vornübergebeugt ging wie ein Spürhund, musterte uns prüfend. Der graue Anzug schlotterte um seine dürre Gestalt.
»FBI«, stellte Jesse fest, als die beiden vorüber waren.
Lavonne hielt den Blick auf das Gebäude hinter uns gerichtet. »Stimmt.«
»Ich glaube nicht, dass das Zufall ist. Was …«
Sie hob die Hand. »Nicht hier. Du sitzt in der Tinte, Jesse.«
Am
Weitere Kostenlose Bücher