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Rachsucht

Titel: Rachsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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Abend hockte ich auf meiner Veranda und sah zu, wie sich der Himmel im Westen purpurrot verfärbte. Als der Abendstern erschien, fühlte ich tiefe Traurigkeit.
    Chris Ramseur war ein liebenswerter Mensch mit Ecken und Kanten gewesen. Er hatte an mich und Jesse und die Sache der Gerechtigkeit geglaubt. Wirklich gekannt hatte ich ihn allerdings nicht. Ich wusste nur, dass er in Franklin Brands Hotelzimmer gewesen und eines gewaltsamen Todes gestorben war.
    Polizei jagt Polizistenmörder. So hatte es auf allen Kanälen in den Nachrichten geheißen. Aber das war eine Verdrehung der Tatsachen. Die Jäger waren zu Gejagten geworden.
    Und Brand war auf freiem Fuß. Ich ging ins Haus und sperrte die Tür ab.
    Jesse rief an und fragte, ob er vorbeikommen könne, was für mich eine Selbstverständlichkeit war. Ich inspizierte meine verknitterte Kleidung und das fettige Haar und beschloss, dass eine Dusche angesagt war. Meinen Gettoblaster nahm ich mit ins Bad. Ich legte die Musik auf, die bei mir stets Wunder wirkte: die Ode an die Freude. Unter der Dusche lehnte ich mich mit den Armen gegen die Fliesen und lauschte mit geschlossenen Augen, während mir das Wasser über Gesicht und Körper strömte.
    Ich hörte nicht, wie sich die Badezimmertür öffnete, aber ich spürte die kalte Brise in der dampfenden Luft.
    »Jesse?«
    Parfümgeruch wehte mir in die Nase. Als ich die Augen aufriss, stand Franklin Brand mitten in meinem Badezimmer.
    Die grünen Augen mit den geweiteten schwarzen Pupillen starrten mich durch den transparenten Duschvorhang an.

    »Los Angeles Times, haben Sie zu mir gesagt.«
    Er hielt die gerahmte Urkunde mit meinem Abschluss der juristischen Fakultät in die Höhe, die sonst über meinem Schreibtisch hing.
    »Lügnerin.«
    Das Zittern fühlte sich an wie ein in Schwingung geratenes Hochseil. Es begann in den Beinen und wanderte von dort über meinen Rücken bis zu den Armen. Ich stand wie erstarrt.
    »Ich hätte es mir denken können«, sagte er. »Rechtsverdreher machen nichts als Ärger.«
    Damit pfefferte er den Rahmen in den Müll. Ich hörte das Glas splittern.
    »Ich will die Disk zurück, die Sie mir gestohlen haben.«
    Das heiße Wasser brannte, aber ich schüttelte mich nur wie ein Hund. Mehr brachte ich nicht zustande.
    »Für wen arbeiten Sie? Für den Krüppel?«, fragte er. »Was will der Kerl? Geld? Da kann er sich hinten anstellen.«
    Er hatte einen Polizisten getötet. Hatte Chris Ramseur den Schädel eingeschlagen, bevor der seine Waffe ziehen konnte. Mir klapperten die Zähne. Die Musik wurde lauter, das Orchester spielte ein Crescendo.
    Was konnte ich tun? Womit sollte ich mich verteidigen? Mit Seife? Shampoo? Oder meinem Luffaschwamm?
    »Drehen Sie das Wasser ab«, befahl er.
    Mein Rasierer. Ich hatte meinen Damenrasierer, der laut Werbung allerdings noch nicht einmal einen Kratzer hinterließ, wenn man damit an den Handgelenken sägte. Meine Chancen waren also nicht die besten.
    »Drehen Sie das Wasser ab, ich kriege keine Luft!« Er reckte den Hals und zerrte an seinem Kragen. Sein Hemd
war mit Staub bedeckt. Im geöffneten Ausschnitt entdeckte ich eine rote Strieme auf seiner Haut.
    Ich ließ das Wasser laufen und tastete nach dem Rasierer. Vielleicht zwang ihn der Dampf, draußen nach Luft zu schnappen. Wenn ich mir dann eine Glasscherbe von dem zerbrochenen Bilderrahmen schnappen konnte, hatte ich zumindest eine Waffe.
    »Raus aus der Dusche!«
    »Nein.« Meine Stimme klang brüchig wie die einer Neunzigjährigen.
    »Kommen Sie freiwillig oder soll ich Sie holen?«
    Er trat einen Schritt auf mich zu. Ich griff nach dem Rasierer, aber er rutschte mir aus der glitschigen Seifenhand und fiel auf die Fliesen. Dabei löste sich die Klinge. Mit pochendem Herzen sah ich ihr nach. Meine Beine zitterten unkontrollierbar.
    Brand war meinem Blick gefolgt. »Ganz schön dumm.«
    Er schlug mit dem Handrücken gegen den Duschvorhang. Der Diamantring an seinem kleinen Finger glitzerte. Ich schrak zusammen, und obwohl ich die Zähne zusammenbiss, entrang sich mir ein Stöhnen.
    »Her mit der Disk! Wo ist sie?«, fragte er.
    Ich konnte ihm unmöglich sagen, dass die Polizei sie hatte. Wenn er erfuhr, dass ich ihm nichts zu bieten hatte, würde er mich umbringen. Mir blieb nur eine Wahl. Ich musste irgendwie an ihm vorbei. Wenn er mich ließ.
    »Ich hole Ihnen die Disk. Treten Sie zurück. Fassen Sie mich nicht an.« Ich stellte das Wasser ab, griff durch den Spalt neben dem Vorhang nach einem

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