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Rachsucht

Titel: Rachsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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immer mulmiger zumute. »Das klingt, als wollten sie gar nicht, dass du rechtzeitig an das Geld kommst.«
    »Was bedeutet, dass sie was anderes von mir wollen. Es kann also nur schlimmer werden.«
    »Verdammt. Jesse, was hast du ihnen gesagt?«
    »Dass sie sich ihre Forderung sonst wohin stecken können.«
    Ich wartete. Das war bestimmt noch nicht alles.
    »Utley jammerte die ganze Zeit rum, weil ich ihm die Fresse poliert hatte, aber Yago war eiskalt. Er trat mir nur kräftig mit dem Absatz auf die Hand und sagte, ich würde wieder von ihnen hören. Dann ist er verschwunden.«
    Ich hörte ihn atmen und wartete.
    »Utley flennte immer weiter, weil ihm das Gesicht wehtat. Er nahm die Brille ab und fummelte an seiner Backe rum. Dann fing er an, gegen meine Einkaufstüten zu kicken. Am Ende lag das Zeug überall auf dem Asphalt verstreut. Als er gerade Leine ziehen wollte, sagte ich ihm, er hätte was vergessen.«
    »Was denn?«
    »Er drehte sich um. Da er die Brille nicht mehr aufhatte, konnte er wohl nicht viel erkennen. Auf jeden Fall kniff er die Augen zusammen und kam näher.«
    »Und?«
    »Da hab ich ihm das Ameisengift ins Gesicht gesprüht.«
     
    Er blieb die Nacht über, obwohl es ihm furchtbar peinlich war, dass ich ihm bei allem helfen musste: mit der Zahnpasta, den Socken, den Jeans. Noch nicht einmal zur Toilette
konnte er allein gehen. Er kam sich vor wie … behindert. Wirklich behindert.
    Das hatten wir natürlich alles schon einmal erlebt, ganz am Anfang. Am Tag seiner Entlassung aus der Rehaklinik waren wir essen gewesen. Er hatte mich über den Tisch hinweg fixiert.
    »So, wie kriegen wir das hin?«, hatte er gefragt.
    »Das? Ich schätze, du meinst …«
    »Sex. Uns.«
    Er wurde von der Sonne angestrahlt. Ich betrachtete seine blauen Augen, sein attraktives Gesicht, das binnen weniger Monate seine ganze Jugendlichkeit verloren hatte.
    »Fakt Nummer eins. Ich kann nicht laufen und weiß nicht, ob ich es je wieder können werde. Wenn das zu viel …«
    Ich stand auf und beugte mich über den Tisch. Es war ein irres Gefühl, ein Sprung ins kalte Wasser. Ein Teller zerschellte auf dem Boden. Ich wusste nur, dass ich ihn wollte, was auch immer geschah.
    »Gehen wir zu mir«, sagte ich.
    Dann saßen wir bei mir auf der Bettkante, und er knöpfte meine Bluse auf. »Evan, ich muss es einfach sagen. Ich habe eine unvollständige Rückenmarksverletzung. Es könnte schlimmer sein, aber ich habe trotzdem die ganze Palette zu bieten. Starke Einschränkung des Bewegungs- und Empfindungsvermögens. Spastizität der Muskeln. Probleme mit Blase und Darm. Sexuelle Dysfunktion.«
    »Aus dem Paradies sind wir wohl endgültig vertrieben worden. Aber wo stehen wir genau?« Mir zitterten die Knie.
    Er legte die Hand um meine Taille. »Das müssen wir einfach rausfinden.«
    Drei Jahre lang hatten wir um jedes Stück Normalität gekämpft.
Und jetzt sollte alles wieder von vorn anfangen? Jesse war todmüde. Also holte ich ihm Ibuprofen und einen neuen Eisbeutel und half ihm ins Bett. Aber ich selbst war völlig überdreht und kochte vor Wut. Ich ging ins Wohnzimmer, legte Matrix ein und machte mir einen Drink. Auf dem Couchtisch vor mir breitete ich die Ausdrucke der Dateien von der Minidisk aus. Ich wollte die Daten gründlich unter die Lupe nehmen.
    Es handelte sich überwiegend um Unterlagen von Mako, die Ausdrucke zeigten aber auch Auszüge von Brands FB-Enterprises-Konten. Die Disk war eine individuelle Aufstellung von Brands Transaktionen.
    Ich durchforstete die gesamte Liste der Unternehmen und Risikokapitalfonds, in die Mako investiert hatte. Bei der ersten Prüfung hatten wir uns alle auf Firedog konzentriert. Aber das war nicht die einzige Start-up-Firma, an der Mako beteiligt war. Die Liste hatte ich vor mir. Mir stockte der Atem.
    Da war es. Segue. Ein Unternehmen namens Segue hatte zweihunderttausend Dollar auf Brands Konto auf den Bahamas überwiesen und dann zusammen mit der halben Million, die angeblich an Firedog gegangen sein sollte, auf die Cayman Islands transferiert.
    Zweihunderttausend Dollar. Brand hatte von diesem Segue-Konto zweihunderttausend Dollar abgehoben.
    Nun wurde mir einiges klar. Brand war gar nicht im Biltmore gewesen, um sich die Disk zu holen. Er hatte andere Pläne gehabt, war aber von Yago überrascht worden. Die Minidisk war eine Rechnung. Eine Rechnung von Mickey Yago an Franklin Brand, für Geld, das er ihm gestohlen hatte. Brand, der Betrüger. Der superschlaue Brand, der Gelder

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