Rachsucht
und hatte zum Dank die Polizei am Hals. Kommen Sie mir bloß nicht damit.«
»Nur damit wir uns richtig verstehen: Ich soll Sie dafür bezahlen, dass Sie mir sagen, was Sie am Unfallabend beobachtet haben?«
»Ich habe in der Zeitung gelesen, dass der Fahrer gegen Kaution freigelassen wurde. Zweihundertfünfzigtausend Dollar. In der Sache ist also eine Menge Geld im Spiel. Wieso soll das alles an die Anwälte und Kautionsbürgen gehen? Für einen Augenzeugen muss schließlich auch was abfallen.« Er zog seine Hose hoch. »Machen Sie mir ein Angebot.«
»Ich höre wohl nicht recht.«
»Sie wollen es wissen, die Cops wollen es wissen, der Fahrer wird es wissen wollen.«
»Das wird der Polizei gar nicht gefallen.«
»Dann soll sie mir ein Angebot machen. Ich könnte ein richtiger guter Zeuge sein. Wenn nicht für die Anklage, dann
für die Verteidigung. Wer weiß? Ich halte mir meine Optionen offen.«
»Ich glaube, Sie verschwinden jetzt besser«, knurrte ich.
»Ich geb Ihnen eine zweite Chance, weil Sie so schnuckelig sind.«
Er bückte sich nach seinem Werkzeugkasten. Dabei geriet seine Hose ins Rutschen und enthüllte, was niemand sehen wollte. Ich hatte meine Wette gewonnen.
»Sie haben mich gehört. Raus hier!« Ich deutete zur Tür.
»Da verpassen Sie aber was!«
»Glaube ich nicht. Enthaaren Sie lieber mal Ihren Hintern.«
Um mich abzureagieren, ging ich am Nachmittag laufen. Ein makellos blauer Himmel wölbte sich über den grünen Bergen. Als ich an der alten Mission vorbeijoggte, drang Orgelmusik aus der Kirchentür, der ich nicht widerstehen konnte. Manchmal verleiht einem eine Fuge von Bach ungeahnte Kräfte.
Als ich aus der Kirche kam, wartete auf der Treppe ein Mann im grauen Anzug.
»Ms. Delaney? Dale Van Heusen, FBI.«
Seine Stimme hatte den hohen, nervtötenden Klang eines Bohrers. Der Anzug schlotterte an ihm, als hielte er sich für größer, als er war. Ich marschierte die Treppe hinunter.
Er folgte mir. »Mit Joggingklamotten in der Kirche? Hätte nicht gedacht, dass Sport und Andacht unter einen Hut zu bringen sind.«
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«, fragte ich.
Er deutete auf den spanischen Brunnen. Wir setzten uns auf den Rand.
»Ich erkläre Ihnen jetzt, wie es läuft«, begann er. »Ich stelle die Fragen, und Sie beantworten mir alles bis ins kleinste Detail. Wenn Sie das tun, erleichtern Sie uns beiden das Leben gewaltig. Wir wollen doch, dass Sie schnell wieder zu Hause sind. Sind wir uns einig?«
Von dem bemoosten Springbrunnen tröpfelte das Wasser, und zwischen den Seerosen schwammen Koi-Karpfen.
»Warum befragen Sie mich eigentlich, Mr. Van Heusen?«
»Agent Van Heusen.« Er schob seine Manschetten zurück. »Soll ich die Regeln noch mal wiederholen? Sie scheinen mir eine intelligente Frau zu sein. Ich hatte gehofft, Sie würden auf Anhieb verstehen.«
Er hatte ein unsympathisches Dachsgesicht mit bösartigen Augen. Bei mir schrillten alle Alarmglocken. Ich wusste nicht recht, ob ich das Weite suchen, ihn in den Brunnen werfen oder mich auf ein Wortgefecht mit ihm einlassen sollte.
»Seit wann kennen Sie Jesse Matthew Blackburn?«
En garde.
»Seit drei Jahren und drei Monaten. Ist das eine Frage oder wollen Sie nur Ihre Informationen überprüfen?«
»Wie gut kennen Sie ihn?«
»Soll das ein Witz sein?«
»Was?«
»Sie wissen doch bestimmt, dass wir verlobt sind.«
»Für einen Mann seines Alters hat er viel Geld.«
Darauf antwortete ich nicht.
»Interessieren Sie sich nicht dafür?«
Fast hätte ich gelacht. »Jesses Geld steckt in seinem Haus und in Investmentfonds. Und in seiner Invalidenrente.«
»Verstehe. Hat er Sie angewiesen, nicht mit mir zu sprechen?«
»Nein.«
Er beugte sich vor und verschränkte die Hände zwischen den Knien. »Ich werde nämlich das Gefühl nicht los, dass Sie ihn zu schützen versuchen.«
»Da haben Sie recht. Wenn Sie mir verraten würden, warum Sie mich über ihn ausfragen, würde ich mir vielleicht weniger Sorgen machen.«
»Wer nichts zu verbergen hat, braucht sich vor dem FBI nicht zu fürchten.«
»Ach, hören Sie doch auf!«
Er bürstete ein paar Fusseln von seiner Hose und zog die Bügelfalte in Form. »Ich bin davon überzeugt, dass Mr. Blackburn Ihnen eingeschärft hat, Sie sollen sich nicht verplappern und immer daran denken, auf wessen Seite Sie stehen. Aber überlegen Sie mal, ob Sie wirklich für ihn den Kopf hinhalten wollen.«
»Das ist doch absurd.«
»Wissen Sie, in welcher
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