Rachsucht
das.«
Harley war Rechtsberaterin von Mako Technologies und hatte sich von Anfang an bemüht, mich und Jesse von der Firma fernzuhalten. Sie wusste, was lief.
Ich presste die Finger gegen die Schläfen. »Sie wird sich auf ihre Schweigepflicht als Anwältin berufen.« Ich spürte einen stechenden Schmerz. »Das soll übrigens nicht heißen, dass du sie zum Reden bringen sollst.«
»Jetzt beruhig dich mal wieder. Ich hatte nicht vor, sie zu foltern, Evan.«
Ich war immer noch wacklig auf den Beinen und fröstelte. »Glaubst du, Harley hat mir das Zeug ins Glas getan?«
»Höchstwahrscheinlich. Auf jeden Fall war sie in der Nähe. Das gilt allerdings auch für die anderen. Und woher hattest du die letzte Flasche? Aus der Küche? War sie schon offen?«
»Ja.«
»Hast du dein Glas irgendwann in der Küche stehen lassen?«
»Ja. Jeder hätte sich durch die Hintertür reinschleichen können, während wir mit der Dessous-Show beschäftigt waren.« Ich rieb mir die Schläfen. »Aber warum sollte mich jemand außer Gefecht setzen wollen?«
»Um dir was anzutun oder um bei dir zu Hause freie Bahn zu haben.«
»Aber Harley hat mir nichts getan.«
»Ist denn zu Hause alles in Ordnung?«
Ich hatte keine Ahnung. Als ich mein Handy aus der Handtasche kramte, entdeckte ich drei Anrufe, alle von Jesse. Ich rief zurück, erreichte aber nur seinen Anrufbeantworter.
»Wenn Harley hinter der Sache stecken würde, hätte sie wohl kaum zugelassen, dass wir zu dritt fahren«, gab ich zu bedenken.
»Klingt einleuchtend.«
Ich trank noch mehr Kaffee und beschloss, dass ich keinen Nerv hatte, um den heißen Brei herumzureden. »Jax, ich glaube, du spielst mit mir. Ich weiß nicht, warum, aber Tim und du, ihr zieht irgendeine perverse Show ab. Dieser Ghostwriter-Auftrag ist auf jeden Fall nur ein Vorwand. Und deine Hilfsbereitschaft ist auch nur Fassade. Außerdem glaube ich nach wie vor, dass du mir die Drogen ins Glas gekippt hast.« Ich stellte meinen Kaffeebecher ab. »Ich verschwinde.«
Ich wandte mich zum Gehen. Leider hatte ich immer noch keine saubere Hose.
»Schau in dem Sack nach«, riet Jax. »Das ist eine Geschenktüte von deiner Brautparty.«
Der »Sack« war eine große Einkaufstüte mit dem magentafarbenen Dazzling-Delicates- Logo. Ich wühlte mich durch rosa Seidenpapier, bis ich auf Countess-Zara-Dessous aus einem undefinierbaren, silbrig glänzenden Material stieß. Ich
marschierte damit ins Bad, zog mein Kleid an und darüber das unsägliche T-Shirt mit der Innenseite nach außen, um den Fleck zu verdecken. Die Dazzling Delicates kratzten wie der Teufel. Dann trat ich ins Zimmer zurück und griff nach meiner Handtasche. Mal sehen, ob Jax mich wirklich gehen lassen würde.
Sie lehnte am Fenster. »Setz dich einen Augenblick hin.«
»Hab ich’s mir doch gedacht.«
Ich marschierte zur Tür. Hatte sie abgeschlossen? Oder wartete Tim North draußen im Gang? Ich legte die Hand auf den Türknopf.
»Ich weiß, warum das FBI hinter Jesse her ist.« Gegen die grelle Sonne konnte ich nur ihre Silhouette ausmachen. »Das hat alles mit Mako zu tun.«
Ich setzte mich hin.
Jax reichte mir einen Bagel und einen Orangensaft. »Du musst schleunigst wieder fit werden. Die Lage spitzt sich zu. Es ist wichtig, dass du geistig und körperlich voll auf der Höhe bist.«
Ich griff zu.
»Cherry Lopez hat enge und höchst zwielichtige Verbindungen zu Mako Technologies.«
»Und da kommt das FBI ins Spiel?«
»Hör mir einfach zu. Du hast keine Ahnung, in was du da reingeraten bist.«
Sie schritt vor dem Fenster auf und ab. »Zunächst einmal zum Hintergrund. Lopez arbeitet mit Mickey Yago und Win Utley. Die sind dir ja bekannt.«
»I-Heist.«
»Diese Leute haben sich auf Diebstahl und Erpressung
im Internet spezialisiert. Makos Aufgabe wäre es eigentlich, so was zu verhindern, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Yago war ursprünglich Kokaindealer und hat sich so Zugang zu Mako verschafft.«
»Er hat die Firma mit Koks beliefert?«
»Er war Kenny Rudenskis Dealer.«
Mein Puls beschleunigte sich. Das war gar nicht gut für meine Kopfschmerzen. Ich trank mehr Kaffee.
»Es handelte sich um eine ganz gewöhnliche Geschäftsbeziehung, bis Kenny in seinem Geschäftsbereich schwere Fehler unterliefen und er die Gehälter nicht mehr zahlen konnte. Daraufhin einigte er sich mit Yago. Er kaufte zum Sonderpreis große Mengen Koks und verkaufte es weiter. Mit dem Gewinn bezahlte er seine Mitarbeiter in der Firma.«
»Das
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