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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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sein?«
    »Was hätten Sie denn auf eine so dämliche Frage geantwortet?« Suchend sah sie sich um. »Irgendwo hier in der Nähe ist ein China-Restaurant. Mögen Sie chinesische Küche?«
    »Sogar leidenschaftlich gern.«
    »Ich auch. Man kann beim besten Willen nicht feststellen, ob das, was man bestellt, dick macht oder nicht. Gehen wir also ins Hongkong Inn!«
    Von Haifischflossensuppe bis zu Lichi-Früchten aßen wir uns durch sehr farbenfreudige Gerichte, ließen uns anschließend wieder durch kundenrührende Kaufhausdrehtüren schleusen, verzichteten in edler Selbstbescheidenheit auf den Kauf verführerischer Negliges oder atemberaubender Cocktailkleider und erstanden Praktisches für die Familie. »Der Pullover hier ist genau das richtige für Schätzchen!« Prüfend hielt Frau Heinze etwas Grobgestricktes in dunkler Wolle hoch. »Den kann er anziehen, wenn die Gartenarbeit wieder losgeht. Im vorigen Jahr hat er anderthalb Wochen lang wie ein Wilder geackert, und für den Rest des Jahres hatte er es dann im Kreuz!«
    Für Sven und Sascha fand ich auch zwei hübsche Pullover, und nachdem wir für Hendrik noch ein weißes Oberhemd gekauft hatten (»Anziehen wird er es ja doch nicht!« hatte Frau Heinze beim Bezahlen orakelt.), trotteten wir langsam ins Parkhaus.
    »Zurück fahren wir aber über die Dörfer. Jetzt ist die Autobahn zu voll«, bestimmte meine Chauffeuse, fädelte sich in den Verkehr ein, bog plötzlich ab und landete verkehrtherum in einer Einbahnstraße. Sofort tauchte ein Polizist auf, zückte seinen Kugelschreiber und füllte den Strafzettel aus – im Rheinland übrigens ›Knöllchen‹ genannt. Er ließ sich weder durch Frau Heinzes wortreiche Entschuldigungen erweichen noch durch meinen Hinweis, daß wir Ortsfremde seien. »Einbahnstraßen gibt es überall, und die Schilder gelten auch für Analphabeten. Ich habe aber das Datum vom Montag geschrieben, damit ich Ihnen nicht das Wochenende verderbe.« Freundlich lächelnd reichte er das Knöllchen in den Wagen, tippte an seine Mütze und bezog wieder Posten hinter der Litfaßsäule.
    »Wer behauptet eigentlich, daß es Raubritter nur im Mittelalter gegeben hat?« Frau Heinze stopfte die Zahlkarte ins Handschuhfach, steuerte in die nächste Seitenstraße und schlich im Schneckentempo vorwärts.
    »Treten Sie doch mal ein bißchen aufs Gas!« empfahl ich. »Wenn Sie nicht schneller fahren, kriegen wir noch ein Strafmandat – diesmal aber für falsches Parken.«
    Endlich hatten wir die Ausfallstraße erreicht und quälten uns mühsam voran. Der Wochenendverkehr hatte eingesetzt.
    »Der Unterschied ist der«, stellte ich mit einem Blick auf die Blechlawine fest: »Wenn Lemminge runter zum Meer drängen, kommen sie nicht zurück!«
    »Gibt es denn hier keine Abkürzung?«
    »Doch, aber die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist gewöhnlich wegen Bauarbeiten gesperrt.«
    Das war sie dann auch. Sogar die Umleitung war umgeleitet worden, und so kamen wir erst bei Einbruch der Dämmerung wieder nach Hause, wo wir unsere Ehemänner in heller Verzweiflung antrafen. Triumphierend flüsterte Frau Heinze: »Eine Stunde früher, und wir hätten nichts als Vorwürfe bekommen. Jetzt sind sie aus dem Wo-um-alles-hast-du-denn-gesteckt?-Stadium heraus und mitten drin im Gott-sei-Dank-daß-du-da-bist-Zustand. Das müssen wir öfter mal machen!«
    Rolf verbot mir zwar nicht direkt den weiteren Umgang mit Frau Heinze, beschwor mich aber, künftige Ausflüge in die Zivilisation nur noch mit ihm zusammen oder allenfalls allein zu unternehmen. So viel Angst wie heute hatte er angeblich nicht mal an seinem Hochzeitstag ausgestanden, als er mit erheblicher Verspätung auf dem Standesamt erschienen war und die ganze Zeit über befürchten mußte, ich könnte mir die Sache inzwischen überlegt und die Flucht ergriffen haben.

Vierzehntes Kapitel
    Beinahe über Nacht war wieder der Augenblick gekommen, der einem noch gestern lange Zeit gelassen hatte, Gefrierschutzmittel in den Kühler zu tun. Die ersten Flocken fielen, und ich stellte erneut fest, daß der Grad der Freude, die einem der Anblick frisch gefallenen Schnees bereitet, sich umgekehrt proportional zum Lebensalter verhält. Die Kinder waren selig und tobten in jeder freien Minute draußen herum. Auf den Heizkörpern zischten nasse Handschuhe und durchgeweichte Skihosen. Lediglich im Garten gefiel mir der Schnee. Unser Rasen sah endlich genauso schön aus wie der von Vogts.
    Statt auf der Terrasse trafen

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